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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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schrecklich profaner Name. Aber er musste versuchen, mehr über dieses rätselhafte Wesen zu erfahren. Meinhard würde ihm dabei sicher behilflich sein.
    Der war hingerissen von Christine Stumm, und auch sie schien sehr angetan von ihrem neuen Verehrer. Sie hatte ihm verraten, dass sie bei schönem Wetter sonntagnachmittags immer mit ihren Freundinnen im Lustgarten, einem Teil des Stadtschlosses, spazieren ging, wo sie dann zum Abschluss im kleinen Pavillon ihren Tee nahmen.
    »Was meinst du, ist dieses Fräulein Trautschke …«, Ellart machte ein Gesicht, als hätte er auf eine Zitrone gebissen, »wirklich ein schrecklicher Name, wie kann man nur so heißen? Aber meinst du, sie wird auch dabei sein?«
    Meinhard zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Aber komm doch einfach mit, dann weißt du es.« Am folgenden Sonntag, es war ein warmer Spätsommertag, flanierten Meinhard und Ellart, wieder in Uniform, über die Kieswege des Lustgartens. Es herrschte ein reges Treiben. Reiter, zahllose Spaziergänger, alle im Sonntagsstaat, die Damen mit ausladenden Hüten und zierlichen Sonnenschirmen und herumtobende Kinder jeden Alters schienen einen der letzten warmen Tage dieses Jahres genießen zu wollen. Hin und wieder begegneten ihnen Offiziere, die man je nach Dienstgrad zu grüßen hatte.
    »Mach mir einfach alles nach«, hatte Meinhard Ellart geraten. »Man hat mir eingeschärft, bei falscher Front, also wenn man falsch grüßt, gibt es eine Rüge, und das sollten wir tunlichst vermeiden.« Einmal glaubten sie, auf einer der am Wegesrand aufgestellten Bänke die jungen Damen entdeckt zu haben. Aber von Nahem erkannten sie den Irrtum, zogen höflich ihre Tschakos und betraten schließlich den Pavillon. Und tatsächlich, da waren sie: Lizzy und Ilse von Heydt, Christine Stumm und Amalie. Ellarts Herz begann laut zu pochen. Sie saß mit dem Rücken zu ihnen, aber er erkannte sie sofort an dem zarten langen Hals und den roten Locken, die unter ihrem Hut hervorquollen. »Ich muss diese Frau haben!«, schoss es ihm durch den Kopf. »Koste es, was es wolle.«
    Lizzy entdeckte die beiden zuerst. Eifrig winkend forderte sie die jungen Männer auf, sich zu ihnen zu setzen. Meinhard flirtete heftig mit Christine, und Ellart versuchte sein Glück bei Amalie. Die aber zeigte sich nicht interessiert, war einsilbig und versteckte sich hinter ihrem kostbaren Fächer.
    Nach einer Stunde sah Meinhard auf seine Taschenuhr. »Wir müssen uns leider verabschieden. Einer der Offiziere hat Geburtstag und hat uns zu einem Umtrunk eingeladen. Zu spät kommen wird schwer geahndet!«
    »Wir empfangen immer samstags«, sagte Christine noch schnell, als er sich bereits mit einem Handkuss verabschiedete.
    »Ach, was für ein ungewöhnlicher Tag.« Meinhard sah sie erstaunt an.
    »Das liegt daran, dass zwei meiner Brüder beim Militär sind und einer studiert«, erklärte Christine. »Meine Eltern haben gern junge Leute um sich, und so geht es eben nur am Wochenende. Also wenn Sie Lust haben, kommen Sie und Ellart doch einmal vorbei.«
    »Meinhard, wir müssen …« Ellart war schon vorausgegangen, und Meinhard fügte noch eilig hinzu: »Danke für die Einladung, wir nehmen gern an. Bis bald, meine Damen.«
    Sie fanden eine Droschke, die sie zum Bahnhof brachte. Ellart war die ganze Fahrt über ungewöhnlich schweigsam.
    »Was ist los mit dir, alter Knabe?«, fragte Meinhard, »ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?«
    »Nein … Nur diese Amalie, sie war so merkwürdig heute, fandest du nicht?«
    »Du bist gut! Nur weil sie dir nicht sofort verfällt wie alle anderen weiblichen Wesen, findest du sie merkwürdig. Vielleicht gehört sie zu den wenigen, die dir widerstehen können. So etwas soll es ja geben … Vielleicht ist es ja besser für sie. Du hältst es ja sowieso bei keiner lange aus.«
    Ellart schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Kannst du herausfinden, woher sie kommt, ich meine, aus was für einer Familie? Sie muss vermögend sein, ohne Zweifel. Kleider und Schmuck, all das scheint mir, soweit ich das beurteilen kann, sehr kostbar.«
    »Bist du etwa auf der Suche nach einer guten Partie?«, frotzelte Meinhard.
    »Ach Quatsch! Mich interessiert dieses Mädchen einfach.«
    »Na gut, ich werde Christine bei Gelegenheit über sie ausfragen.«
    Bereits am nächsten Samstag besuchten sie den Empfang der Stumms. Zu Ellarts Enttäuschung konnte er Amalie nirgends entdecken.
    »Suchen Sie Amalie?«, fragte Lizzy, die bemerkte, dass er unruhig

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