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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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rotes Samtkleid heraus. »Das ziehst du jetzt an«, sagte sie energisch. »Das Leben geht weiter, so schrecklich das auch für dich klingen mag. Sieh mich an. Ich war viel älter als du, als ich ein neues Glück gefunden habe. Warum soll dir das nicht auch beschieden sein?« Sie musste über sich selbst lachen. »Nun, vielleicht nicht gerade heute Abend. Aber mit der Kleidung können wir ja schon mal anfangen.«
    Aglaia zögerte, doch Elvira gab der Zofe ein Zeichen, und schon waren die Haken des schwarzen Kleides gelöst, und Aglaia schlüpfte widerspruchslos in das rote Samtkleid, während Elvira in der ledernen Schmuckschatulle nach den passenden Juwelen suchte. »Hier, das ist genau das Richtige.« In der Hand hielt sie mit Brillanten eingefasste Rubinohrringe und das passende Collier. Aglaia stiegen Tränen in die Augen. »Das hat mir Eberhard zu Ellarts Geburt geschenkt … Ach Tante Elvira, niemals werde ich über seinen Tod hinwegkommen.«
    »Du sollst ihn ja auch nicht vergessen, Liebes«, sagte Elvira tröstend, »aber langsam musst du wieder Freude am Leben bekommen.« Stolz betrachtete sie ihre Schwiegertochter, die sie so sehr liebte. »Wunderschön siehst du aus. Komm, jetzt überraschen wir mal unsere Männer.«
    Und die Überraschung gelang. »Aglaia, du siehst wunderbar aus!« Mit ausgestreckten Armen ging Jesko ihr entgegen und küsste ihre beiden Hände. »Seht bloß, Jungchens, was ihr für eine schöne Mutter habt«, rief er. Dankbar sah er seine Frau an. Er wusste, dass das ihr Werk war. Niemals hätte Aglaia von allein die Trauerkleidung abgelegt. Schon seit längerem hatte Elvira zu ihm gesagt: »Wir sollten einen neuen Mann für sie suchen, Jesko. Findest du nicht auch?«
    Der hatte sie skeptisch angesehen. »Bin ganz deiner Meinung, mein Schatz. Aber wie soll das denn gehen?«
    »Ach, das Schicksal geht manchmal seltsame Wege«, hatte sie gesagt und dabei geheimnisvoll gelächelt.
    Hannes servierte eisgekühlten Champagner. »Zum Wohl, Mamachen.« Stolz prostete Alexander seiner schönen Mutter zu, und Ellart sagte: »Großvater hat Recht, Mama, du siehst wirklich umwerfend aus.«
    Ferdinand setzte gerade zu einem Kompliment an, als er aufhorchte. »Täuschen mich meine Ohren, oder höre ich da einen Schlitten. Erwarten wir noch jemanden?« Jesko sah Elvira fragend an. Sie schüttelte den Kopf, als Hannes in der Tür erschien. Aufgeregt stotterte er: »Lord Ashleighton … also, der Herr von Mühlau, sind soeben eingetroffen.«
    »Ja Clemens, mein Junge, wo kommst du denn plötzlich her?«, rief Jesko und zog ihn an seine Brust.
    Elvira küsste ihn auf beide Wangen. »Ach Jungchen, es ist wirklich schön, dich zu sehen.«
    Aglaia hatte sich im Hintergrund gehalten, trat aber jetzt dazu und streckte ihm beide Hände entgegen. »Clemens, mein lieber alter Freund. Wie lange ist es her, dass wir uns gesehen haben?«
    »Achtzehn Jahre«, sagte er laut und beugte sich über ihre Hand, und dann leise, nur für ihre Ohren bestimmt, »achtzehn Jahre voller Sehnsucht.«
    Aglaia überspielte ihre Verlegenheit, indem sie Alexanders Hand ergriff und sagte: »Das ist nun dein Patenonkel, mein Junge. Du warst noch kein Jahr alt, als er nach England ging.« Die beiden Männer schüttelten sich die Hand.
    »Und das ist Ellart. Du erinnerst dich sicher, seine Geburt hast du ja gerade noch miterlebt.«
    »Was für wunderbare Jungen du hast, Aglaia. Ich kann dir nur gratulieren.«
    Während der Begrüßung hatte Elvira Hannes einen Wink gegeben. »Lass das blaue Zimmer heizen«, trug sie ihm leise auf, »und es muss noch ein Gedeck aufgelegt werden.«
    »Is schon gjeschehen, Frau Gjräfin. Minchen weiß och schon, dass es wohl noch en bisschen dauert mit em Essen.«
    »Danke Hannes, auf dich ist wirklich Verlass.«
    Stolz und mit durchgedrücktem Kreuz fragte der Diener nun laut: »Darf ich den Herrschaften noch nachgjießen?«
    »Wenn ihr erlaubt, werde ich schnell meine Kleidung wechseln«, entschuldigte sich Clemens, nachdem er mit allen angestoßen hatte. »Es wird nicht lange dauern.«
    In der kurzen Zeit, die sie im Salon allein waren, redeten alle durcheinander. »So eine freudige Überraschung!« Jesko konnte sich gar nicht beruhigen, und Ellart sagte zu seinem Bruder: »Fraglos ein Mann von Welt, dein Patenonkel. So was sieht man hier in der Provinz nicht oft.«
    »Was einen Mann von Welt ausmacht, da scheinst du dich ja gut auszukennen.« Alexander blickte Ellart spöttisch an. »Ich gebe zu, er sieht

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