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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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konnte.
    ›Hoffentlich fragt sie jetzt nicht nach Tanya‹, dachte Elvira, ›dann läuft das Ganze noch völlig aus dem Ruder. Aber wahrscheinlich weiß Louise längst Bescheid. Klatsch verbreitete sich im Landkreis ja immer in Windeseile.‹ Vorsichtshalter sagte sie: »Was hältst du davon, Wilhelmine, wenn ich euch bei den Vorbreitungen ein wenig zur Hand gehe? Es würde mir Freude machen.«
    »Glaubst du allen Ernstes, meine Schwester überarbeitet sich?« Louise schüttelte ungläubig den Kopf.
    Ohne darauf einzugehen, sagte Wilhelmine begeistert: »Das wäre wunderbar, Elvira. Aglaia würde sich sicher darüber freuen.«
    »Wo ist sie eigentlich? Ich soll sie von Jesko und natürlich besonders von Eberhard grüßen«, sagte nun Elvira.
    »Sie bespricht mal wieder was ganz schrecklich Wichtiges mit der Hübner.« Wilhelmine rollte die Augen. »Aber ich denke, sie wird gleich hier sein.«
    Kurz darauf stürmte Aglaia ins Zimmer. »Tante Louise und Tante Elvira, wie schön, euch zu sehen.« Sie umarmte ihre beiden Tanten, dann begrüßte sie die Kommerzienrätin mit einem Handkuss. Sie ließ sich in einen Sessel plumpsen. »Ach, es ist ja alles so aufregend!«, strahlte sie. »Du kommst doch zu meiner Hochzeit, Tante Louise?«
    »Nein, mein Kind. Deshalb bin ich hier. Ich reise nächste Woche für ein paar Monate nach Malta.«
    »Nach Malta?«, unterbrach Wilhelmine. »Wo ist das überhaupt, und was willst du denn da?«
    Louise schlug die Augen gen Himmel. »Ach Schwesterherz, mein Horizont hört nicht in Ostpreußen auf. Das solltest du eigentlich wissen. Seit dem Tod von Hannes bereise ich die Welt.«
    »Du warst ja schon immer ein bisschen verrückt«, gab Wilhelmine zurück, »aber nun bist du wohl völlig von Sinnen.«
    »Wie du meinst.« Louise war unbeeindruckt und wandte sich an ihre Nichte, die sie enttäuscht ansah.
    »Wie schade, Tante Louise«, sagte Aglaia traurig. »Kannst du diese Reise denn nicht verschieben?«
    »Das geht leider nicht, mein Herz. Alles ist schon seit Monaten gebucht. Ich kann das unmöglich absagen.« Sie reichte Aglaia ein in goldenes Papier verpacktes Etui. »Ich bin heute hier, um dir persönlich dein Hochzeitsgeschenk zu bringen.« Sie nahm ihre Nichte in den Arm. »Ich wünsche dir alles Glück dieser Welt, mein liebes Kind. Und wenn ich zurück bin, besuche ich dich auf Birkenau.«
    »Versprochen, Tante Louise?«
    »Ganz fest! Und nun lebt wohl, alle miteinander. Ich möchte meinen Zug nach Königsberg nicht verpassen … Bemüh dich nicht, Wilhelmine.« Sie drückte ihre Schwester in ihren Sessel zurück, aus dem sie sich gerade hochwuchten wollte, winkte noch einmal fröhlich und wirbelte aus dem Zimmer. Bevor Wilhelmine dazu kam, ihrem Ärger Luft zu machen, sagte Aglaia: »Ich finde sie einfach wunderbar, meine Tante Louise. Was sagst du, Tante Elvira?«
    »Ich habe sie schon immer gemocht. Sie ist wirklich eine außergewöhnliche Person. Vielleicht wirklich ein bisschen verrückt, aber gerade das gefällt mir.«
    »Du hast doch auch einen Knall, Elvira«, sagte Wilhelmine jetzt aufgebracht. »Frau Heller, wollen wir nicht ein paar Schritte gehen? Ich brauche dringend frische Luft.« Ohne ein weiteres Wort verließen die beiden den Salon.
    Elvira kam jetzt immer öfter von Birkenau herüber, um bei den Hochzeitsvorbereitungen behilflich zu sein, und wurde mehr und mehr zu Aglaias Vertrauter. »Ach, ich kann es mir gar nicht vorstellen, verheiratet zu sein und Wallerstein zu verlassen«, sagte Aglaia einmal.
    »Nun«, meinte Elvira lächelnd, »so weit entfernt ist es ja nicht von Birkenau. Nicht einmal eine halbe Stunde mit der Kutsche, und so wild wie du reitest, bist du in der Hälfte der Zeit hier.«
    »Na ja, ich hab auch ein bisschen Angst, ob ich all den Anforderungen gewachsen bin, die da auf mich zukommen. Das riesige Schloss … es ist ja alles noch viel größer als hier auf Wallerstein Und der Haushalt! Ich habe darin doch überhaupt keine Erfahrung. Hoffentlich enttäusche ich Eberhard nicht.« Sie lächelte unsicher. »Mir ist ganz bange.«
    Elvira konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Da mach dir man wirklich keinen Kopf. Der Haushalt dort läuft quasi wie von selbst. Seit dem Tod von Jeskos erster Frau haben die Hausdame, Frau Keller, und der Haushofmeister Jabusch die Zügel in der Hand.« Sie schmunzelte. »Anstandshalber fragen sie mich hin und wieder etwas, und dann machen sie doch wieder ihren Stiefel. Und solange alles wie am Schnürchen läuft,

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