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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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abgestaubt und alle vorhandenen Kamine angeheizt. Die Vorbereitungen für die Saujagd liefen auf Hochtouren, und auch in der Küche herrschte Hochbetrieb. Die Mamsell trieb mit lauter Stimme die Küchenmädchen zur Eile an, und wenn mal wieder eine Pastete oder Sülze nicht so geworden war, wie sie es sich vorgestellt hatte, hörte man bis in den grünen Salon ihr entsetztes »Erbarrrmung!«. Ungefähr vierzig Gäste wurden erwartet, ganz genau wusste man das nie. Die meisten würden übernachten, und wenn ihnen danach war, auch einige Tage länger bleiben. Das war so üblich in Ostpreußen, und kein Gastgeber käme auf die Idee zu fragen, wie lange man denn zu bleiben gedenke. Wilhelmine war in ihrem Element. Sie kommandierte die Stubenmädchen herum, ließ wegen jeder Kleinigkeit die Hausdame kommen und ermahnte mehrmals Kurt, den ersten Diener, darauf zu achten, dass die Livree der Lakaien jederzeit ausgebürstet, die Handschuhe makellos weiß und die Schuhe blank geputzt seien. Gerda, ihre Zofe, wurde angewiesen, ihr neues Abendkleid etwas auszulassen. Nach der unverschämten Bemerkung Elviras über ihr Gewicht hatte Wilhelmine es vorsichtshalber noch einmal anprobiert, und tatsächlich war es etwas zu eng.
    »Es muss irgendwie eingegangen sein«, stellte sie ärgerlich fest. »Es ist mir schleierhaft, wie so etwas passieren kann.« Gerda machte dazu ein ausdrucksloses Gesicht. Später in der Küche sagte sie zu der Mamsell: »Die Gjnädige wird man immer dicker. Allet, aber och allet is ihr zu eng.«
    Tanya war überglücklich. Nach tagelangem bangem Warten war endlich ein Brief von Egbert angekommen. »Er schreibt, dass er mich liebt«, sagte sie strahlend zu Aglaia, »und er kann es kaum erwarten, mich zu sehen. Ich soll ihn sooft es geht auf meiner Tanzkarte eintragen.« Sie seufzte tief. »Er kommt nur morgen zur Soiree, leider kann er nicht zur Saujagd bleiben.« Sie drückte den Brief wie einen Schatz an ihre Brust. »Ich bin ja so froh, Aglaia. Ich kann ihn sehen, auch wenn es nur für ein paar Stunden ist.«
    »Siehst du, ich hab dir doch gesagt, es wird alles gut.« Aglaia streichelte die Hand ihrer Cousine. »Ich bin ja so froh, dich wieder glücklich zu sehen.«
    Endlich war der Abend der Soiree gekommen. Hunderte von Kerzen tauchten die große Halle in ein warmes Licht, und der Hausherr begrüßte die ersten Gäste. Wo blieb denn bloß Wilhelmine? Schon mehrere Male hatte er verstohlen auf seine goldene Taschenuhr gesehen. Bereits zehn Minuten nach sieben! Was war nur in sie gefahren? Sie wusste doch, wie sehr er Unpünktlichkeit hasste.
    Währenddessen versuchten die Zofe und ein zu Hilfe gerufenes Stubenmädchen verzweifelt, Wilhelmine in ihr Korsett zu zwängen. »Können gjnädigste Gjräfin nich noch en bisschen mehr Luft einhalten«, rief Gerda verzweifelt. »Es fehlt ja man nur noch gjanz wenig.«
    Wilhelmines Gesicht war hochrot angelaufen, und Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. »Nun macht schon«, japste sie, »ich muss runter, ich bin schon viel zu spät!« Endlich war der letzte Haken am Korsett zu und das dunkelgrüne Samtkleid unter größter Mühe geschlossen. »Du solltest es doch weitermachen, Gerda!«, schnaubte Wilhelmine. »Hast du es vergessen?«
    »Nu ne nich!« Die Zofe war leicht pikiert. »Ich hab man alles rausgjelassen, nu is nüscht nich mehr drin in den Nähten.«
    Als hätte sie das nicht gehört, rief Wilhelmine aufgebracht: »Gib mir meine Puderdose … wo ist denn bloß mein Fächer, und die Smaragde, mein Lorgnon … schnell!« Endlich war sie fertig und betrat, sich unaufhörlich Luft zufächelnd, die bereits halbgefüllte Halle.
    Ihr Mann begrüßte gerade Jesko von Kaulitz und seinen Sohn Eberhard. »Mein lieber Kaulitz, was für eine Freude, dich zu sehen«, und zu Eberhard: »Donnerwetter, mein Junge, was bist du für ein stattlicher Kerl geworden.« Wilhelmine trat zu ihnen. »Ah, da bist du ja, meine Liebe. Sieh nur, wer gerade gekommen ist.« Sein Blick strafte seine freundlichen Worte Lügen. Die beiden Herren begrüßten sie mit einem Handkuss, man tauschte Freundlichkeiten aus, und dann mischten sie sich unter die anderen Gäste.
    Auch Aglaia und Tanya waren endlich mit ihrer Toilette fertig. Sie waren etwas spät, weil Tanya sich nicht entscheiden konnte, was sie anziehen sollte. Schließlich hatte sie ein altrosa schillerndes Taftkleid gewählt und die Taille so eng geschnürt, dass man sie mit zwei Händen umfassen konnte. Der tiefe Ausschnitt ging

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