Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McKinley
Vom Netzwerk:
kamen auf den Anleger, doch Clarice war, als bewegten sich die Pflastersteine unter ihren Füßen, und sie klammerte sich noch fester an Algernons Arm.
    »Ich sehe den Gouverneur nicht«, murrte er verärgert, befreite sich aus ihrem Griff und zupfte an seinen Jackenaufschlägen. »Auch ein Empfangskomitee ist nirgendwo zu sehen.«
    »Nein, nur ich, Algie. Der Gouverneur sitzt in einer Debatte über Bewässerung fest und lässt sich entschuldigen.«
    Clarice wäre beinahe in Ohnmacht gefallen. Vor ihnen stand Lionel Bartholomew, prächtig anzusehen in seiner Militäruniform, mit dem hellen Haar, dem herrlichen, auf Hochglanz gebürsteten Schnurrbart und den blauen Augen, die spöttisch blitzten. Er hatte sich in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert und war noch immer der charismatische, gut aussehende Lionel, der ihr Herz höherschlagen ließ und ihre Gefühle in Wallung brachte.
    »General Bartholomew.« Algernon deutete eine steife Verbeugung an und machte aus seiner Abneigung keinen Hehl. »Ich finde es befremdlich, dass der Gouverneur nicht ein paarMinuten erübrigen konnte, um mich nach einer so langen Reise willkommen zu heißen.«
    »Er ist ein vielbeschäftigter Mann«, erwiderte Lionel ohne das geringste Bedauern.
    Clarice’ Herz raste, als er ihre Hand ergriff und ihr in die Augen schaute. »Willkommen in Australien, Clarice«, sagte er leise.
    Als er ihre Hand küsste, atmete sie seinen Geruch ein, der ihr noch gut in Erinnerung war, und zitterte. »Danke«, flüsterte sie.
    »Wir sollten uns auf den Weg machen«, sagte Algernon. »Bringen Sie uns zu unserer Unterkunft, Bartholomew, und sorgen Sie dafür, dass unsere Truhen geliefert werden, bevor es dunkel wird.«
    Lionels Lächeln ließ nicht nach, doch seine Augen verloren ihre Gutmütigkeit. »Mein Diener wird sich um Ihr Gepäck kümmern«, erwiderte er, »und da Ihre Unterkunft noch nicht ganz fertig ist, habe ich es so eingerichtet, dass Sie bei mir wohnen.«
    Algernons Protest wurde unterbunden. »Wir stehen nun schon lange genug in der Sonne, Algie. Clarice sieht gar nicht gut aus.« Lionel klemmte ihre Hand unter seinen Arm und führte Clarice zu seiner Kutsche.
    Sie spürte Wärme und Kraft unter dem Stoff seines Ärmels und hatte Schwierigkeiten, in seiner Nähe zu atmen. »Danke, Lionel«, brachte sie hervor, als sie den willkommenen Schatten der Bäume erreichten und sie zögernd ihre Hand wegnahm. »Ich finde die Hitze tatsächlich unerträglich.«
    Sein Blick fuhr über den drapierten Rock mit seiner weichen Turnüre, den vielen Unterröcken und dem eng geschnürten Mieder. »Mich wundert, dass deine Schwester dich nicht gewarnt hat, dich angemessener zu kleiden«, sagte er mit besorgter Miene.
    Clarice errötete und warf einen kurzen Blick auf Algernon, der noch immer finster dreinschaute. »Ich habe nicht gewagt, ihrem Rat zu folgen«, murmelte sie. »Algernon würde es nicht gutheißen.«
    Lionels Schnurrbart zuckte, und er kniff seine blauen Augen zusammen. »Wenn er nicht will, dass seine Frau alle fünf Minuten in Ohnmacht fällt, wird ihm nichts anderes übrig bleiben.« Er half ihr in die Kutsche, richtete den gefransten Baldachin und nahm eine Flasche aus einem Korb, der unter dem Sitz abgestellt war. »Selbst gemachte Limonade«, sagte er und bot ihr ein Glas an. »Die verjagt vielleicht die Hitze, bis wir nach Hause kommen.«
    Clarice errötete noch mehr, als ihre Blicke sich trafen, bevor er ging. Sie schlürfte die Limonade, und ihr Herz klopfte so laut, dass sie sich fragte, ob Algernon es wohl hörte. Die tot geglaubte Leidenschaft war durch Lionels Freundlichkeit wieder aufgelebt, durch sein Lächeln und die Berührung seiner Lippen auf ihrer Hand – aber es war eine gefährliche, beängstigende Leidenschaft, die niemals erwidert oder zugelassen werden durfte –, denn schon allein der Gedanke daran war ein Verrat an ihrer Schwester – seiner Frau.
    Clarice schlug die Augen auf, fest entschlossen, die Erinnerungen auszublenden. Sie bedauerte, dass sie ihre tiefe Zuneigung für Lorelei nicht zeigen konnte, doch die Ereignisse der Vergangenheit hatten deutlich gemacht, dass Gefühle gefährlich waren, wenn man ihnen freien Lauf ließ. Sie schwächten die Entschlusskraft und setzten die Seele Verletzungen und Betrug aus, und sie hatte lernen müssen, sich vor solchen Schmerzen zu schützen und zu allen auf Abstand zu gehen, die vorgaben, sie zu lieben.
    Doch in der Stille ihres Schlafzimmers spürte sie die alten

Weitere Kostenlose Bücher