Himmel über Tasmanien
Cole.«
Molly erstarrte, das Glas knapp vor ihren Lippen, die Augen vor Schreck geweitet. Sie blinzelte und stellte das Glas vorsichtig auf den Tisch. »Gute Güte«, hauchte sie. »Ich hätte nie gedacht, den Namen in diesem Haus noch einmal zu hören.«
»Dann kennst du sie also? Penny behauptete es jedenfalls.«
»Was kann die schon wissen? Sie war noch nicht mal auf der Welt, als …«
Joe legte die Stirn in Falten. Die Lippen seiner Mutter bildeten eine schmale Linie, und ihre Augen, sonst voller Lachen, waren eiskalt. »Als was, Mum?«
»Ach, nichts.« Sie schob ihren Stuhl zurück, verschränkte die Arme und starrte auf die überkochenden Töpfe, ohne etwas zu sehen. »Aber alles ergibt plötzlich einen Sinn«, murmelte sie vor sich hin. »Pearson, Bartholomew und Cole. Natürlich.«
»Wer ist Bartholomew?«
»Das war der Mädchenname dieser Frau, bevor sie Ernie Cole heiratete.« Molly erhob sich, öffnete den Backofen und stupste den Schweinebraten heftiger als nötig an, bevor sie sich den Kochtöpfen widmete. »Der arme Ernie fand sich mit ihrem ungehörigen Betragen länger ab, als alle erwartet hatten, und wir applaudierten im Stillen, als er den Mut aufbrachte, sie zu verlassen.«
»Woher dann der Name Pearson?«
»Das Kind war unehelich, es wurde adoptiert.« Mollys Miene war grimmig. »Mir ist egal, wie viel Geld Miss Pearson hat oder wie gut ihr Hengstfohlen ist, ich will die Tochter dieser Schlampe nicht in meinem Haus haben.«
Joe trat einen Schritt zurück, verblüfft über ihre ungewohnte Heftigkeit.
»Eigentlich«, sagte sie, und ihr Busen wogte im Zorn, »will ich sie nicht mal sehen. Sie sollte das nächste Schiff zurück nach England nehmen und anständige Menschen in Ruhe lassen.«
»Aber wenn sie adoptiert wurde, ist sie wahrscheinlich ganz anders als ihre Mutter«, sagte Joe ruhig. »Meinst du nicht, dass du ein bisschen zu hart bist, wenn du über sie ein Urteil fällst, noch bevor sie eingetroffen ist?«
»Schlechtes Blut wird immer zum Vorschein kommen«, fuhr Molly ihn an. »Ob adoptiert oder nicht, sie ist ein Teil von Gwen Cole, und ich will nichts mit ihr zu tun haben.«
Joe war allmählich empört. »Sie kommt bald«, sagte er rundheraus, »was soll ich denn machen? Sie vom Hof jagen?«
»Du kannst machen, was du willst, verdammt«, knurrte Molly, »nur halte sie von mir fern.«
Joe wollte schon protestieren, als er hörte, wie der Fernsprecher in der Diele laut zum Leben erwachte. Er steckte in einer Zwickmühle, denn er wollte seine Mutter in einem solchen Zustand nicht allein lassen, den Anruf aber auf keinen Fall verpassen. Zu dieser späten Tageszeit war er bestimmt wichtig.
»Nun geh schon. Nimm das verdammte Ding ab «, schrie Molly ihn an und warf ein Geschirrtuch nach ihm, »und lass mich mit diesem verflixten Abendessen weitermachen.«
Er beäugte sie aufmerksam und zog sich fassungslos zurück. So wütend hatte er seine Mutter noch nie erlebt. Es schien klar, dass beim Thema Gwen Cole tiefere Gefühle eine Rolle spielen mussten und dass Penny nicht die Einzige war, die sie hasste – aber er konnte sich nicht im Geringsten vorstellen, warum seine Mutter so reagierte.
Molly schepperte laut mit Pfannen und Tellern, und er fragte sich, wie viele davon den Abend wohl überleben würden. Mit finsterem Blick nahm er den Hörer ab. »Galway House.«
»Joe Reilly?« Die Stimme war tief und hatte einen unmissverständlichen Queensland-Akzent.
»Ja, mit wem spreche ich?«
»Carmichael. Ich habe mich gefragt, ob Sie etwas von Miss Pearson gehört haben, seitdem Sie die Dokumente nach London geschickt haben?«
Joe packte den Hörer fester. Das war ein Abend voller Überraschungen, denn es war das erste Mal, dass er mit Carmichael sprach. »Das hab ich in der Tat«, antwortete er. »Sie bestätigt die Eigentümerschaft und soll am vierzehnten Oktober in Tasmanien eintreffen.«
Am anderen Ende der Leitung trat ein langes Schweigen ein, und Joe fragte sich schon, ob sie unterbrochen worden waren. Die Verbindung war bestenfalls unzuverlässig, die Ortsvermittlung hatte die Angewohnheit, die Leute mitten im Satz abzuwürgen, wenn sie der Meinung war, sie hätten genug geredet. Er lauschte auf das Rauschen. »Hallo? Mr. Carmichael?«
Von fern hörte er, wie sich jemand räusperte. »Das Datum ist bestätigt, ja?«
»Sie hat ein Telegramm geschickt.«
»Sind Sie sicher, dass sie ihre Pläne nicht geändert hat?«
Das Rauschen nahm einen Moment lang zu, doch Joe
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