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Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McKinley
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Lieblingsblumen gewesen, doch die Ereignisse in Australien hatten diese Freude ausgelöscht, und während siedort im Schatten des uralten Magnolienbaums saß, kehrten die Gerüche und Bilder der Vergangenheit mit Macht zurück.
Sydney, Weihnachten 1887
    »Ich habe keine Zeit für Firlefanz«, verkündete Algernon, den Blick fest auf das Bündel Papiere vor sich gerichtet.
    Clarice stand in der Tür zu seinem mit Büchern überladenen Arbeitszimmer und versuchte ihre aufsteigende Verärgerung zu unterdrücken. »Aber wir haben Weihnachten«, entgegnete sie, »da kann deine Arbeit doch bestimmt auch einmal warten?«
    Er nahm die Brille ab und schleuderte sie unter ungeduldigem Seufzen auf den Schreibtisch. Sein Blick war kühl, als er sie betrachtete. »Der Gouverneur hat mich mit einem besonders haarigen Problem betraut, das zu lösen ist, bevor der Regierungsrat im neuen Jahr wieder zusammentritt.«
    »Bestimmt würde nicht einmal der Gouverneur von dir erwarten, dass du auf ein Weihnachtsessen mit der Familie verzichtest.«
    »Das ist deine Familie, nicht meine, Gott sei Dank.« Er nahm seine Brille und begann sie zu putzen. »Mein Ruf und meine Karriere sind wichtiger als derlei Nichtigkeiten«, fuhr er sie an. »Beides hängt vom Ergebnis meiner Arbeit ab, und wenn ich Anerkennung für meine Dienste im Namen Ihrer Majestät erlangen soll, bevor ich in den Ruhestand trete, dann muss ich meine Energien vollständig für meine Pflichten aufwenden.«
    Clarice erwiderte seinen eisigen Blick. Anscheinend war sie aufgrund der kleinen Aufstände gegen ihn imstande, ihn so zu sehen, wie er wirklich war – und für das, was sie entdeckt hatte, empfand sie nur wenig Zuneigung oder Respekt.Algernons Ehrgeiz, anlässlich seiner Pensionierung in zwölf Monaten zum Ritter geschlagen zu werden, war zu einer Kraft geworden, die einen Graben zwischen ihnen aufgerissen hatte. Wo einst eine Art Kameradschaft existiert hatte, gab es jetzt nur noch gegenseitiges Desinteresse. »Dann gehe ich eben allein hin«, sagte sie.
    »Tu, was du willst«, knurrte er und setzte sich die Brille wieder auf die Nase. »Mach die Tür zu, wenn du gehst, und sag der Dienerschaft, dass ich nicht gestört werden will.«
    Clarice funkelte ihn wütend an, doch er bemerkte es nicht, da er sich schon wieder in seine Papiere vertieft hatte. In einem Anflug ihres früheren Temperaments hätte sie ihn am liebsten angeschrien und mit Fäusten bearbeitet, bis er Notiz von ihr nahm, doch sie war nun schon zu lange mit ihm verheiratet und hatte weder den Willen noch die Energie, seiner Gleichgültigkeit etwas entgegenzusetzen. Sie schloss die Tür mit leisem Klicken und überließ ihn der erdrückenden Stille eines lieblosen Hauses.
    Die kurze Kutschfahrt über fast menschenleere Straßen Sydneys brachte sie in die nördlichen Vororte, in denen die Meeresbrise die Temperatur senkte und Erholung bot. Eunice’ neues, zweistöckiges Haus stand auf einem Hügel, dessen sanfte Hänge zu Felsklippen und einer kleinen Sandbucht hinabführten. Der perfekte Standort nutzte die kühlenden Winde, und aus allen Fenstern hatte man einen atemberaubenden Blick auf die Küste. Im Schatten von Bäumen und umgeben von üppigen Rasenflächen und knospenden Blumenbeeten war das Anwesen für sie nach der freudlosen Atmosphäre, die sie soeben zurückgelassen hatte, wie ein Hafen.
    Als die Kutsche vor der anmutigen Veranda anhielt, die sich um das ganze Haus zog, ging die Haustür auf, und eine Dienstmagd kam heraus, um sich der vielen Pakete anzunehmen, die Clarice mitgebracht hatte. Lionel folgte ihr die Treppe hinunter. »Du siehst heute Morgen besonders gut aus«, flüsterte er und half Clarice aus der Kutsche. »Fröhliche Weihnachten.«
    Sie machte einen Knicks und wich seinem Blick aus. »Danke, Lionel, und dir auch ein frohes Fest.« Sie hatte sich an seine koketten Komplimente gewöhnt und nahm sie auf die leichte Schulter, doch es war ihr unangenehm, dass ihr Herz raste, wenn er mit seinen blauen Augen so tief in ihre schaute. »Du kannst meine Hand jetzt loslassen«, forderte sie ihn unterkühlt auf.
    Er lachte, und statt ihre Hand freizulassen, schob er sie in seine Armbeuge. »Wie ich sehe, hat dein Mann sich entschieden, an seinem Schreibtisch zu bleiben, daher werde ich seine Abwesenheit nutzen und es zu meiner erfreulichen Pflicht machen, dir den Weihnachtstag so schön wie möglich zu gestalten.« Er beugte sich näher zu ihr, als sie die Eingangshalle erreichten. »Im

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