Himmel über Tasmanien
aber anscheinend war sie um eine ernsthafte Verletzung herumgekommen. »Alles in Ordnung«, sagte sie schwer atmend. Sie griff nach ihrer Handtasche, die ihr bei dem Angriff aus der Hand geschlagen worden war, und fand rasch ihre Tabletten.
Ein Raunen ging durch die Menge der Zuschauer, als sie sich humpelnd von Joe entfernte und sich auf das Trittbrett seines Wagens setzte. »Die Vorstellung ist zu Ende«, rief er. »Tretet zurück und lasst ihr ein bisschen Luft.«
Sie hörte Dollys herrische Stimme, bevor sie ihre Freundin sah, und während sie sich durch die Menge schob, erblickte Lulu den Polizisten, den sie hinter sich herzog. »Ich will keinen Aufstand«, bat sie Joe eindringlich. »Bringen Sie mich einfach von hier fort.«
»Aber sie hat absichtlich versucht, Sie zu überfahren«, protestierte er. »Die Polizei muss eingeschaltet werden.«
Lulu starrte ihn an, und ein kalter Schauer der Vorahnung überlief sie. »Haben Sie gesehen, wer es war?«
Er nickte und schaute zur Menge hinüber, die offensichtlich nicht die Absicht hatte, zu gehen. »Das haben wir alle, richtig?«
Zustimmendes Raunen war zu hören, und ein oder zwei anklagende Stimmen erhoben sich. »Höchste Zeit, dass die Frau eingesperrt wird«, rief eine. »Ja, du hast recht. Sie ist ’ne verdammte Bedrohung«, ließ sich eine zweite vernehmen.
Lulu merkte kaum, dass Dolly und der Polizist neben ihr standen, als sie Joe entsetzt anschaute. »Sie war es, nicht wahr? Gwen?«
Er nickte stumm.
Der Polizist schlug sein Notizbuch auf und leckte an seinem Bleistift. »Ich brauche eine Aussage von allen, die den Vorfall bezeugen können«, dröhnte er und genoss seinen Auftritt. Er wandte sich an Lorelei. »Wenn es Ihnen wieder einigermaßen geht, Miss, dann fange ich bei Ihnen an.«
Lulu wich zurück. »Ich möchte keine Anzeige erstatten«, sagte sie leise.
»Das kann doch nicht dein Ernst sein?« Dolly ergriff ihre Hand. »Gwen hat versucht, dich umzubringen, Lulu. Wir alle haben es gesehen.«
Wieder ging ein zustimmendes Raunen durch die Menge, die näher rückte.
Lulu schüttelte den Kopf, und ihre Gedanken wurden klarer, je leichter ihr das Atmen fiel. »Sie hat nur versucht, mir Angst einzujagen«, sagte sie und schüttelte den Staub aus ihren Haaren, »und ich muss sagen, das ist ihr auch gelungen. Gwen hat einen viel zu großen Selbsterhaltungstrieb, um in aller Öffentlichkeit einen Mord zu begehen.«
»Wir hätten nicht kommen sollen«, sagte Dolly. »Wer weiß denn schon, ob sie nicht wieder etwas versuchen wird?«
»Gefahr erkannt, Gefahr gebannt«, erwiderte Lulu gelassener, als sie war. »Wenn sie es noch einmal versucht, werde ich auf sie vorbereitet sein.« Sie wandte sich an Joe, der fassungslos die Stirn runzelte. »Ich bin zäher, als ich aussehe, Joe, aber ich würde es begrüßen, wenn Sie mich von diesem Publikum fortbrächten.«
»Kommen Sie, dann bringe ich Sie nach Hause.« Die Menge teilte sich wie das Rote Meer, als er sie zum Wagen führte und ihr hineinhalf.
Lulu rutschte auf dem zerschlissenen Ledersitz weiter, damit Dolly sich neben sie setzen konnte, und zuckte zusammen, als der Stoff ihrer Hose über die Schürfwunden an ihren Beinen scheuerte. Die Ereignisse am Morgen begannen ihren Tribut einzufordern, und obwohl ihre Tabletten das rasende Herz hätten beruhigen sollen, schlug es noch immer unregelmäßig, und ihr war kühl.
Sie lehnte sich mit dem Rücken an das rissige Leder, schloss die Augen und zwang ihren Pulsschlag mit Willenskraft zur Ruhe, als Joe den Motor ankurbelte, einstieg und die Tür zuschlug. Der Wagen roch nach Pferden, Heu und Dung, und über allem lag der Geruch nach feuchtem Hund. Das erinnerte sie an den alten Labrador, den sie zurückgelassen hatte, und an den Mietstall, was sie als seltsam tröstlich empfand.
Sie schlug die Augen auf, sah Dolly angewidert die Nase rümpfen und hoffte inbrünstig, dass sie nichts sagte. Für einen Tag hatte es genug Konfliktstoff gegeben.
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht einen Arzt aufsuchen wollen, bevor wir aufbrechen?«
Sie schaute in seine besorgten Augen und lächelte. »Ein Pflaster wird mir reichen, Joe. Lassen Sie uns sehen, dass wir nach Hause kommen.«
»Na gut«, erwiderte er, »wenn Sie meinen …« Als sie nickte, fuhr er vom Kai fort.
Eingezwängt zwischen Dolly und Joe wurde Lulu sich des muskulösen Schenkels nur allzu bewusst, der sich jedes Mal an ihrem Bein bog und fester wurde, wenn er die Kupplung trat. Fasziniert sah
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