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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Schlangen. Ich sauste wie eine Wahnsinnige nach draußen und
stolperte im Flur in ein Aufgebot an Feuerwehrleuten und Polizisten. Mein
Kreislauf spielte verrückt, mein Kopf drehte sich, und mein Blick war nicht
klar.
    Wie im Nebel sah
ich, wie zwei Sanitäter eine Trage aus dem Fahrstuhl rollten und gleichzeitig
Brandt auf mich zukam. Aber ich konnte keine Sekunde länger hierbleiben, ich
musste sofort raus aus dem dreizehnten Stock. Und so stürmte ich an all den
Leuten vorbei ins Treppenhaus und sauste die Treppen hinunter, als wäre der
Teufel hinter mir her.
    »Brauchst nicht so
zu rasen. 's ist doch jetzt alles vorbei, Kathi«, rief Ecki mir hinterher, und
erst da merkte ich, dass er mir gefolgt war.
    Ich hielt kurz
inne und drehte mich zu ihm um. »Vorbei?« Meine Stimme krächzte noch zittrig
vor Angst. »Die Nummer werde ich mein Leben lang nicht vergessen.« Dann rannte
ich weiter. Frische Luft, ich brauchte frische Luft.
    »Sicher wirst das.
Der Mensch kann alles vergessen«, schnaufte Ecki hinter mir. »'s ist doch gut
ausgang'n. Ich hab uns doch zu guter Letzt aus dem Schlamassel zog'n.«
    »Was hast du?« Wie
eine heiße Fontäne schoss die Wut aus meiner Gefühlssuppe hervor und vertrieb
die Angst, die mich bis jetzt gefangen gehalten hatte.
    »Weißt doch, dass
ich immer bei dir bin, wenn's brenzlig wird«, brabbelte Ecki weiter, und mir
stieg die Galle hoch bei dem Blödsinn, den er von sich gab.
    »Ein Lügner und
Betrüger bist du«, brüllte ich im Weiterlaufen, und merkte, dass es verdammt
guttat, wieder brüllen zu können. »Der ganze Horror ist doch nur passiert, weil
du so ein elender, feiger Hund bist.«
    »Geh, Kathi, hast
schon recht, dass du ordentlich bös mit mir bist«, lenkte Ecki schnell ein.
»Aber 's wird wieder bess're Zeiten geb'n.«
    Ich fasste es
nicht! Kaum dem totalen Horror entronnen, redete Ecki schon von besseren
Zeiten. »Neunter Stock«, las ich auf einer Tür und rannte weiter. Nackte, graue
Betonstufen unter meinen Füßen, die Wände in einem sumpfigen Grün gestrichen,
das mich verdammt an den Farbton einer der Schlangen erinnerte, und die
kühlfeuchte, modrige Luft von fensterlosen Räumen trieben mich nach unten.
Während ich immer weiter rannte, passierten in meinem Kopf diese furchtbaren
vierzehn Tage Revue. Der Abend der Schaumschläger, Angeber, Geschäftemacher und
Bankrotteure auf dem LVR -Turm, wo ich schon so
vieles hätte erfahren können. Mombauers Tod und die Sorge um die Zukunft der
»Weißen Lilie«. Minkas Ermordung und Eckis Verrat. Der furchtbare Verdacht,
dass er ein Mörder sein könnte. Die tote Sabine Mombauer vor der »Weißen
Lilie«. Die Hölle aus Enttäuschung, Verletzung, Trauer, Verzweiflung und Wut,
durch die ich gegangen war.
    Sechster Stock,
die Wut trieb mich weiter die Treppe hinunter und führte mich für einen
Augenblick zurück in Pfeifers Wohnung, die ich mit den Männern in Schutzanzügen
betrat. Mit ihren Augen betrachtete ich dieses eng umschlungene Paar auf dem
Glastisch, und im Gegensatz zu den Männern in den Schutzanzügen wusste ich,
dass die zwei kein Paar mehr waren.
    Diese Erkenntnis
traf mich mit bitterer Gewissheit im vierten Stock. Ich liebte Ecki nicht mehr.
Die Liebe war ertränkt worden in tiefen Verletzungen, vergiftet von Nächten
voller Verzweiflung, zu Tode geritten von falschen Hoffnungen, zerrieben an
Gegensätzen und Missverständnissen. Sie war aufgebraucht, abhandengekommen, hatte
sich erschöpft. Es würde keinen Neuanfang, kein wie auch immer geartetes
Weitermachen mit Ecki geben.
    Das machte mich
gleichzeitig traurig und froh, erleichtert und ängstlich, aber ich wusste
genau, dass diese Entscheidung richtig war. Je weiter ich nach unten rannte,
desto mehr verrauchte die Wut. Sie machte in der zweiten Etage der Erschöpfung
Platz, die mich wie ein Bleimantel einhüllte und jeden weiteren Schritt schwer
machte. Ich schleppte mich die letzten beiden Stockwerke wie in Trance nach unten,
und das glühende Abendlicht ließ mich schwindeln, als ich endlich vor die Tür
des Hochhauses taumelte.
    Brandt erwartete
mich und zeigte wieder diesen besorgten Hundeblick. »Sie haben einen Schock,
Sie sollten sich untersuchen lassen«, sagte er, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Ich werd mich um
sie kümmern«, schnaufte Ecki, den ich seit der vierten Etage nicht mehr
wahrgenommen hatte und der noch nicht wusste, dass ich ihn auf dem Weg nach
unten endgültig aus meinem Leben gefegt hatte.
    »Sie müssen mir
zuerst

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