Himmel un Ääd (German Edition)
eine ganze Reihe von Fragen beantworten, Herr Matuschek!«, wies Brandt
ihn zurecht. Dann drehte er sich wieder zu mir und fragte, ob mich ein
Polizeiwagen nach Hause fahren sollte.
»Wenn's sofort
geht, ja.«
Brandt
telefonierte kurz, und die paar Minuten, bis der Streifenbeamte mich abholte,
verbrachten wir drei in müdem Schweigen. Ich ging weg, ohne mich noch einmal
nach Ecki umzudrehen.
Auf der Fahrt nach
Deutz rief ich Adela an. Ich konnte jetzt auf keinen Fall allein sein. Die
Treppen zu unserer Wohnung stieg ich zähneklappernd nach oben, mir war
plötzlich so kalt, als hätte ich Tage in einer Eishöhle gesessen. Adela
erwartete mich an der Wohnungstür und steckte mich sofort in eine warme, nach
Lavendel duftende Badewanne. Ich stopfte alle Kleider in den Wäschesack, und
der Gestank der Angst, der noch in allen Poren steckte, machte sich im Bad
breit. Das Wasser tat gut und reinigte zumindest die Haut. Adela kam mit Tee
und ihrem Medizinkästchen zurück, verabreichte mir ein paar Globuli, die mich
beruhigen sollten, setzte sich dann an den Wannenrand und tätschelte mal wieder
meine Hand.
»Es ist aus«,
sagte ich. »Aus und vorbei mit Ecki.«
Adela nickte und
tätschelte. »Aber er hat Minka nicht umgebracht, oder?«
Ich tauchte einmal
kurz unter und wieder auf, bevor ich Nein sagte. In diesem Punkt glaubte ich
Ecki.
»Gut«, seufzte sie
erleichtert. »Es ist viel besser und fällt leichter, sich von einem freien Mann
zu trennen als von einem, der auf dem Weg in Gefängnis ist. Gib zu, dass ich in
dem Punkt recht hatte.«
»Ja«, gab ich zu.
»Er wird mir
fehlen. Diese Wiener Leichtigkeit, sein Küss-die-Hand-Charme, und du weißt ja,
wie gern ich mit ihm über Oldtimer gefachsimpelt habe …«
Ich tauchte wieder
unter und hörte nicht zu.
»Schon recht«,
sagte Adela, als ich auftauchte. »Weiß er's schon?«
»Ich sag es ihm,
wenn er von der Polizei zurückkommt.«
Am nächsten Morgen
saßen wir zum letzten Mal zu viert in unserer Küche. Ecki war erst spät in der
Nacht wiedergekommen. Ich hatte gehört, wie Adela ihn im Wohnzimmer einquartierte,
als ich aus einem Alptraum aufgeschreckt war, in dem ich bewegungsunfähig in
einem Schlangennest gelegen hatte. Es dauerte, bis ich wieder einschlafen
konnte und den Rest der Nacht von Schlangen verschont wurde.
Ecki berichtete
von einem stundenlangen Verhör und davon, dass parallel zu ihm Thomas Pfeifer
befragt wurde, der von der Polizei am Flughafen gefasst worden war, als er eine
Maschine nach Ibiza besteigen wollte.
Adela verteilte
Kaffee und Brötchen und wollte wissen, ob die Beweislage in Minkas Fall genauso
erdrückend war. Ecki zuckte mit den Schultern und gestand, dass er noch lange
nicht aus dem Schneider war. Er müsse sich für weitere Verhöre bereithalten und
dürfe die Stadt nicht verlassen.
»Dann musst du dir
für die Zeit ein anderes Quartier suchen«, sagte ich und forderte Ecki auf,
nach dem Frühstück mit mir einmal um den Block zu spazieren.
Es gab nicht mehr
viel zu sagen. Ich sprach klar und eindeutig, wie ich es immer tat, wenn ich
eine Entscheidung gefällt hatte. Eckis halbherzige Versuche, mich vom Gegenteil
zu überzeugen, wehrte ich ab. Wieder zurück in der Kasemattenstraße, packte er
seinen großen Koffer, den ich schon vor die Tür gesetzt hatte, und verschwand.
EPILOG
Zwei Tage später
machte ich die »Weiße Lilie« wieder auf. Scarlett, die schon früher mal bei mir
gearbeitet hatte, sprang als Ersatz für Ecki im Service ein, Gülbahar übernahm
dauerhaft den Spülposten, und in der Küche schufteten Arîn und ich allein, weil
ich keinen neuen Koch einstellen wollte, bevor die Sache mit dem Pachtvertrag
geregelt war. Natürlich hingen mir die letzten vierzehn Tage in den Knochen.
Ich konnte nicht sagen, dass es mir gut ging. Aber unsere Frauenwirtschaft tat
mir wohl, und Kochen half mir immer, wieder festen Boden unter den Füßen zu
kriegen.
Brandt rief öfter
an. Er hatte noch tausend Fragen zu Ecki, zu Eilert, zu Pfeifer und zu Minka.
Um alle Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und die Puzzleteilchen
der beiden Mordgeschichten richtig zusammenzusetzen, brauchte er Zeit. Er melde
sich bei mir, wenn er so weit sei, versprach er.
Es war ein trüber,
nasskalter Montag Ende August, als Brandt sich mit mir verabredete. Ein
scharfer Westwind trieb den Regen über den Roncalliplatz. Seit Tagen stieg das
Thermometer nicht über fünfzehn Grad, der Rhein führte gut Wasser,
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