Himmel un Ääd (German Edition)
Stirn.
»Wechseljahre?«,
fragte Adela besorgt. »Bisschen früh, oder?«
»Quatsch!«, wehrte
ich ab. »Lug und Trug, wohin man sieht. Das macht mich fertig.«
»Glaub mir, in
diesem Fall habe ich meine Neugier verflucht«, gestand Adela. »Du weißt ja,
dass ich Betty direkt am Tag nach der Bause-Sause angerufen habe, wegen der
Geschichte mit deinem Bunsenbrenner. Kurz vor mir hatte Chidamber bei ihr
angerufen, und Betty war so froh, dass sie jemandem ihr Herz ausschütten
konnte. Jetzt fühlt sie sich nicht nur grausam betrogen, sondern weiß auch
nicht, ob sie dem Gatten alles gestehen oder das Geheimnis mit ins Grab nehmen
soll.«
»Eifersucht! Betty
Bause hätte also auch ein Motiv gehabt, Minka umzubringen«, rief ich.
»Jetzt mach mal
einen Punkt. Betty hat Minka genauso wenig umgebracht wie Ecki!« Mit einer
energischen Bewegung pickte Adela ihre Gabel in die Fischreste.
»Was macht dich da
so sicher? Eine innere Stimme, oder was?«, fragte ich.
»Ich habe Betty
geraten, die Wahrheit zu sagen. Wenn ihr der Gatte diesen kleinen Seitensprung
nicht verzeiht, dann ist er sie nicht wert. So was muss eine Beziehung doch
aushalten.«
»Aushalten«,
echote ich wütend und schüttete jetzt den Weißwein in mich hinein. Wieso,
verdammt, konnte man in diesem Laden nichts nachbestellen?
»Nichts wird so
heiß gegessen, wie es gekocht wird, Schätzelchen.« Das war einer von Adelas
Lieblingssätzen. »Auch bei Ecki und dir ist Hopfen und Malz noch nicht
verloren.« Sie legte die Gabel zur Seite und tätschelte mal wieder meine Hand.
»Betty muss aufpassen, dass sie nicht erpressbar wird. Schon deshalb muss sie
ihrem Mann die Sache gestehen. Wenn dieser Chidamber Geld braucht, wer weiß,
wozu der fähig ist?«
»Bis jetzt weiß
der Gatte aber definitiv noch nicht Bescheid.«
Wieder stieg diese
Hitze in mir auf. Von den Zehen bis in die Haarspitzen, jeden Winkel meines
Körpers nahm sie in Besitz. Ich ruckelte mit meinem Hintern hin und her, weil
meine Hose daran klebte wie an meinem ersten Kindergartentag, als ich es nicht
mehr rechtzeitig bis aufs Klo geschafft hatte.
»Minka, Chidamber,
Eilert, Ecki, die Bauses, die Frau in Schwarz, das hängt alles miteinander
zusammen«, prophezeite Adela. »Ich weiß nur noch nicht, wie.«
Dieser erste
Kindergartentag war überhaupt der Horror gewesen. Die anderen Kinder hatten
mich angestarrt, als käme ich von einem anderen Stern, weil ich schon mit drei
Jahren extrem groß und rotlockig gewesen war, auffällig anders eben. Damals
hatte ich mir so gewünscht dazuzugehören, aber jetzt wäre ich gern auf einem
anderen Stern. Weit weg von all dem, was in den letzten Tagen auf mich
einstürzte, weit weg von Adelas neuesten Theorien.
»Schätzelchen!«
Adela wedelte mit ihrer zweiten Hand vor meinen Augen herum und brachte mich
dazu, ihr wieder zuzuhören. »Wie du mit Eckis Betrug umgehst, kannst du doch
erst entscheiden, wenn du mit ihm geredet hast, oder? Aber solange man ihn des
Mordes verdächtigt, wird Ecki nicht auftauchen. Also müssen wir herausfinden,
was mit Minka geschehen ist. Und dabei hilft es nicht, dass du dich Tag und
Nacht in deinem Ecki-Leid suhlst.«
»Alte
Hebammenweisheit, oder was?«, blaffte ich sie an.
Adela lächelte
weise und tätschelte noch ein bisschen meine Hand, bevor sie vorschlug: »Meinst
du nicht, wir sollten noch den Nachtisch probieren?«
Nachtische waren
mir egal, mich interessierte die schwarze Witwe. Hoffentlich war sie
tatsächlich geblieben, hoffentlich hatte ich ihren Auftritt mit Eilert nicht
verpasst. Zu gern würde ich endlich erfahren, was für ein Hühnchen sie mit dem
»All-inclusive«-Chef zu rupfen hatte.
Die Frau saß noch
an ihrem Platz, und sie war nicht mehr allein. Aber nicht Eilert leistete ihr
Gesellschaft, sondern ein Mann in den Dreißigern. Er hatte den Arm um ihre
Schultern gelegt und redete leise auf sie ein.
Als er aufblickte,
sah ich in sentimentale, langwimprige Mädchenaugen, ansonsten hatte sein
Gesicht nichts Weiches. Der Kopf ein bisschen legosteinmäßig, das Haar kurz
geschoren, am Hals Ausläufer eines Tattoos, die Schwanzspitze irgendeines
Tieres, das seinen Rücken zierte, ums Kinn ein angesagter Drei-Tage-Bart. Aber
diese Kombination aus Hart und Weich machte ihn attraktiv. Ein bisschen Macho,
ein bisschen frauenverstehend. Das stand ihm gut, er war so der
Til-Schweiger-Typ.
Auch wenn oder
vielleicht gerade weil die schwarze Witwe bestimmt zwanzig Jahre älter war als
er, bildeten die zwei
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