Himmel un Ääd (German Edition)
ein schönes Paar, das aus der Masse der Frischlingsduos
herausstach. In diesem gefakten Pariser Interieur wirkten die zwei als Einzige
echt französisch. L'amour fou, une affaire exceptionnelle,
la passion, oh là là!
Der Mann senkte
den Blick wieder und flüsterte der Frau etwas ins Ohr, sie nickte ernst. Es
wunderte mich, dass sie nicht lächelte. Dann standen die beiden gemeinsam auf,
er legte sofort wieder beschützend den Arm um ihre Schultern. Ich konnte mir
genau vorstellen, was sie jetzt vorhatten. Aber was war mit Eilert? Warum hatte
die schwarze Witwe den Aufstand bei dem Kellner gemacht, wenn sie jetzt mit
ihrem Liebhaber davonging?
Hektisch tastete
ich meine Hosentaschen nach einer Visitenkarte der »Weißen Lilie« ab und
nestelte eine vom Schweiß aufgeweichte heraus.
»Pardon!« Ich
streckte der Frau die Karte entgegen, als die beiden an mir vorbeikamen. »Bitte
rufen Sie mich an, ich würde wirklich gerne mit Ihnen reden.«
Sie schüttelte den
Kopf, der Typ zuckte bedauernd mit den Schultern und führte sie sanft, aber
zielsicher in Richtung Treppenhaus. Ich sah den beiden mit ausgestreckter Hand
nach, in der sich die Visitenkarte wie eine welke Blume nach unten bog.
Ich hatte keine
Zeit, mich zu fragen, ob und wie ich die Frau wiedersehen würde, denn ich
traute meinen Augen nicht, als plötzlich Chidamber die Treppe hochkam und wie
ein elsässischer Storch durch »La petite France« stakste. Er blickte sich
suchend um, und als sein Blick auf mich fiel, kam er nicht auf mich zu, sondern
wirbelte herum und verließ eilig das Restaurant.
Ich folgte ihm, er
begann zu laufen.
»Herr Chidamber«,
rief ich und hastete hinter ihm die Treppe hinunter.
Chidamber, immer
zwei Stufen auf einmal nehmend, war schnell im Foyer und legte dort im Gehen
bei der Zeremonienmeisterin seine Chipkarte ab. Als auch ich unten war, schob
er sich bereits durch die Eingangstür.
Ich spurtete
hinter ihm her, gleichzeitig hastete eines der Bauchladen-Fräuleins an mir
vorbei und versperrte mir in den Weg.
»Ihre Rechnung!
Sie müssen noch bezahlen«, flötete sie.
»Später«, japste
ich, schob sie zur Seite und drängte hinaus auf die Straße.
»Saturday Night
Fever« im Belgischen Viertel, das hieß Hölle und Menschen. Da! Chidamber
schlängelte sich durch eine Gruppe junger Leute mit Bierflaschen in den Händen
in Richtung Brüsseler Platz. Ich hinterher. Bei so schönem Wetter war dieser
Platz ein Treffpunkt für Nachtschwärmer aller Art, dann herrschte hier ein
Betrieb wie auf dem Hauptbahnhof.
In dem Geschiebe
war kaum ein Vorwärtskommen, trotz meiner Größe musste ich verdammt aufpassen,
dass ich Chidamber nicht aus den Augen verlor. Er bewegte sich in Richtung
Kirche. Ich kämpfte mich durch die nächste Gruppe. Angetrunkene junge Männer,
alle hatten das gleiche T-Shirt an, auf dem stand, dass sie den
Junggesellenabschied von Marcel feierten. Alle trugen Zipfelmützen und eine
Batterie kleiner Schnapsfläschchen wie einen Patronengurt um den Leib.
Chidamber drohte
jetzt vom Schatten der Kirche verschluckt zu werden. Ich versuchte schneller zu
gehen, jemand zog an meinem Kaftan.
»Sie müssen Ihre
Rechnung bezahlen!« Das Bauchladenfräulein ohne Bauchladen direkt hinter mir.
»Möchtest du auch
einen ganz Kleinen, süße Waldfee?«
Eine Alkoholfahne
nebelte mich ein, einer der Zipfelmützenträger wedelte mit einem
Schnapsfläschchen in der Hand vor meiner Nase herum. Ich drückte die Hand und
den Schnaps zur Seite, um nach Chidamber zu sehen. Weg. Die Dunkelheit hatte
ihn verschluckt.
»Ihre Rechnung,
Ihre Rechnung«, drängelte das Bauchladenfräulein hinter mir und zog weiter an
meinem Kaftan.
»Ja, verdammt«,
fauchte ich sie an und drehte mich zu ihr um.
Auf dem Rückweg
züngelten neue Hitzewellen durch meinen Körper. Mitten in diesem
Menschengewusel kam ich mir wieder wie ein brennender Busch vor, wirkte aber
leider nicht so, denn sonst hätten mir die Leute wenigstens Platz gemacht.
Als endlich wieder
die rote Leuchtschrift des »All-inclusive« auftauchte, stürzte ich mich durch
die Eingangstür und dann direkt auf den asiatischen Zierbrunnen zu. Einer
Verdurstenden gleich schaufelte ich mit den Händen Wasser in mein Gesicht, das
aber nicht nach Wasser, sondern nach Wellness roch.
»Alles in
Ordnung?«
Eine Hand legte
sich auf meine Schulter, und als ich mich aufrichtete, sah ich in das Gesicht
von Til Schweiger. Dahinter lugte das Bauchladenfräulein hervor, dem ebenfalls
die
Weitere Kostenlose Bücher