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Himmel und Hölle: Neun Erzählungen (German Edition)

Himmel und Hölle: Neun Erzählungen (German Edition)

Titel: Himmel und Hölle: Neun Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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wäre eine Falle zugeschnappt, um diese Worte in meinem Kopf festzuhalten. Ich verstand nicht genau, welche Verwendung ich dafür haben würde. Ich merkte nur, wie sie mich durchrüttelten und gleich wieder losließen, so dass ich danach eine andere Luft atmete, die nur mir zugänglich war.
    Sie würde mich sehen wollen.
    Meine Erzählung mit diesem Satz darin sollte erst Jahre später geschrieben werden, als es ganz unwichtig geworden war, daran zu denken, wer mir ursprünglich diese Idee in den Kopf gesetzt hatte.
    Ich bedankte mich bei Alfrida und sagte, dass ich aufbrechen müsse. Alfrida ging Bill holen, damit er sich von mir verabschiedete, kam aber zurück, um zu berichten, dass er eingeschlafen war.
    »Er wird sich in den Hintern beißen, wenn er aufwacht«, sagte sie. »Er hat sich gefreut, dich kennen zu lernen.«
    Sie nahm die Schürze ab und begleitete mich bis vor die Haustür, auch die Stufen vor dem Haus hinunter. Von den Stufen führte ein Kiesweg zum Bürgersteig. Der Kies knirschte unter unseren Füßen, und sie stolperte in ihren dünnsohligen Hausschuhen.
    Sie sagte: »Autsch! Verflixt«, und hielt sich an meiner Schulter fest.
    »Wie geht’s deinem Vater?«, fragte sie.
    »Geht so.«
    »Er arbeitet zu viel.«
    Ich sagte: »Er muss ja.«
    »Ja, ich weiß. Und wie geht’s deiner Mutter?«
    »Ziemlich unverändert.«
    Sie drehte sich zu dem Schaufenster um.
    »Was meinen die wohl, wer dieses Gerümpel kaufen soll? Schau dir den Honigeimer da an. Dein Vater und ich, wir haben unser Mittagbrot immer in genau solchen Eimern zur Schule mitgenommen.«
    »Ich auch«, sagte ich.
    »Ja, hast du?« Sie drückte mich. »Sag den beiden, dass ich an sie denke, machst du das?«
     
    Alfrida kam nicht zur Beerdigung meines Vaters. Ich überlegte, ob es daran lag, dass sie mir nicht begegnen wollte. Soweit ich wusste, hatte sie sich nie darüber geäußert, was sie mir übel nahm; es war also niemandem sonst bekannt. Aber mein Vater hatte es gewusst. Als ich ihn einmal zu Hause besuchte und erfuhr, dass Alfrida gar nicht weit weg wohnte – nämlich im Haus meiner Großmutter, das sie schließlich geerbt hatte –, schlug ich vor, sie zu besuchen. Das geschah in dem Wirbel zwischen meinen beiden Ehen, als ich sehr aufgeschlossen war, die neue Freiheit genoss und mich in der Lage fühlte, mit jedem Kontakt aufzunehmen.
    Mein Vater sagte: »Du weißt ja, Alfrida war ein bisschen verärgert.«
    Er nannte sie jetzt Alfrida. Wann hatte das angefangen?
    Mir fiel anfangs gar nicht ein, worüber Alfrida sich geärgert haben könnte. Mein Vater musste mich an die Erzählung erinnern, die vor mehreren Jahren veröffentlicht worden war, und ich war erstaunt, ja sogar ungehalten, dass Alfrida etwas ablehnte, das für meine Begriffe kaum noch etwas mit ihr zu tun hatte. »Das war überhaupt nicht Alfrida«, sagte ich zu meinem Vater. »Ich habe alles verändert, ich habe dabei nicht mal an sie gedacht. Das war eine erfundene Figur. Wie jeder sehen konnte.«
    Aber tatsächlich gab es in der Erzählung immer noch die explodierende Lampe, die Mutter in ihren Leichentüchern, das anhängliche, verwaiste Kind.
    »So, so«, sagte mein Vater. Er war im Allgemeinen recht angetan davon, dass ich Schriftstellerin geworden war, obwohl er Vorbehalte gegen das hatte, was man meinen Charakter nennen könnte. Gegen die Tatsache, dass ich meine Ehe aus persönlichen – also leichtfertigen – Gründen beendet hatte, und dagegen, wie ich mich vor allen rechtfertigte – oder vielleicht, wie er gesagt hätte, wie ich mich durchschlängelte. Er sprach das nicht aus – es war nicht mehr seine Aufgabe.
    Ich fragte ihn, woher er wusste, dass Alfrida es krumm nahm.
    Er sagte: »Ein Brief.«
    Ein Brief, obwohl sie nicht weit voneinander entfernt lebten. Es tat mir leid, dass er offenbar ausbaden musste, was man für meine Gedankenlosigkeit oder sogar mein Vergehen halten konnte. Auch, dass er und Alfrida jetzt auf so förmlichem Fuß standen. Ich fragte mich, was er ausließ. Hatte er sich genötigt gefühlt, mich gegenüber Alfrida zu verteidigen, wie er meine Schriftstellerei gegenüber anderen verteidigte? Er tat das inzwischen, obwohl es ihm nie leicht fiel. Bei der widerwilligen Verteidigung mochte er etwas Grobes gesagt haben.
    Durch mich hatten sich für ihn besondere Schwierigkeiten ergeben.
    Immer wenn ich nach Hause fuhr, geriet ich in Gefahr. Nämlich in die Gefahr, mein Leben mit anderen Augen als den eigenen zu sehen. Es als

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