Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Kommunikationsprobleme mit den Einheimischen.«
Der Parkplatz wies diesmal tatsächlich ein paar Wagen vor dem Lokal auf, und als wir eintraten, sah es nachgerade nach lebhaftem Betrieb aus. Jeder Barhocker war besetzt, und weitere Gäste saßen an den runden Tischen. Zwei spielten Poolbillard; Kreidestaub hing in der Luft unter der einzigen Neonröhre. Gott sei Dank waren unsere Freunde nicht beim Tischbowling zugange.
Derselbe große Mann stand hinter dem Tresen. Jetzt arbeitete er erheblich härter an dem Versuch, alle glücklich zu machen, ohne daß ihm offensichtlich irgendwer half. Er schwitzte, als hätte er soeben ein totes Pferd begraben. Er sah zweimal hin, als er sah, wie wir uns ans Ende der Theke lehnten. »Ihr Typen schon wieder«, sagte er, und seine Stimme war verdammt viel weniger herzlich, als sie beim ersten Mal geklungen hatte. »Ihr habt mir gerade noch gefehlt.«
»Wir wollen Ihnen nur ein paar Fragen stellen«, sagte ich.
»Sehen Sie denn nicht, daß ich zu tun habe? Wollen Sie nun was trinken oder nicht?«
»Ein Bier und ein 7-Up«, sagte ich. »Wie immer.«
Er lachte nicht. Er betätigte den Zapfhahn und zapfte mir ein Bier, das mindestens zur Hälfte aus Schaum bestand, spritzte Sodawasser aus einem Automaten in ein Glas und stellte es neben das Bier. »Fünf Dollar«, sagte er.
»Ihre Preise sind gestiegen«, sagte ich.
»Das Geschäft ist hart.«
»Was auch immer Ihr Problem sein mag …«
»Mein Problem ist, daß sobald Ihr Typen heute draußen wart, Stan und Brian eine Prügelei angefangen haben. Brian ist im Krankenhaus.«
Fast mußte ich lachen. »Stan ist der Typ mit der gebrochenen Nase, stimmt’s? Und Brian ist der Typ, der ihm nicht beigesprungen ist? Was zum Teufel hat das mit uns zu tun?«
Vinnie schob sich vor mich. »Wir suchen jemanden«, sagte er und erhob seine Stimme über den Geräuschpegel um uns herum. »Können Sie uns vielleicht dabei helfen?«
»Wen suchen Sie denn?«
»Meinen Bruder.«
»Dann sehen Sie auf dem Parkplatz nach. Ungefähr so weit kommt ein Indianer, bevor er sturzbetrunken hinschlägt.«
Der Blick, den Vinnie ihm in diesem Moment zuwarf, hätte ihn abschrecken sollen. Aber der Mann hinterm Tresen kannte Vinnie nicht so wie ich. Er wußte nicht, was für einen Tag wir gehabt hatten, oder daß Vinnies Zehn-Kilometer-Zündschnur nahezu abgebrannt war.
Just in diesem Moment tauchte unser Freund Stan auf. Sein Gesicht zierten frische weiße Pflaster, und seine beiden blauen Augen sahen noch übler aus. »Na da schau«, sagte er. »Der Einsame Ranger und Tonto wieder mal.«
Er trug immer noch seinen Ahornblatt-Pullover. Vinnie brauchte zwei Sekunden, um ihm zweimal ins Gesicht zu schlagen und ihm dann diesen Pullover über den Kopf zu ziehen. Jemand anders schaltete sich ein und dann ich. Normalerweise bin ich intelligent genug, um mich bei einer Kneipenschlägerei bedeckt zu halten, vor allem wenn der Kampf um irgendwelchen Unsinn in einem Raum voller Fremder geht. Aber irgendwie kochte alles genau in diesem Moment über, die ganze Fahrerei, all die Sackgassen und das, was Vinnie mir von Tom erzählt hatte. Erst zuzusehen, wie der Bruder ins Gefängnis wandert, und ihn dann im Bad zu finden, wo er sich gerade erhängen will. Irgendwie stieg in mir dieselbe Wut hoch, über Tom, über die Männer, mit denen er hierher gekommen war, und über schlechthin jeden in dieser gottverdammten Hinterwäldlerkneipe. Glücklicherweise schien niemand sonst im Lokal allzu interessiert an einer Prügelei zu sein. Die meisten sahen uns ein bis zwei Minuten zu, um dann dazwischenzugehen und uns zu trennen.
»Immer mit der Ruhe«, sagte mir ein Mann ins Ohr, während er mich von hinten umklammerte, »Nehmen Sie’s ganz ruhig.« Ich wollte mich freikämpfen, aber er war stark genug, meine Bemühungen gelassen zu ignorieren.
Woher die ganze Wut gekommen war, wußte ich nicht. Dreißig Minuten später dachte ich darüber nach, als wir zwei Beamten von der Wache der Provinzpolizei Ontario ein Stück die Straße hinunter an einem Ecktisch gegenüber saßen. Sie waren nicht sehr glücklich darüber, daß Vinnie nicht mal einen Führerschein dabei hatte, aber sie überprüften meinen und standen eine Weile herum und überlegten, was sie mit uns machen sollten. Es war nicht die erste Kneipenschlägerei, die sie in dieser Woche gesehen hatten – oder, Teufel noch mal, sogar an diesem Abend –, so daß sie uns mit der üblichen Verwarnung laufen ließen.
Um
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