Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
den zweiten Raum. Er enthielt drei separat stehende Etagenbetten – nichts als rohes Holz, auf das man seinen Schlafsack legen konnte, und einen Holzofen. Ich öffnete die Tür und sah hinein. Ich konnte nicht abschätzen, wie alt die Asche war.
»Mein Gott, was für ein gottverdammter Saustall«, sagte Maskwa. Er hob ein Pornoheft vom Boden auf und warf es in einen leeren Abfalleimer.
»Als ich das letzte Mal hier war, sah es bestimmt nicht so aus«, sagte Guy. »Aber das könnte man auch so arrangieren, ihr wißt, was ich meine? Wenn es so aussehen soll, als wäre jemand hier gewesen, kommt man einfach und müllt alles voll.«
»So haben sie vielleicht die Polizei täuschen können«, sagte Maskwa. »Aber nicht dich.«
Guy nickte mit dem Kopf. »Erst mal das Propangas«, sagte er. Er ging nach draußen zu dem großen Tank an der Hüttenwand. »Als ich das letzte Mal wegging, war er dreiviertel voll. Jetzt ist er … mal sehen …« Er kontrollierte die Uhr. »Etwa ein Viertel.«
»Ist das soviel, wie man in etwa bei einem einwöchigen Aufenthalt brauchen würde?« fragte ich.
»Ja, ziemlich genau. Da ist der Herd, der Kühlschrank und die zwei Deckenlampen.«
»So daß sie also vielleicht doch hier waren«, sagte Maskwa.
»Es sei denn, jemand hätte die Tanks ausgetauscht. Warte mal …« Er ging zu dem kleinen Schuppen am Steg und sah hinein. Er holte zwei rote Benzinkanister heraus und schüttelte sie beide nacheinander. »Verdammt, sie sind leer«, sagte er. »Wieviel haben sie denn bloß verbraucht?«
»Sie werden viel mit dem Boot gefahren sein«, meinte Maskwa.
»Für zwei Kanister?«
»Du meinst, sie haben auch die Kanister ausgetauscht?«
Guy schüttelte den Kopf und sah sich um. »Ich weiß nicht …«
»Wenn wir nichts Gewisses rausfinden können …«
»Warte mal«, sagte Guy. »Die Latrine. Als ich hier weggegangen bin, habe ich für Toilettenpapier gesorgt. Ich weiß ganz genau, daß exakt vier Rollen da waren, und eine halbe Rolle an der Wand. Ich bin da ganz sicher.«
Ich blieb auf dem Steg, während sie nachsahen. Das war ein Unternehmen, an dem ich nicht unbedingt teilnehmen mußte. Ich stand da und beobachtete den See, wie er mit jeder dahinziehenden Wolke seine Farbe wechselte. Wir waren in diesem Augenblick so weit von schlichtweg allem entfernt. Wir hatten die letzte Straße genommen, und dann hatte uns ein einstündiger Flug an die Ufer dieses Sees gebracht. Ich zog den Reißverschluß meiner Jacke bis oben hin zu.
»Okay«, sagte Guy, als er zu mir auf den Steg trat. »Sie sind hier gewesen.«
»Sie müssen zugeben«, sagte ich, »daß alles andere von Beginn an ziemlich unwahrscheinlich war. Ich meine, es war natürlich gut, daß wir in jedem Fall hier waren. Das ist der letzte Ort, an dem sie eine längere Zeit zugebracht haben. Aber im Moment sehe ich nicht, was uns das nützen könnte.«
»Trotzdem stimmt etwas nicht«, sagte Vinnie. Er hatte kein Wort gesagt, seit wir hier gelandet waren. »Hier stimmt etwas ganz extrem nicht.«
»Wie meinst du das?«
»Lassen Sie mich Ihnen eine Frage stellen«, sagte er zu Guy. »Wenn Sie hier eine Jagdgruppe betreuten, würden Sie dann die Hütte so zurücklassen?«
»Nein, selbstverständlich nicht.«
»Und das selbst dann, wenn Sie die Leute nicht abkönnten? Und die allein den Dreck gemacht hätten?«
»Ich würde trotzdem vor der Abreise alles sauber machen«, sagte Guy. »Und sie würden von mir ganz schön was zu hören kriegen.«
»Ganz genau. Und Tom hätte es genauso gemacht.«
»Und was willst du damit sagen?« fragte ich.
»Sie sind hier nicht unter normalen Bedingungen weggegangen«, sagte Vinnie. »Irgend etwas ist passiert. Vielleicht mußten sie in aller Eile fort.«
»Vielleicht sind sie aber auch«, sagte Maskwa hinter uns, »überhaupt nicht weggegangen.«
Vinnie wandte sich um und sah ihn an.
»Vielleicht haben sie sich bei der Jagd verirrt«, sagte Maskwa. »Die Leute am Jagdhaus wollten damit nichts zu tun haben. Und so haben sie einfach gelogen.«
»Tom würde sich nie verirren«, sagte Vinnie.
»Ihr Bruder ist hier weit von zuhause entfernt. Das hier sind nicht seine Wälder.«
»Wenn das die Erklärung ist«, sage Vinnie und sah über die Hütte hinweg auf die undurchdringliche Wand des Waldes, »dann ist er noch da draußen. Tom versteht sich aufs Überleben. Er kennt die Pflanzen, die er essen kann, kann sich vor der Witterung schützen, kann Feuer machen.«
»Aber was ist mit ihren
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