Himmels-Taler
Dolph zu.
»… könnte ich dich tragen. Ich ermüde nie, und wenn du eine kleine Gestalt annimmst…«
»Großartige Idee!« Dolph verwandelte sich in eine Maus. Mark streckte die Hand hinunter, worauf Dolph auf seine knochige Schulter krabbelte. Dann beugte sich Mark vor, um Dolphs Habseligkeiten aufzunehmen. Es war viel besser, auf diese Weise zu reisen; nun konnte er sich ausruhen, und kam der Insel der Illusion trotzdem immer näher.
Nach einer Weile verschwand der Verzauberte Pfad. Es schien, als würden nur sehr wenig Leute so weit reisen. Nun kamen sie etwas langsamer voran, denn wenngleich Marks Knochen unermüdlich waren, kostete es Zeit und Mühe, sich einen Weg durch die wuchernde Wildnis zu bahnen. Nun mußten sie die gefährlichsten Pflanzen umgehen, beispielsweise Gewirrbäume, und mußten Ausschau halten nach Drachenhorten. Dolph fürchtete sich nicht wirklich vor derlei Dingen, weil er wußte, daß er sich immer in etwas verwandeln konnte, das jede beliebige bedrohliche Pflanze und jedes entsprechende Tier abwehren konnte. Aber es war besser, jeden Ärger zu meiden und seine Magie für Notfälle aufzuheben.
Bald kamen sie an einen Fluß. Mark wollte zunächst einfach hindurch waten, doch dann zögerte er. »Irgend etwas nagt an meinen Beinknochen«, sagte er. Und tatsächlich befanden sich dicht unter der Oberfläche Hundsfische. Hastig zog sich Mark ans Ufer zurück. Er kannte zwar keine Schmerzen, aber es wäre sehr lästig gewesen, hätte er einen Beinknochen eingebüßt. Hundsfische liebten es, ihre Knochen davonzutragen und sie irgendwo im tiefen Schlamm zu begraben.
Als sie wieder am Ufer waren, nahm Dolph die Jungengestalt an. »Ich verwandle mich in den Rokh und trage dich auf die andere Seite«, sagte er. »Meine Flugmuskeln sind zwar noch steif, aber soviel schaffe ich schon.«
»Der Flugraum ist sehr beschränkt«, wandte Mark ein. »Du hättest sowohl beim Abheben als auch bei der Landung Schwierigkeiten, weil die Bäume bis dicht ans Ufer wachsen.«
Das stimmte leider. »Ich könnte mich in einen großen Fisch verwandeln…«
»Ich fürchte, daß du dann von der Hundsfischschar angegriffen würdest. Nein, ich schätze, ich werde wohl selbst dafür sorgen müssen, daß ich auf die andere Seite komme. Gib mir einen Tritt, dann verwandle ich mich in eine Knochenleine, die an einem Ast auf der gegenüberliegenden Seite befestigt ist. Danach kannst du in der Gestalt eines kleinen Vogels auf die andere Seite fliegen und mich wieder einholen.«
Dieser Plan erschien Dolph sehr vernünftig. Er verwandelte sich in den Oger und verpaßte den Hüftknochen des Skeletts einen gewaltigen Tritt. Mark explodierte und formte sich zu einer Knochenleine, die über den Fluß führte. Eine Knochenhand an einem Ende bekam den Ast eines Baums zu packen und griff danach, während die gegenüberliegende Hand die Wurzel eines Baumes erwischte und sich daran festhielt.
Dolph, der sich gerade in Vogelgestalt verwandeln wollte, erinnerte sich seiner wunden Flügel. Es spielte keine Rolle, wie groß der Vogel war; denn es waren dieselben Muskeln, die ihm nun weh tun würden. Er musterte die Knochenleine und hatte plötzlich eine Idee. Er würde sie überqueren!
Nun verwandelte er sich wieder in eine Maus und kletterte an der Knochenleine empor. Dabei war er sehr trittsicher und fürchtete sich nicht im geringsten vor einem Sturz. Sollte er doch fallen, würde er sich einfach in einen Vogel verwandeln und davonfliegen; wunde Muskeln waren immer noch besser als ein kaltes Bad im Fluß!
»Ich schätze…« begann der Totenschädel in der Mitte, als er auf ihn zukam.
»Ich komme gleich rüber«, erwiderte Dolph. Weil er momentan eine Maus war, erklang nur ein Quieken, welches das Skelett unmöglich verstehen konnte. In Xanth sprachen alle Menschen dieselbe Sprache, aber dafür besaß auch jede Spezies ihre eigene, und nur wenige Wesen sprachen die Sprache anderer Spezies. Auch Mark, der ein menschliches Skelett war, sprach menschlich, ebenso andere Menschenabkömmlinge, die Elfen, Kobolde, Nymphen und Zentauren. Auch Oger sprachen menschlich, doch neigten sie dazu, sich so grobschlächtig zu äußern, daß niemand sie verstand, wenn er nicht direkt von menschlichen Vorfahren abstammte.
»… daß du dich beeilen solltest«, fuhr Mark fort.
Dolph steckte zwar nicht in Schwierigkeiten, konnte aber auch nicht die Knochenleine entlang rennen; er mußte sich vorsichtig an den Knochen festhalten. »Warum?«
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