Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
quiekte er.
    »Weil eine Harpyie kommt«, beendete Mark seine Ermahnung.
    Harpyien – das war aber keine gute Nachricht! Die waren nicht nur weiblichen Geschlechts, sie waren auch häßlich, bösartig und hungrig. Eine Harpyie konnte eine kleine Maus wie nichts schnappen und auf der Stelle herunterschlucken.
    Würde er es auf die andere Seite schaffen, bevor die Harpyie eintraf? Dolph hielt inne, um sich umzusehen, und sah, wie das üble Geschöpf sich näherte. Die Harpyie flatterte kräftig mit ihren klobigen Flügeln, eine unbeholfene Fliegerin; er würde früher am Waldrand ankommen als sie, und dort würde er sich dann verwandeln. Er wollte sich nicht schon auf halber Strecke verwandeln; das würde die Dinge nur komplizieren, vielleicht würde Mark dadurch auseinanderreißen.
    Er huschte ans Ende der Leine. Die Harpyie hatte ihn ganz offensichtlich erspäht; im Sturzflug ging sie herunter, um ihn abzufangen. Ihr übler Geruch flog ihr voraus – was für ein fürchterlicher Gestank!
    »Dich hole ich mir, du saftiges, leckeres Mäuschen!« kreischte sie. Ihre Stimme war genauso unangenehm wie ihr Geruch.
    Gerade als ihre schmutzig glitzernden Krallen nach ihm grabschten, erreichte er das Ende der Leine. Er schlang die Arme um den Baumstamm, an dem Marks Hand befestigt war und wurde zum Oger. »Du voll Gestank, brr, nein, besten Dank!« knurrte er.
    »Hoppla, habe dich gar nicht gesehen, Hübscher!« kreischte sie. »Wo ist die Maus geblieben?«
    »Ich Maus, du Laus!« versetzte Dolph. Offensichtlich begriff sie nicht, daß er ein Gestaltwandler war.
    »Wenn du meine Maus geklaut hast, hole ich mir deine Knochen!« kreischte die Harpyie. Ihre Krallen packten die Knochenleine und zerrten daran. Marks Finger wurde mit einem Ruck von dem Ast gerissen, an dem sie sich festgehalten hatten. Seine Hand schwang im Bogen in die Tiefe, bis sie das Wasser berührte. »Nein, das tust du nicht, Fischgesicht!« kreischte die Harpyie, als ein Hundsfisch nach einem der Knochenfinger schnappte. »Diese Knochen breche ich selbst auf!« Sie flatterte empor, wobei sie die Knochenleine mit sich zerrte.
    Aufbrechen? Mark war in Gefahr! Er konnte sich nicht aus eigener Kraft wieder zusammensetzen. Dolph mußte ihn retten.
    Er verwandlte sich in einen kleinen Flugdrachen und stürzte auf die Harpyie zu.
    Sie erspähte ihn und vollführte einen tolpatschigen Salto. »Ein Drache!« kreischte sie. »Wo kommt der denn her? Hilfe, Schwestern!«
    Sofort ertönte ein Chor von Kreischlauten. Die anderen Harpyien kamen! Er mußte die Knochenleine sofort an sich bringen, bevor sie eintrafen.
    Er flog auf die Harpyie zu, doch natürlich wollte sie die Leine nicht wieder herausrücken. Harpyien konnten ausgezeichnet grabschen, aber auf das Loslassen verstanden sie sich überhaupt nicht. Er ließ einen Flammenstoß auf sie los, aber sie duckte sich und flog weiter. Ein richtiger Drache hätte sie wahrscheinlich mit einer einzigen Flamme aufgespießt; aber Dolph war noch ziemlich unbeholfen, und außerdem war sein Feuer nicht sonderlich heiß.
    Mit seinen Krallen bekam er die Mitte der Leine zu packen. Er ruckte daran, wollte sie der Harpyie entreißen. Doch die ließ immer noch nicht los.
    »Ich fürchte, du wirst mich auseinanderreißen«, bemerkte Mark. »Das wäre höchst bedauerlich, denn wenn ich einige meiner Knochen einbüße…«
    Nun trafen zu allem Überfluß auch schon die ersten weiteren Harpyien ein, eine häßlicher als die andere. Mark war ernsthaft in Gefahr! Was sollte Dolph tun?
    »Vielleicht versuchen wir es einmal mit etwas Rauch«, schlug der Schädel vor.
    Rauch! Dolph wurde zu einem fliegenden Raucherdrachen. Das war eine sehr seltene Rasse, aber er konnte sich ja in alles verwandeln, ob es selten war oder häufig vorkam. Er atmete ein und erzeugte eine Bauchfüllung Qualm. Dann stieß er einen Rauchvorhang aus, der jedem echten Raucher zur Ehre gereicht hätte. Der Qualm ballte sich zu einer Wolke zusammen, die die Knochenleine und die Harpyie am anderen Ende umhüllte. Er hörte sie husten; sie mochte den Rauch nicht. Wahrscheinlich war er ihr zu sauber.
    »Sie hat losgelassen«, meldete Marks Schädel. »Flieg mit mir fort!«
    Dolph packte die Leine fester und flog in den Himmel. Die Harpyienschar erspähte ihn außerhalb der Rauchwolke und zog eine Kurve, um die Verfolgung aufzunehmen. Sie waren hinter den Knochen her wie der Teufel hinter der Seele! Kreischend schleuderten sie ihm Flüche hinterher, während sie ihm

Weitere Kostenlose Bücher