Himmels-Taler
Lager?« fragte er ätzend.
»Ich? Natürlich nicht«, erwiderte Mark.
»Schön, wie soll ich mich jemals in die Lüfte erheben, wenn immer alles schiefläuft?«
»Wenn du im Gegenwind abhebst, ist das möglicherweise effektiver.«
»Aber Gegenwind drückt mich doch zurück!«
»Ich gebe zu, daß es unsinnig klingt. Aber ich habe schon gesehen, wie Vögel genau das taten.«
»Also gut, aber wenn ich wieder abstürze, ist es diesmal deine Schuld!«
»Natürlich«, stimmte Mark ihm ohne jede Gehässigkeit zu. Sein Blut geriet nie in Wallung, weil er ja keins hatte.
Sie gingen ein Stück gegen den Wind, bis sie genügend Anlauf hatten. Dann verwandelte sich Dolph wieder einmal, orientierte sich, breitete die Flügel aus, nahm das Skelett auf und hielt inne.
Und tatsächlich hatte Mark wieder eine Idee. »Allerdings…«
Diesmal wartete Dolph, bis er fertig war.
»… solltest du vielleicht erst etwas essen.«
Essen? Gewiß, er war hungrig, aber das konnte warten. Er wollte endlich zum Schloß des Guten Magiers kommen und das Abenteuer fortsetzen!
Pumpend schlug er seine Flügel und sprang hoch. Der Aufwind packte ihn sofort und verlieh ihm ausgezeichneten Auftrieb. Jetzt war er endlich unterwegs!
Dann legte er die Flügel etwas an und glitt wieder in die Tiefe. Er vollführte eine ziemlich gute Landung, nach der er sich wieder in seine Jungengestalt verwandelte. »Warum soll ich etwas essen?«
»Weil Fliegen anscheinend sehr viel Kraft verbraucht, wie ich es sehe, und Lebewesen beziehen ihre Kraft aus der Nahrung, die sie einnehmen«, erklärte Mark.
Dolph dachte daran, was geschehen würde, wenn er über irgendeinem tiefen Ozean oder in der Nähe eines lauernden Flugdrachens keine Kraft mehr haben sollte. »In Ordnung, ich werde essen. Gib mir meinen Rucksack.«
»Ich frage mich…«
Ungeduldig grabschte Dolph nach dem Rucksack. Er fischte ein belegtes Brot hervor, dann machte er eine Pause.
»… ob Kraft relativ oder absolut ist«, beendete Mark seinen Satz.
»Was redest du da?«
»Mir ist eingefallen, daß du nur für ein paar Mahlzeiten belegte Brote hast. Die könnten länger vorhalten, wenn…«
Dolph hatte den Mund geöffnet, um einen riesigen Bissen zu nehmen, doch er biß nicht zu. Er wartete ab.
»… du sie in kleineren Mengen verzehren würdest.«
Darüber dachte Dolph nach. »Weißt du, wenn ich eine große Gestalt angenommen habe, etwa eine Sphinx, dann kann ich fürchterlich viel essen, aber selbst wenn ich danach wieder klein werde, werde ich auch wieder zur selben Zeit hungrig wie sonst. Wenn ich klein bin und esse, und wenn ich dann groß werde, werde ich trotzdem nach derselben Zeit wieder hungrig. Darüber habe ich noch nie nachgedacht.«
»Wenn du also einen Krumen in Ameisenform essen solltest, könnte dir das genauso lange reichen wie ein ganzes belegtes Brot in Jungengestalt«, meinte Mark.
»Ich schätze schon.« Dolph musterte das belegte Brot. »Aber wenn ich mich in eine Ameise verwandelte, könnte jemand auf mich treten.«
Mark brach ein winziges Stück Brot ab und hielt es in seiner Knochenhand. »Ich werde nicht auf dich treten.«
Natürlich, Mark tat nie jemandem weh. Dolph begriff, daß das ein Vorzug seines Gefährten war: ihn zu beschützen, wenn er aus irgendeinem Grund gerade angreifbar war. Natürlich würde er nicht so weit gehen zuzugeben, daß seine Mutter vielleicht recht gehabt haben könnte, als sie von der Notwendigkeit eines Begleiters sprach, aber es war nicht zu bezweifeln, daß die Sache ihre Vorteile hatte.
Er ergriff das Ende von Marks Knochenfingern mit zweien seiner eigenen Finger. Dann verwandelte er sich in eine Ameise. Plötzlich hing er mit den Härchen eines Beins von dem riesigen weißen Knochen herunter. Doch in seiner kleinen Gestalt wog er so wenig, daß es ein leichtes war sich festzuklammern, und selbst wenn er stürzen sollte, würde er sich nicht weh tun. Er kletterte auf den Finger, dann spazierte er über das Netzwerk aus Knochen, das die Hand bildete. Dort ruhte der Krumen. Er biß hinein, und es schmeckte köstlich.
Schon bald war er satt, und dabei war der Krumen erst zur Hälfte verzehrt. Er schritt zur Spitze eines Fingers, sprang herunter und verwandelte sich noch im Sprung in einen Jungen. Er fühlte sich immer noch satt. »Gehen wir!« sagte er. »Jetzt bin ich voller Kraft!«
Mark nahm wieder den Rucksack und die Kleidung auf, Dolph verwandelte sich wieder in den Rokh und hob das Skelett auf seinen Rücken. Er
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