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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Sekunde aus den Augen zu lassen. Er hörte weder das Lärmen an der Theke noch das Tellerklappern an den Nachbartischen. Er konnte nichts anderes als sehen. Laura war eine deliziöse Miniatur, so schön, als habe er sie selbst in einem seiner Träume geboren: ein helles ovales Gesicht, zwei große schwarze Augen, ein voller, dunkelroter Mund, der sich in das bezauberndste Lächeln verwandeln konnte, das er je gesehen hatte. Vor allem aber faszinierte ihn die naive und gleichzeitig schamlose Art, mit der sie sich bewegte und sich hin und wieder eine ihrer schwarzen Locken aus der Stirn blies, als könne sie damit alle Wirklichkeit vertreiben. Sie war eine Windsbrau t – Kindfrau und Femme fatale in einem. Mein Gott, was für eine Lust musste es sein, mit diesem Geschöpf sein Gelübde zu breche n …
    »Haben Sie keine Angst, sich mit Gott anzulegen? Oder mit der Polizei?«, fragte sie.
    Sie sprach in einem fast unverständlichen Kauderwelsch aus Englisch und Französisch. Doch Harry mutete es an wie eine nie gehörte Ursprache. Ihre dunkle raue Stimme klang, als würde darin ein unendlicher Reichtum an Erfahrung mitschwingen. Dabei war sie höchstens zwanzig.
    »Gott ist mein ältester Freund«, erwiderte er. »Wir treffen uns einmal die Woche, um Schach zu spielen. Obwohl der alte Mistkerl ständig mogelt.«
    »Dann bin ich gespannt, was er beim nächsten Mal zu Ihrem Auftritt in der Galerie sagen wird.«
    »Wer sich nicht traut, sich mit Gott anzulegen, ist kein Künstler. Und wer Angst hat vor der Polizei, taugt nicht mal zum Anstreicher.« Harry nahm einen Schluck von seinem Kaffee, dann wechselte er das Thema. »Sie sind mir übrigens noch eine Auskunft schuldig. Wen haben Sie mit dem Großen Zauberer gemeint?«
    Laura zögerte einen Augenblick. Mit Entzücken stellte Harry fest, dass sie errötete.
    »Ein Traum meiner Kindheit«, erklärte sie. »Fast jede Nacht erschien mir der Große Zauberer im Schlaf. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass er mich aus meinem Körper befreit. Und mich in ein Wildpferd verwandel t – oder zumindest in einen Jungen.«
    »Ein wunderbares Motiv für ein Bild.« Vor Begeisterung griff Harry nach ihrer Hand. »Haben Sie mal versucht, es zu malen?«
    »Woher wissen Sie, dass ich Künstlerin bin?«, fragte sie.
    Harry hatte es nicht gewusst, nur gehofft. »Ihre Haut verrät Sie«, sagte er. »Sie kommt zu oft mit Terpentin in Kontakt.« Warm und trocken lag ihre Hand in der seinen, ohne dass Laura den Versuch machte, sie ihm zu entziehen. Am liebsten hätte er sie geküsst. Doch er wusste, was dann passieren würde. Also legte er ihre Hand brav zurück auf den Tisch. »Erzählen Sie mir von Ihrer Malerei. Was sind Ihre Motiv e – ich meine, außer Fisch und Chips?«
    »Professor Bonenfant lässt uns immer nur Äpfel malen«, sagte sie, während sie auf ihre vereinsamte Hand schaute. »Immer wieder denselben Apfel, bis er völlig verschrumpelt und verfault ist. Dann gibt’s den nächsten.«
    »Was das wohl zu bedeuten hat?«, fragte Harry.
    Mit einem Grinsen blickte Laura zu ihm auf. Offenbar hatte sie die Anspielung verstanden.
    »Weshalb haben Sie eigentlich dieses komische Gelübde abgelegt?«, wollte sie wissen. »Weil Sie schon so alt sind?«
    »Dann wäre das nichts, worauf ich stolz sein könnte«, seufzte er. »Nein, im Gegenteil. Ich bin es leid, ständig von Dada herumkommandiert zu werden. Er schert sich einen Dreck um mein Alter. Nie gibt er Ruhe, immer ist er auf der Suche.«
    »Dada?« Laura runzelte die Stirn.
    »Mein Alter Ego. Das Vogelwesen auf meinen Bildern. Außerde m … – Aber das kann ich nicht sagen, ohne zu erröten.«
    Wieder wärmte dieses Lächeln ihr Gesicht. »Hab schon verstanden. Möge er ruhen in Frieden …«
    Harry war jetzt so begeistert, dass er seine Hände unter die Schenkel klemmen musste. Vorsicht: Erektionsgefahr! Nur über seine Augen war er nicht Herr. Obwohl er ihnen befahl, sich abzuwenden, saugten seine Blicke sich an Laura fest. Was für eine Küsserin würde sie wohl sein? Küsste sie nach Taubenart, ohne Hintergedanken? Oder bevorzugte sie vielleicht mondäne Küsse?
    »Haben Sie schon mal was von Sigmund Freud gelesen?«, fragte er.
    »Nein. Aber umso mehr Spaß macht es, über ihn zu reden.«
    »Dann muss ich Ihnen ja nicht erklären, was Sublimation ist«, sagte er. »Mein Leben lang habe ich meine Kräfte in der Liebe vergeudet, nun will ich mich endlich auf meine Kunst konzentrieren. Und auf meine Mission. Die

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