Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
Vom Netzwerk:
hätte.
    Am nächsten Vormittag, Papa war bereits bei der Arbeit, klingelte es an der Tür. Sollte es doch. Es klingelte erneut, dann schwoll das Klingeln zu einem Sturm an. Da war aber jemand hartnäckig. Ich begann mir Sorgen zu machen. Als jemand gegen die Wohnungstür bollerte, bekam ich es mit der Angst zu tun. Es könnten Huntsmen sein! In dem Fall war ich geliefert. Verdammt, ich hatte nicht einmal mein Handy, das lag in Marlons verfluchtem Dracheneingeweidezimmer. Unser Festnetztelefon stand im Korridor, man würde mich von draußen hören, wenn ich die Polizei anrief.
    Ich schlich aus meinem Zimmer. Ungewissheit verursacht die schlimmste Furcht, besser, ich fand heraus, wer da vor der Tür stand. Vorsichtig lugte ich durch den Spion.
    Corbin.
    Was zum Geier wollte der denn hier?
    Ich öffnete, ehe die Nachbarn auf ihn aufmerksam wurden.
    Â»Hi.« Betretene Pause. »Kann ich reinkommen?« Ich zuckte mit den Schultern, machte ihm aber keinen Platz. Er seufzte. »Dann halt nicht, hör mir nur zu. Mein Bruder geht vor die Hunde, weil –«
    Â»Das ist nicht meine Schuld«, unterbrach ich ihn, ließ ihn jedoch in die Wohnung. Das war kein Thema, das belauscht werden sollte.
    Â»Nein, ist es nicht. Es ist meine. Anderenfalls wäre ich auch kaum hier.«
    Ich sah ihn eisig an. »Freut mich, dass es dir besser geht.«
    Â»Lenk nicht ab.« Sein Gesicht verfinsterte sich, offenbar war ich zu weit gegangen. Gut. »Das gestern war nicht Marlons Schuld. Der Plan stammt ursprünglich von ihm, ja, wir haben das schon mal durchgezogen. Aber er hat nie gewollt, dass wir das für dich inszenieren.«
    Â»Willst du mir jetzt sagen, dass er mir vertraut?«
    Â»Das glaube ich nicht. Du musst zugeben, dass die Zufälle um dich herum schon bemerkenswert waren. Deshalb bin ich dir auch heimlich gefolgt. Gegen seinen Willen, falls es dich interessiert. Der Teufel soll Marlon holen, aber wer und was du bist, ist ihm egal. Er wollte dir vertrauen, egal wie erdrückend die Beweislage gegen dich war. Wir haben das nicht zugelassen.«
    Â»Wie rührend«, erwiderte ich patzig, aber innerlich kämpfte ich mit den Tränen. »Hör mal, Corbin, es spricht für dich, dass du das wieder geradebiegen willst. Aber wozu? Du hast selbst gesagt, dass es keine Hoffnung gibt. Ihr werdet gehen und –« Der plötzliche Schmerz in seinen Augen ließ mich innehalten.
    Â»Dann können wir uns also gleich erschießen, Noa? Wenn die Zeit, die wir haben, zu wenig und nicht gut genug ist, dann können wir sie auch wegwerfen, oder?« Zornig stieß er die Luft aus. »Sag mir, wie viel Zeit du brauchst, um sie als wertvoll betrachten zu können.«
    Ich schwieg.
    Â»Sag Marlon, dass er dir nicht geben kann, was du willst. Dass er dir nicht genug ist. Sag es ihm! Ins Gesicht.« Corbins Stimme wurde wieder sanfter. »Noa, ich habe meinen Bruder ewig nicht mehr glücklich erlebt. In den letzten beiden Wochen hat er mehr gesprochen als in den zehn Jahren zuvor. Lass ihn nicht im Stich. Nicht jetzt.«
    Er ist es, der mich im Stich lässt, wollte ich ihm entgegenschreien, aber mir kam nur ein Schluchzen über die Lippen. Im Gegensatz zu mir hatte Marlon keine Wahl. »Es ist so schwer«, wisperte ich und verlor meinen Kampf gegen das Weinen.
    Corbin streckte die Hand aus. Zunächst dachte ich, er wollte mich in den Arm nehmen, was ich nicht zugelassen hätte, weil es zu viel gewesen wäre. Stattdessen berührte er mit der Faust meine Schulter, so wie er es bei Marlon oft tat. Eine leichte Berührung, die mich schwanken ließ, so nahe ging sie mir.
    Â»Finde ich auch«, sagte er leise.
    Marlon wartete im Wagen. Durch die Scheibe des Beifahrerfensters sah er gereizt aus, wie ein wildes Tier hinter Sicherheitsglas. Als er mich mit Corbin aus dem Haus kommen sah, änderte sich sein Gesichtsausdruck und wurde zu jenem misstrauischen Abwarten, das ich schon kannte.
    Corbin öffnete die Tür, zog seinen Bruder unwirsch aus dem Auto und schubste ihn ein Stück in meine Richtung. »Ruf an, wenn du nach Hause willst, vielleicht hole ich dich ab«, meinte er lapidar und stieg auf der Fahrerseite ein.
    Â»Das solltest du. Es ist mein Auto.« Marlon meinte Corbin, sah aber mich an. Ich versuchte zu lächeln, es ging schief.
    Corbin fuhr mit quietschenden Reifen an.
    Marlon öffnete den Mund, schloss ihn wieder und

Weitere Kostenlose Bücher