Himmelsgöttin
haben, mir die ganzen Instrumente zu erklären.« Sie beugte sich vor und küßte ihn auf die Stirn, wobei sie ihre warmen Lippen ein klein wenig zu lange auf seine Haut drückte. Tuck sah vor seinem geistigen Auge, wie ihre Zunge hervorschnellte, sich durch seinen Schädel bohrte und das Lustzentrum in seinem Gehirn abschleckte. Er roch den schweren Moschusgeruch ihres Parfums, und seine Augen blickten genau auf ihre Brüste, die sich ihm in voller Pracht darboten, während sie sich vornüberbeugte. Ihm war, als blickte er in den Lichtbogen eines Schweißgeräts, und er glaubte, dieses himmlische Bild würde noch stundenlang vor seinen Augen herumspuken. Ein gähnender Abgrund völliger Stille tat sich auf und zerrte seine Aufmerksamkeit wieder zurück ins Zimmer.
»Das ist sehr großzügig«, sagte er. »Aber es hätte noch Zeit gehabt. Ist ja nicht so, daß ich viel Gelegenheit hätte, es auszugeben.«
»Ich weiß. Aber ich wollte Ihnen einfach noch einmal meinen Dank aussprechen. Persönlich. Ohne daß Sebastian in der Nähe ist. Und ich dachte, Sie könnten mir vielleicht noch ein paar Feinheiten der Fliegerei erklären. Es ist ja so aufregend.«
Ohnehin kein Mann fester Vorsätze und eisenharter Prinzipien, bewirkte die Kombination aus optischen und olfaktorischen Reizen gepaart mit Schmeichelei, daß Tucks innerer Autopilot sich einschaltete und ihn zielstrebig in Richtung der Verlockungen steuerte. Doch ein Blick über ihre Schulter hinweg auf das Bett genügte, um den Mechanismus abzuschalten. Jegliches sexuelle Verlangen wurde zunichte gemacht vom Anblick der Attrappe, die ihren Kokosnußkopf schüttelte. Er schaute sie an und blickte ihr in die Augen – und zwar nur in die Augen. »Vielleicht lieber morgen«, sagte er. »Ich bin völlig erledigt. Ich wollte mich nur noch mal duschen und dann ins Bett gehen.«
Für den Bruchteil einer Sekunde verschwand das Kleinmädchenlächeln von ihrem Schmollmund, und ihre Lippen zogen sich zu einer dünnen roten Linie zusammen. Doch dann kam das Lächeln wieder zum Vorschein, und Tuck fragte sich, ob er sich den Wechsel nicht vielleicht nur eingebildet hatte.
»Nun denn, dann morgen«, sagte sie und zog den Kimono zusammen, als sei ihr in diesem Augenblick erst aufgefallen, daß er aufgegangen war. »Wir sehen Sie dann um sieben.« Sie wandte sich zur Tür und warf Tuck beim Hinausgehen ein Paradelächeln zu, wieder einmal ganz der Liebling der Eisenhower-Ära.
Als er sicher sein konnte, daß sie weit genug weg war, lief Tuck zum Bett und nahm die grüne Kokosnuß in die Hand. »Was zum Teufel sollte denn das gerade?«
Die Kokosnuß gab keine Antwort. »Fein«, sagte Tuck und legte die Kokosnuß wieder an Ort und Stelle. »Ich bin nicht im geringsten beeindruckt. Das läßt mich alles völlig kalt und ungerührt. Wahnsinn gehört zu meinem Geschäft.« Doch selbst in dem Augenblick, da er dies sagte, in dem Bestreben, seine Halluzination abzutun als eine Warnung der Vernunft, war er hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen nach Alkohol und dem Verlangen nach einer Frau. Und beides zerrte an seinen Eingeweiden wie mit rostigen Angelhaken. Also schaltete er das Licht aus und folgte seinem Verlangen durch die Luke im Boden seines Badezimmers hinaus auf die vom Mondschein erleuchtete See.
Vierzig Minuten später nahm er Platz in der Runde der Haifischmenschen. Häuptling Malink erhob sich und begrüßte ihn mit einem krachenden Schlag auf den Rücken. »Schön, dich zu sehen. Was macht dein Prachtstück?«
»Wächst und gedeiht, daß es eine wahre Freude ist«, kam Tucks automatische Antwort auf diese unter Truckern und Cowboys typische Frage, wobei er sich allerdings wunderte, woher der Häuptling sie wohl kannte. »Aber ich fühle mich ein bißchen ausgetrocknet.«
Ein dicker junger Mann namens Vincent war an diesem Abend mit dem Einschenken betraut, und mit einem Lächeln reichte er nun Tucker die Kokosschale. Tuck nippte zunächst nur und kämpfte gegen den Würgereiz an, der sich beim ersten Schluck immer einstellte, um schließlich doch einen tiefen Zug von dem Kokoslikör hinunterzukippen und die Zähne fest zusammenzubeißen, damit er auch unten blieb.
Die älteren Männer in der Runde schienen in rechter Feierlaune. Sie plapperten in ihrer Eingeborenensprache fröhlich durcheinander, während die jüngeren Männer auf Tuck den gegenteiligen Eindruck machten. Sie saßen da mit griesgrämigen Mienen und gruben ihre Zehen in den Sand wie kleine Jungs,
Weitere Kostenlose Bücher