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Himmelsgöttin

Himmelsgöttin

Titel: Himmelsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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auf.
    Malink lehnte sich an den Mahagonibaum und blickte durch den Blätterbaldachin zum Himmel. Er spürte ein Kribbeln auf der Haut, und sein Atem ging ruhig und frei. Die Schmerzen in seinen Knien hatten sich verflüchtigt. Er fühlte sich leicht und stark und erfüllt, und jeder Ruf eines Vogels, jedes Rascheln in den Blättern des Waldes oder jedes Krachen einer Welle erschien ihm als Teil eines großen, wundervollen Liedes.
     

59
Ruft die Kavallerie
     
    Sie hatten Guam ebenso verfehlt wie Saipan (in der Nacht daran vorbeigesegelt). Des weiteren sämtliche Inseln der nördlichen Marianengruppe (mangelnde Sicht infolge Nebels) sowie Johnston Island und sämtliche Schiffe auf hoher See (kein spezieller Grund, einfach nur so dran vorbeigefahren). Die Sonnenmilch war ihnen am siebten Tag ausgegangen. Ihr Trinkvorrat an Kokosnüssen war am vierzehnten Tag zu Ende gewesen.
    Sie hatten immer noch etwas Haifischfleisch, das getrocknet und geräuchert war, aber ohne Wasser bekam Tuck davon nicht einen einzigen Bissen herunter. Und zu trinken hatten sie nun schon einen ganzen Tag nichts mehr.
    Sie waren drei Tage auf See gewesen, bevor Sepie aus ihrem katatonischen Zustand erwacht war. Und nachdem sie einen Tag lang nur geschluchzt und geweint hatte, fing sie an zu reden.
    »Ich vermisse ihn«, sagte sie. »Er mir zuhören. Er mich mögen, auch wenn ich böse zu ihm.«
    »Ich auch. Ich hab ihn auch manchmal fies behandelt. Er war ein guter Kerl. Ein guter Freund.«
    »Er dich lieben sehr viel«, sagte Sepie. Und wieder fing sie an zu weinen.
    Tuck blickte zu Boden und verbarg sein Gesicht, damit sie seine Augen nicht sehen konnte. »Es tut mir leid, Sepie. Ich weiß, daß du ihn geliebt hast. Ich hatte nicht vor, ihn in Gefahr zu bringen. Ich hatte nicht vor, dich in Gefahr zu bringen.«
    Sie kroch an sein Ende des Kanus und legte sich in seine Arme. Er hielt sie lange fest und wiegte sie, bis sie aufhörte zu weinen. Er sagte: »Du wirst sehen, es wird schon wieder.«
    »Kimi sagen, eines Tages er würde mit mir nach Amerika segeln. Wirst du mich mitnehmen?«
    »Sicher. Es wird dir dort gefallen.«
    »Erzähl mir«, sagte sie.
    Sie fragte Tuck Löcher in den Bauch über alles, was mit Amerika zu tun hatte, vom Fernsehen bis zu Tampons. Tuck lernte etliches über Männer – wie simpel sie waren und wie einfach zu manipulieren, wie gut eine Frau sich in ihrer Gegenwart fühlte, wenn sie nett zu ihr waren, und wie sehr sie eine Frau verletzten konnten, indem sie starben. Das Mitteilen von Dingen, mit denen sie sich auskannten, gab ihnen das Gefühl von Klugheit, und indem sie abwechselnd die Aufgabe übernahmen, das Boot zu steuern, verliehen sie sich gegenseitig das Gefühl von Sicherheit. Es war leichter, in dieser kleinen Welt an Bord eines Kanus zu leben, als sich der endlosen Leere des Ozeans zu stellen. Sepie ging dazu über, sich an Tucks Brust zu kuscheln, um zu schlafen, während er steuerte. Und zweimal schlief Tuck in ihren Armen ein, und das Boot trieb über Stunden steuerlos dahin. Tuck ließ sich davon nicht irritieren. Er hatte sich damit abgefunden, daß sie sterben würden. Es erschien ihm nun so leicht, daß er sich fragte, warum er sich überhaupt so eine Mühe gegeben hatte, dem Tod auf der Insel zu entkommen.
    Roberto hatte seit der ersten Nacht nicht mehr gesprochen. Er hing an seiner Leine und deutete mit der Klaue seines Flügels in eine bestimmte Richtung, wann immer Tuck ihn anrief. Als Tuck noch Berechnungen anstellte, mutmaßte er, daß sie sich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fünf Knoten bewegten. Bei fünf Knoten und vierundzwanzig Stunden am Tag, mal vierzehn Tage, so rechnete er sich aus, müßten sie eine Strecke von über dreitausend Kilometern zurückgelegt haben. Folglich müßten sie seinen Berechnungen zufolge eigentlich durch die Innenstadt von Sacramento segeln. Doch seine Berechnungen waren keinen Deut besser als seine Navigationsfähigkeiten.
    Am fünfzehnten Tag erhob sich Roberto in die Lüfte, und Tuck schaute ihm nach, bis er nichts weiter war, als ein Pünktchen am Horizont, bevor er schließlich ganz verschwand. Tuck machte ihm keinen Vorwurf. Er fügte sich in seinen eigenen Tod, aber er wollte nicht zusehen, wie Sepie vor ihm starb. Bei Sonnenuntergang band er das Steuerruder los, nahm Sepie in die Arme und legte sich am Boden des Bootes nieder, um zu warten.
    Später, irgendwann – er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, aber es war noch immer dunkel

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