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Himmelsgöttin

Himmelsgöttin

Titel: Himmelsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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konnte einige kleine Bungalows erkennen, die in der Nähe des Strands standen, dann war da noch ein kleines Dock sowie der Blocksteinbau, in dem das Krankenhaus untergebracht war, dessen Blechdach von Antennen, Solarzellen und einer mächtigen Satellitenschüssel beherrscht wurde.
    Tuck trat vom Fenster zurück und setzte sich auf die Rattancouch. Er war nur ein paar Minuten auf den Beinen gewesen, und schon fühlte er sich völlig erschöpft. Er wog nun zwanzig Pfund weniger als zum Zeitpunkt seiner Abreise aus Houston, und auf seinem gesamten Körper gab es nicht eine einzige Stelle, die größer gewesen wäre als eine CD-Hülle, auf der nicht ein Pflaster oder ein Verband oder ähnliches klebte. Der Doc hatte ihm erzählt, daß die Schnittwunden auf seiner Kopfhaut, seinen Armen und Beinen an etwa hundert Stellen genäht worden waren, und wenn er sich nun im Spiegel betrachtete, so stellte er fest, daß er aussah wie die menschliche Version des räudigen Straßenköters, den er auf Truk gesehen hatte. Seine blauen Augen lagen eingesunken wie trübe Eiswürfel in den braunen Kratern seiner Augenhöhlen, und seine Wangen waren eingefallen wie bei einer mumifizierten Moorleiche. Seine Haar war von der Sonne schlohweiß ausgebleicht und wucherte wie trockene Strohbüschel aus seinem Schädel, der übersät war mit kahlen rosa Stellen, wo der Doktor ihn rasiert hatte, um ihn wieder zusammenzuflicken. Er tröstete sich mit der Tatsache, daß es auf der Insel keine Frauen gab, die ihn sehen konnten – jedenfalls keine richtigen Frauen. Die Frau des Doktors, die mehrmals am Tag vorbeikam, um ihm Essen zu bringen und seine Verbände zu wechseln, wirkte roboterhaft wie eine Kreuzung aus einer Stepford- und einer Barbiepuppe; sie hatte die geschlechtslose Geschmeidigkeit eines Mannequins, gepaart mit der Persönlichkeit aus einem Waschmittelwerbespot der Eisenhower-Ära. Im Vergleich zu ihr erschienen die zugeknöpften Kosmetikberaterinnen aus Tuckers Vergangenheit wie ein Stamm nymphomanischer Kopfjägerinnen, deren Interesse allerdings tieferen Regionen der menschlichen Anatomie galt.
    Es klopfte kurz an der Tür, und gleich darauf kam Beth Curtis hereingerauscht, auf dem Arm ein Tablett mit Tellern voller Pfannkuchen und frischem Obst. »Mr. Case, Sie sind ja auf. Fühlen Sie sich heute schon besser?«
    Sie stellte das Tablett auf den Couchtisch vor ihm und trat zurück. Heute trug sie Khakihosen mit Bügelfalten und eine weiße Bluse mit Schulterpolstern. Ihre Haare waren zurückgekämmt und wurden von einer großen schwarzen Schleife in ihrem Nacken gehalten. Sie sah aus, als wäre sie geradewegs aus einem Safari-Film mit Stewart Granger herausspaziert.
    »Ja, es geht mir besser«, sagte Tuck. »Aber ich bin schon wieder völlig erledigt, dabei bin ich bloß zum Fenster gelaufen.«
    »Ihr Körper kämpft noch gegen die Infektion an. Der Doktor wird Ihnen demnächst ein paar Antibiotika geben. Im Augenblick müssen Sie erst mal was essen.« Sie setzte sich auf den Sessel ihm gegenüber.
    Tuck trennte mit der Gabel ein Eckchen aus dem Stapel Pfannkuchen und spießte es zusammen mit einem Stück Papaya auf. Nachdem er den ersten Bissen verdrückt hatte, merkte er, wie hungrig er war, und machte sich über die Pfannkuchen her wie ein ausgehungerter Wolf.
    Beth Curtis lächelte. »Haben Sie schon mal einen Blick in die Handbücher für das Flugzeug geworfen?«
    Tuck nickte mit vollem Mund. Sie hatte ihm die Bedienungsanleitungen vor zwei Tagen dagelassen. Er hatte sie zwar nur überflogen, doch er wußte, daß er das Ding fliegen konnte. Er schluckte und sagte: »Für Mary Jean bin ich eine Lear 25 geflogen. Die hier ist ein bißchen schneller und hat eine größere Reichweite, aber ansonsten gibt's kaum Unterschiede. Sollte kein Problem sein.«
    »Oh, gut«, sagte sie und zauberte wieder ihr Plastiklächeln aufs Gesicht. »Wann sind Sie soweit, daß Sie fliegen können?«
    Tucker legte seine Gabel hin. »Mrs. Curtis, ich will ja nicht unhöflich sein, aber was zum Teufel ist hier los?«
    »Inwiefern, Mr. Case?«
    »Na ja, erstens insofern, als noch ein Mann bei mir war, als ich auf die Insel kam. Ich war zwar krank, aber ich hatte keine Halluzinationen. Ein alter Eingeborener hatte uns in einem Baum aufgehängt, und ein paar andere haben uns wieder abgeschnitten. Was ist mit meinem Freund passiert?«
    Sie rutschte in dem Sessel herum, daß das Geflecht zu knacken begann wie eine Ratte, der die Knochen gebrochen wurden.

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