Himmelsjäger: Roman (German Edition)
sich nun über den niedrigsten Wolken, und der Blick reichte noch weiter. Cliff sah vom Rand der Schale in Richtung Astloch und beobachtete das langsame Wabern des Jets, der wie eine rot-orangefarbene Himmelsschlange wirkte. Sein Blick folgte ihm bis zur Öffnung in der Mitte der Schale, wo Dunst ihn daran hinderte, Einzelheiten zu erkennen. Davor erstreckte sich ein viele Millionen Kilometer durchmessender gewölbter Bereich aus Spiegeln.
Cliff wollte sich gerade abwenden, als er etwas bemerkte.
Ein Funkeln und Glitzern fiel ihm auf, und er gewann den Eindruck von Bewegung. Wurden die Spiegel neu ausgerichtet, um den Jet zu verändern und sein Wabern zu stabilisieren?
»Lasst uns dorthin fahren.« Cliff streckte die Hand aus. »Wer auch immer die Geschicke dieser künstlichen Welt bestimmt – er wohnt dort.«
»Wir haben nicht die geringste Ahnung, was uns dort erwartet«, sagte Howard.
»Wir haben überhaupt keine Ahnung!«, entfuhr es Irma.
»Vielleicht brauchen wir einen noch besseren Überblick«, erwiderte Cliff.
»Nach oben«, sagte Aybe.
Der Magnetwagen glitt weiter an den Flanken des Berges empor, der viel höher war, als sie zunächst angenommen hatten. Schließlich machten sie an einer Stelle Rast, wo einige spiralförmige Bäume wuchsen. Ihre großen Blätter eigneten sich als Ersatz für Toilettenpapier und auch dafür, Fische zum Kochen darin einzuwickeln. Terry hatte inzwischen einige Kräuter entdeckt, die ihren Speisen einen angenehm aromatischen Geschmack verliehen. Cliff nahm die Fische aus, die sie in einem kleinen See fingen, und prägte sich dabei die Besonderheiten ihrer Organe und inneren Strukturen ein.
Sie alle genossen die Aussicht. Auf der einen Seite erstreckte sich ein metallisch blaues Meer bis in weite Ferne. Der flache Horizont zu beiden Seiten verschwand im Dunst, und das Meer wirkte nicht konkav, einfach nur gewaltig.
Auf der Erde gab es Geschöpfe, die in den Tiefen der Ozeane lebten, in einer Welt ewiger Finsternis. Hier war es immer hell; die Sonne ging nie unter und ermöglichte allen Lebewesen ständige Orientierung. Die Tiere verkrochen sich irgendwo, um im Dunkeln zu schlafen, mit Ausnahme einiger karnivorer Echsen, die Cliff beim Dösen im Sonnenschein beobachtet hatte.
Terry kam und setzte sich neben ihn, um ebenfalls die Aussicht zu genießen. Sie schwiegen – die Zeit des Smalltalks war längst vorbei. Die endlosen Tage setzten ihnen allen zu. Selbst ihre besonders strapazierfähige Enduro-Kleidung zeigte unübersehbare Abnutzungserscheinungen. Sie machten halt, wann immer sie einen Bach oder See fanden, nutzten dann die Gelegenheit zu einem Bad. Aber die meiste Zeit über stanken sie. Die Männer hatten zottelige Bärte, und Irmas Haar wurde immer länger – wenigstens schützte beides vor dem UV-Licht von Sonne und Jet. Für die Mission der SunSeeker waren nur kräftige, gesunde Individuen ausgesucht worden, doch der lange Aufenthalt im Freien zerrte immer mehr an ihren Kräften. Am schlimmsten war die Aussicht, dass in absehbarer Zeit keine Verbesserung der Situation zu erwarten war.
»Dort«, sagte Terry und zeigte mit dem ausgestreckten Arm. »Das ist schalenaufwärts, nicht wahr?«
»Du meinst höhere Breiten?« Cliff warf einen Stein und beobachtete, wie er unter ihnen über den schiefergrauen Hang tanzte, bevor er in der dunstigen Tiefe verschwand.
»Ja, an den Spiegeln vorbei. Es müssen mindestens hundert Millionen Kilometer von hier sein.«
»Ziemlich weit«, sagte Cliff und war abgelenkt von etwas, das er gesehen hatte. Er hob den Feldstecher vor die Augen und richtete ihn auf die Spiegelzone, dorthin, wo ein buntes Blitzen begonnen hatte. Zahlreiche Spiegel gewannen die gleiche Farbe und formten … ein Bild.
Cliff starrte mit offenem Mund.
»Sieh dir das dort an«, wandte er sich an Terry. »Was erkennst du?«
»Na schön. Ich … Lieber Himmel, das ist ein Gesicht!«
»Nicht nur irgendein Gesicht, sondern das eines Menschen.«
»Was?« Terry schwieg einige Sekunden und hielt Ausschau. »Meine Güte, du hast recht! Es ist das Gesicht einer Frau.«
»Ich kenne sie gut«, sagte Cliff. »Wir kennen sie alle. Es ist Beth.«
»Mein Gott … ja.«
»Und ihre Lippen bewegen sich.«
»Ja. Ich habe früher mal von den Lippen lesen können … Ich glaube, sie sagt ›Komm!‹.«
Cliff stellte fest, dass er den Atem anhielt. »Ich habe mich also nicht geirrt.«
»Komm … zu … mir. Das wird ständig wiederholt.«
Das Gesicht in den
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