Himmelsjäger: Roman (German Edition)
vorbereitet gehalten …
Sie lächelte bei diesen Erinnerungen an ihr früheres Selbst und schob sie sanft beiseite. Wie hatte ihr Mantra an der Highschool gelautet? Sei jetzt hier.
Cliff sprach, und seine Worte waren warm und ruhig. »Alles ist in bester Ordnung.«
Und sie antwortete mit einem Krächzen: »Wenn du da bist, muss alles in Ordnung sein.«
Seine Hände fühlten sich wundervoll an, und Beth befolgte seine geflüsterten Anweisungen, legte sich zurück und genoss es einfach, von ihm berührt zu werden. Sie roch die kühle, metallische Luft und glaubte zu fühlen, wie das Blut in ihr zirkulierte, so schnell wie seit vielen, vielen Jahren nicht mehr, wie es erstarrtes Gewebe erreichte und ihm neues Leben gab. Ein Prickeln erfüllte sie, und Wellen des Wohlbehagens zogen durch ihren Leib. Oh, von mir aus könnte es noch eine Weile so weitergehen.
Dann hörte sie das Knurren des Schiffs.
Die meisten Menschen an Bord hatten sich noch vor dem Start der SunSeeker in den Kälteschlaf zurückgezogen, aber Beth war ein Jahr lang wach geblieben, während das Schiff beschleunigte. Sie erinnerte sich daran, wie gut es sich angefühlt hatte, am »Ruder« des Schiffes zu sitzen, obwohl sie dort eigentlich gar nicht gebraucht wurde, da sich die KIs um alles kümmerten, insbesondere um die Magnetfelder und die leptonkatalytische Fusion.
Sie wusste sofort, was es mit den Geräuschen auf sich hatte. Und selbst wenn sie sie nicht gehört hätte – die Vibrationen boten einen klaren Hinweis.
Der subtile Tenor im Hintergrund, der eine umgekehrte Konfiguration verriet und zeigte, dass die SunSeeker bremste – er fehlte.
Sie lauschte, während Cliffs Worte sie zurück im Leben willkommen hießen, und begriff: Nein, sie hatten Glory noch nicht erreicht. Und nein, es war nicht alles in bester Ordnung.
Redwing versuchte wie immer, einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren und sich nichts anmerken zu lassen, aber er gab trotzdem so etwas wie wachsames Widerstreben preis.
Ihm gefiel keine der am Tisch zu Sprache gebrachten Alternativen, ebenso wenig wie den anderen. Das Lächeln auf seinen Lippen sollte unverbindlich wirken, doch Cliff sah die Skepsis darin – Redwing wollte keinen endlos langen mageren Jahren entgegensehen, in der Hoffnung, dass der Antrieb des Schiffs wieder schneller arbeitete.
Abduss machte sich Notizen auf einem Tablet. Inzwischen konnte Cliff seine Mimik ziemlich gut deuten. Der Mann war ruhig, zuverlässig und risikoscheu, stand radikal neuen Ideen mit automatischem Argwohn gegenüber – genau die richtige Mischung für jemanden, der zu einer Wache gehörte, die sich viele Jahre ums Schiff kümmerte. Aber trotzdem spielte Abduss mit der Idee und schien immer mehr Gefallen an ihr zu finden. Zusammen mit den anderen teilte er eine große Entdeckung, und allmählich dämmerte ihm, dass er mehr wollte. Das galt auch für Cliff.
Aber vor allem wollte Cliff leben. Mit Beth. Sie konnten heiraten, nach der längsten Brautwerbung in der menschlichen Geschichte.
Cliff machte nicht den Fehler, das Schweigen in der Offiziersmesse zu beenden. Beth fühlte deutlich, wie viel auf dem Spiel stand, und ihr aufmerksamer Blick bemerkte die Anzeichen der Anspannung: Redwings gefaltete Hände; Abduss und Mayra, die auf ihre Tablets starrten. Das Hintergrundgrollen des Ramscoop-Triebwerks kam einer ständigen Erinnerung gleich; Newtons Gesetze duldeten keinen Aufschub. Redwing schaute ins Leere, und schließlich hob Abduss den Kopf. »Ein entsprechendes Manöver wäre möglich, ja. Aber große Vorsicht ist dabei geboten.«
»Was halten Sie davon, Beth?«, fragte Redwing leise.
»Ich bin ziemlich sicher, dass das Schiff präzise genug gesteuert werden kann«, antwortete sie. »Mit Delta-V und Zielausrichtung bleiben wir im Rahmen der technischen Spezifikationen. Ich kann die Kommandodeck-KIs abstimmen, damit es glattläuft. Das Manöver wird zehn Tage dauern. Aber ich wünschte, wir wüssten, warum das Triebwerk nicht wie vorgesehen funktioniert.«
»Diesen Wunsch teilen wir alle«, sagte Redwing reumütig. »Doch wir müssen mit dem vorliebnehmen, was wir haben.«
Frische Luft schien plötzlich ins Zimmer geströmt zu sein. Vier Gesichter wandten sich dem Captain zu und warteten.
Sie hatten ihn geweckt, damit er eine Entscheidung traf, und bisher war er dieser Pflicht aus dem Weg gegangen. Die neuerliche Stille gab Cliff Gelegenheit, über seine eigenen Ideen nachzudenken und sich zu fragen, ob er ihnen weit
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