Himmelsschatten
Handkontrollen ausgestattet war. »Einen Vorteil hat dieses Behindertenauto, vielleicht ist es sogar der einzige: Ich muss nicht auf der anderen Seite des Geländes parken.«
Der frühere Harley Drake, Mustangfahrer, hätte an dieser Stelle gesagt: »Bis wir wieder beim Home-Team sein müssen, haben wir zwei Stunden Zeit …« Und wäre wahrscheinlich mit Sasha Blaine losgebraust, um einen angenehmen Nachmittag zu verbringen.
Aber dieser Harley war auf einen Rollstuhl angewiesen, hatte eine Rückgratverletzung und konnte sexuell nicht mehr aktiv sein.
Dieser Harley Drake war auch Leiter des Home-Teams und Protokollchef für den Umgang mit Aliens.
Mit einem Schlüssel öffnete er die Seitentür und wartete darauf, dass der Speziallift ausfuhr. »Wir sehen uns dann in einer Stunde im Center.«
Und Blaine sagte: »Ach, Sie können sich irgendwohin verziehen, wo es schöner ist?« Daraus musste Harley schließen, dass sie hoffte, er hätte etwas Vergnüglicheres im Sinn.
»Ja«, antwortete er. »Keine Sorge. Ich erzähle Ihnen alles darüber, wenn ich wieder zurück bin.«
6
»Mir würde es gar nicht gefallen, zweimal zu sterben. Es ist so langweilig.«
RICHARD FEYNMANS LETZTE WORTE
Rachel wachte in ihrem eigenen Schlafzimmer auf, verwirrt und nicht sonderlich ausgeruht. Das Licht war falsch – es schien hell durch die Blendläden. Nein, es war richtig, denn es war bereits Nachmittag … sie hatte sehr lange geschlafen.
Aber die Geräusche im Haus stimmten nicht. Sie hörte das Summen der Klimaanlage. Das war das Problem: Rachel konnte tatsächlich hören, wie die Anlage arbeitete.
Das hieß, dass etwas fehlte.
Während der letzten zwei Jahre hatte sie sich daran gewöhnt, das Haus ganz für sich allein zu haben. Ihr Vater legte Wert darauf, zu Hause zu sein, wann immer sie anwesend war … er hatte seinen Arbeitsplan so arrangiert, dass er Telearbeit machen konnte, wenn sie am Nachmittag von der Schule heimkam. Entweder setzte er sich dann an den Küchentisch, während Rachel vorgab, ihre Hausaufgaben zu machen, oder er saß mit seinem Tablet- Computer an der Seitenlinie des Fußballfeldes, wenn Rachel trainierte, bis Rachel ihm schließlich sagte, sie verabscheue Fußball und würde den Sport aufge ben … und sich zwischen drei und sechs Uhr nachmittags generell mit anderen Dingen beschäftigte.
Aber immer, wenn Zack zu Hause war, hörte er Musik … Country, klassische Musik, fürchterlichen Pop aus den Neunzigerjahren; es schien ihm egal zu sein, Hauptsache, Geräusche füllten das Haus.
Als könnte ihr Vater die Stille nicht ertragen. Früher, als Rachel mit Zack noch richtige Gespräche geführt hatte – die nicht gleich in Streit ausarteten –, hatte sie manchmal daran gedacht, ihn nach dem Grund für diese ständige Musikberieselung zu fragen … doch da sie glaubte, die Antwort zu kennen, hatte sie letzten Endes darauf verzichtet.
Und jetzt … würde sie vielleicht keine Gelegenheit mehr haben, ihm diese Frage zu stellen.
Ihr Vater war irgendwo auf Keanu, unerreichbar, und laut Angaben der NASA ohne Sauerstoff, Nahrung und Wasser … und auf irgendeine Weise hatte er Kontakt mit der verstorbenen Megan Stewart. Ihrer Mutter.
Vielleicht hätte sie doch das Beruhigungsmittel nehmen sollen, das Jillianne Dwight ihr angeboten hatte. Wenn es draußen nicht so unerträglich heiß gewesen wäre, hätte sie sich auf die Veranda geschlichen und einen Joint geraucht.
Die Heimfahrt war eine Tortur gewesen. Amy quasselte pausenlos über all das unheimliche Zeug, das sie gesehen hatte, und dass sie es kaum abwarten könnte, allen zu erzählen, wie sie und Rachel beinahe vom FBI festgenommen worden wären. Die Tatsache, dass Rachel mit einem Wesen gesprochen hatte, das ihre tote Mutter zu sein schien, die als Reinkarnation wieder aufgetaucht war … tja, dafür brachte Amy kein besonderes Interesse auf.
Rachel war froh, als ihre Freundin endlich aus dem Wagen stieg.
Zu Hause marschierte Rachel direkt an dem Teleskop im Wohnzimmer vorbei, mit dem Zack ihr anfangs Keanu gezeigt hatte. Während der letzten Monate hatte man natürlich kein Teleskop mehr gebraucht, um dieses Phänomen zu sehen.
Rachel hatte sich gefragt, was sie wohl entdecken mochte, wenn sie jetzt hindurchschaute. Sie war zwölf Stunden lang nicht online gewesen.
Ehe sie ihre Seite checkte, warf sie einen Blick auf die neuesten Nachrichten.
Alles drehte sich nur um Keanu: »Kontakt zu den Astro nauten abgerissen« … »Weltraumcrews
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