Wände glichen den Außenmauern des Tempels; sie bestanden aus bunten, seltsam geformten Steinen, die zu zerbröseln schienen, wenn man sie anfasste … jedoch stabil blieben. Megan verglich sie mit etwas aus Zacks Welt: Die Kacheln, die den Hitzeschild des alten Space Shuttles bildeten. Diese Silikatkacheln waren unglaublich leicht und fühlten sich an wie Plastikschaum … aber sie boten eine so perfekte Isolierung, dass man sie bei tausend Grad in einem Ofen erhitzen und dann mit bloßen Fingern herausnehmen konnte.
Vielleicht benötigte der Tempel eine Isolierung. Megan erinnerte sich, dass sie während ihrer »Entführung« einige Male heftig durchgerüttelt wurde, ehe man sie auf dem Boden ablegte. Und obwohl der Untergrund sich solide anfühlte –, wie der Marmor, den man in manchen Villen in Houston fand –, spürte Megan durch ihre bloßen Füße eine niederfrequente Vibration. Wie das Summen einer Stromleitung.
Der Raum war auch nicht leer, sondern vollgestopft mit Möbeln. Natürlich konnte man nicht etwas so Simples wie einen Tisch oder einen Stuhl erwarten, dach te sie. Das wäre wohl zu viel verlangt. Es gab stabile, symmetrische Plattformen von unterschiedlicher Höhe, wobei sich die niedrigste auf Megans Augenhöhe befand. Andere Objekte waren rund, zylindrisch, oder, um einen Ausdruck zu benutzen, den Rachel geliebt hatte, blobular .
Manche waren in kräftigen Farben gehalten, obwohl Megan keine davon bei sich zu Hause geduldet hätte. Einige waren gestreift oder hatten Muster. Die gesamte Fläche eines bestimmten würfelförmigen Objekts veränderte sich jedes Mal, wenn Megan sie anschaute.
Und mehrere dieser Objekte gaben dasselbe Summen von sich, das man im Fußboden fühlte. Es erinnerte Megan an Mission Control mit all den Computern und Bildschirmen … aber es sah aus wie ein Foto in einem Katalog für Dekorationsstücke vom Mars.
Ach ja, es gab keine sanitären Einrichtungen … und was noch wichtiger war, keine Nahrungsmittel und kein Wasser.
Sie sorgte sich wegen Camilla. Das Mädchen war ja ebenfalls verschleppt worden … und selbst wenn sie sich in einer offensichtlich harmlosen Umgebung wie dieser befand, musste sie sich schrecklich fürchten.
Während Megan an Camilla dachte, fielen ihr Rachel und Zack wieder ein. Und in welch einer ausweglosen Situation sie sich selbst befand. In ihrem Leben hatte sie häufig den Ausspruch gehört, für jemanden wäre es besser, wenn er stürbe. Zum ersten Mal fand sie, dass an dieser Äußerung etwas Wahres sein könnte.
Sie lehnte sich gegen ein Objekt mit glatter Oberfläche und ließ sich zu Boden gleiten. Barfuß, fast nackt, bis auf die überraschend robuste untere Schicht der zweiten Haut, konnte sie spüren, wie der Wind draußen die Tempelwände zum Vibrieren brachte.
Sie fragte sich, wie widerstandsfähig diese imposant aussehende Struktur in Wirklichkeit war. Wie widerstandsfähig konnte sie überhaupt sein? Sie war doch erst in den letzten zwei Tagen »gewachsen«.
Dann spürte sie etwas anderes … keine sanften, wellenartigen Schwingungen, die anscheinend vom Wind verursacht wurden. Dies war eine tiefere, kraftvollere Vibration. Ein Beben.
Es kam sogar näher. Und die Vibrationen häuften sich.
Eine ganze Wand des Raums glitt auf und enthüllte eine dahinter liegende dunkle Kammer. Sie hörte ein Pochen und Scharren und ein grauenhaftes zwitscherndes Geräusch.
Trotz der Finsternis in der Kammer konnte Megan den Schatten von etwas Großem, mit vielen Armen Versehenem ausmachen.
Sie stand auf. Ihr war bewusst, dass es keinen Sinn hatte, wegzulaufen.
Aber sie versuchte es trotzdem.
12
»An Steverino. Als Anlage etwas, das die Leute zur Verzweiflung getrieben hat. Woher hast du diesen ganzen Wahnsinn? Nathan sagt, es muss von Keanu stammen, aber von ihm kann man ja nichts anderes erwarten. Wo bist du? Werden wir jemals erfahren, was du mit diesem Zeug machst?«
E-MAIL VON FORSCHER
[email protected]AN STEVEN MATULKA,
MIT EXTREM GROSSER AUDIO-DATEI
Bevor Harley die Tür zum Raum des Home-Teams öffnete, vernahm er einen Lärm, der sich anhörte wie eine hitzige Debatte in Großbritanniens House of Commons, in der sich alle gegenseitig anbrüllten. Dann sagte Blaine: »Wir brauchen Sie.«
Der erste Eindruck, der sich ihm bot, trug nicht dazu bei, ihn aufzumuntern; die Szene erinnerte Harley an das Standbild von einer Kneipenprügelei. Wade Williams und sein kleiner Freund Glenn Creel standen sich Nase an Nase gegenüber mit