Himmelsschatten
als handele es sich um so etwas wie einen Tempel. Na ja, Harley wusste, dass für viele der raumfahrt begeisterten JSC -Angestellten das Astronautenbüro das Allerheiligste war.
Natürlich sah Harley das ganz anders. »Ihr Vater ist Astronaut. Wahrscheinlich hat sie sich öfter in dem Gebäude aufgehalten als Sie, Toby.« Er wollte sich erst gar nicht auf einen Wortwechsel mit Mr. Burnett einlassen. »Geben Sie den Mädchen ihr Eigentum zurück.«
»Nein, Mr. Drake. Ich denke, das geht nicht.«
Harley hatte sich noch nie mit den Mitarbeitern des privaten Sicherheitsdienstes gestritten, der für die Bewachung des JSC sorgte. Aber jetzt war er mit seiner Geduld am Ende. »Das sollten Sie sich noch einmal gut überlegen, Toby. Wenn Sie sich nicht im Besitz eines Dokumentes befinden, in dem steht, dass die beiden jungen Mädchen – Minderjährige – ihre Rechte auf das Mitführen von persönlichem Besitz durch das Betreten dieser Anlage verwirkt haben, befinden Sie sich auf dünnem Eis. Im Übrigen kamen die Mädchen auf Einladung des JSC -Direktors hierher und nicht etwa aus eigenem Antrieb. Also haben Sie überhaupt keine Handhabe. Was hier vorgeht, interessiert mich nicht, für mich ist nur ausschlaggebend, dass es sich hier um eine zivile Einrichtung handelt. Sie dürfen die Mädchen weder festhalten noch ihre Telefone einziehen. Springen Sie über Ihren eigenen Schatten und lassen Sie sie gehen.«
Aber Burnett gab nicht nach. »Mr. Bynum hat angeordnet, dass sie hierbleiben müssen.« Harley seufzte. Er kannte Leute vom Schlage Burnetts: Solche Typen ließen sich von Macht und Autorität beeindrucken, markierten aber selbst gern den starken Mann.
Doch hier bot sich ein Ansatzpunkt. »Brent Bynum?« Burnett nickte. »Ist Mr. Bynum ein Angestellter der Firma Wackenhut und demnach Ihr Vorgesetzter?«
»Nein, Sir.«
»Er ist auch nicht bei der NASA angestellt, und ganz bestimmt gehört er nicht zum Johnson Space Center, stimmt’s?«
Burnett dachte kurz nach. »Ich glaube, Sie haben recht.«
»Tatsächlich verhält es sich so, dass Mr. Bynum, mit dem ich mich heute bereits mehrere Male getroffen habe, für das Weiße Haus arbeitet. Das heißt, dass er keinerlei Befugnis hat, Ihnen Anweisungen zu erteilen – vor allen Dingen darf er Ihnen nicht befehlen, Leute unter Arrest zu stellen und Eigentum zu konfiszieren.«
Burnett überlegte eine Weile. Dann fasste er in seinen Schreibtisch und holte Amys Handy und Rachels Tablet Computer heraus. »Danke, Toby«, sagte Harley, der es an der Zeit fand, den Mann aus seinem Dilemma zu erlösen. »Ich werde sehen, was ich tun kann, um diese Damen an einen Ort zu bringen, wo man sie jederzeit erreichen kann.«
Wenig später waren die vier wieder draußen in der schwülwarmen Nacht und steuerten in die ungefähre Richtung, in der die Mission Control lag. »Ich danke dir«, wandte sich Rachel an Harley. Amy sagte nichts; sie beschäftigte sich mit ihrem Handy, und ihre Augen nahmen schon wieder diesen glasigen Blick an.
Sie erreichten das Gebäude 30 und traten ein. Harley informierte Rachel, dass der Funkkontakt mit der Venture -Crew abgebrochen war. »Erst morgen erfahren wir mehr darüber, wie es deinem Dad geht.« Er blickte zu Jillianne Dwight hoch, die sich die ganze Zeit über auffallend still verhalten hatte. »Kannst du die Mädchen nach Hause fahren?«
»Gern. Aber mein Wagen parkt hinter dem Gebäude zwei.«
»Wir warten hier auf dich.«
Als Jillianne nach draußen ging, verkündete Amy, dass sie zur Toilette müsste. Harley beschrieb ihr den Weg, dann drehte er sich zu Rachel um … die plötzlich aussah, als hätte sie den schwersten Schock ihres Lebens erlitten.
»Stimmt was nicht?«
Sie hielt ihren Tablet hoch. Die Schlagzeilen auf dem Display lauteten: » In Keanu leben Menschen .« » Die Crew findet Untote .« » Die schockierendste Entdeckung aller Zeiten .« »Weltraumengel! «
»Darf ich?« Harley nahm das Gerät und arbeitete sich durch ein halbes Dutzend Sites, die im Wesentlichen dasselbe verkündeten: Ein Destiny -Astronaut war getötet worden (richtig). Die Crews der Destiny und der Brahma hatten eine außerirdische Zivilisation entdeckt (nicht ganz richtig).
Außerdem hatten sie im Innern Keanus lebende Menschen gefunden – einer von ihnen war ein verstorbener Russe. »Was soll der Scheiß?« Normalerweise fluchte Harley nicht vor Jugendlichen, aber jetzt verlor er die Beherrschung.
»Du weißt nichts davon?«, erkundigte sich
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