Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelsschwingen

Himmelsschwingen

Titel: Himmelsschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
geschickt. So gut immerhin kannte er sich in der menschlichen Welt aus, dass ein fremder Mann im Schrank eines Schlafzimmers selten gern gesehen war, zumindest vom Hausherrn. Arian hatte keine Lust, sich in seinem momentanen Zustand auf eine Auseinandersetzung einzulassen. Er sah sich um. Luftige Gardinen umrahmten zwei Sprossenfenster, ein mit Samt bezogener Sessel stand in der Ecke direkt neben einer altertümlichen Frisierkommode, auf der anstelle von Tiegeln und Töpfen ein Stapel zerlesener Bücher lag. Dem Titelbild nach zu urteilen, war das oberste ein Liebesroman. Seine Lippen kräuselten sich amüsiert. Zuletzt fiel sein Blick auf das riesige Bett aus geschmiedetem Eisen, auf dem zwischen zahllosen Kissen ein Lämmchen thronte, dessen Fell eher räudig als weich wirkte. Hier schlief kein Mann. Arian fühlte sich in diesem romantischen Mädchentraum noch mehr wie ein unwillkommener Eindringling und wollte nur noch unbemerkt verschwinden. Engel, die zur Erde gesandt wurden, kamen dort jedoch ohne weltliche Besitztümer und nur in ihrem Geburtskleid an. Und als er an sich herabsah, hatte sich zumindest in dieser Hinsicht für ihn nichts geändert, egal, zu was ihn seine Begegnung mit dem Michaelisschwert gemacht hatte.
    Er spürte Schwindel und stützte sich an der Schranktür ab. Momentan war er in keiner guten Verfassung und vermochte nicht einzuschätzen, was bei seinem Sturz mit ihm geschehen war. Was, wenn er nicht mehr unsichtbar wäre? Er trug keinen Faden am Leib und tat gut daran zu sehen, wie er seine Blöße bedeckte. Im jetzigen Zustand waren seine Sinne gedämpft, wie die eines Betrunkenen.
    Dennoch, die leichte Bewegung der Atmosphäre warnte ihn gerade noch rechtzeitig: Jemand näherte sich behutsam, aber zielstrebig der Schlafzimmertür. Jemand, des sen innere Magie ein ungewöhnliches Profil aufwies. Nein, doch nur ein Mensch … kein Dämon.Aber auch so standen die Chancen schlecht, dass derjenige freundlich auf Arians Eindringen in sein Haus reagieren würde.
    Dem Himmel sei Dank! Gerade noch rechtzeitig entdeckte er einen geeigneten Schutz. Sekunden später flog die Tür auf, und eine Furie sprang herein. Sie trug einen Besen in der Hand und sah kampfbereit aus. Arian stand ganz still.
    Juna erstarrte. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit, einen halbnackten Mann neben ihrem Bett vorzufinden. Es knackte leise, und ein Knopf sprang auf den Holzfußboden, drehte sich mehrmals um sich selbst. Juna verfolgte mit den Augen seinen Weg unter das Bett, bis er nicht mehr zu sehen war. Der Einbrecher hatte sich nicht vom Fleck gerührt, und weil sie sich absurderweise davor fürchtete, ihm ins Gesicht zu sehen, betrachtete sie stattdessen erst einmal seine Füße: ebenmäßig, leicht gebräunt, keine Schuhe , registrierte ihr Gehirn. Ihr Blick wanderte weiter hinauf. Fast beiläufig stellte sie fest, dass ihm der Kilt zu groß war und tief auf den Hüften saß. Ein leichtes Flattern in der Magengegend bewies, dass sie nicht gänzlich immun gegen diese Aussicht war. Junas Blick hielt sich an den Fäden fest, die am Bund aus dem Stoff ragten, bis sie ihren Puls wieder im Griff hatte. Ein Knopf fehlte. Sie hatte ihn längst fester annähen wollen, doch es war ihr immer etwas dazwischengekommen. Sie ertappte sich bei der Vorstellung, wie das mürbe Garn des zweiten Knopfs ebenfalls reißen würde. Du spinnst , rief sie sich innerlich zur Ordnung. Des Angestarrtwerdens offenbar müde, streifte der Fremde das ebenfalls reparaturbedürftige Hemd über, das er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, als habe er jedes Recht dazu.
    Alle Furcht war vergessen, und endlich sah sie ihn an.
    »Hallo!« Juna räusperte sich, konnte aber vor Aufregung nicht weitersprechen.
    Der Mann erstarrte erneut, als habe er nicht erwartet, dass sie ihn ansprechen würde.
    Was hat er geglaubt? Dass ich wieder hinausgehe, als sei nichts geschehen? Erst jetzt begriff Juna, dass er sie die ganze Zeit ebenso konzentriert gemustert hatte wie sie ihn. Seine Augen leuchteten in dem strahlenden Blau eines klaren Highlandhimmels, und der Kontrast zum nahezu schwarzen halblangen Haar war umwerfend. Doch das Bemerkenswerteste war seine Aura. Hätte sie die Hand ausgestreckt, sie wäre nicht sicher gewesen, ob sie Haut oder etwas Lichtes und weniger Stoffliches unter ihren Fingerspitzen gefühlt hätte.
    »Bist du echt?«, platzte es aus ihr heraus.
    »Verdammt!« Er zuckte zusammen, als habe ihn der Klang seiner eigenen Stimme

Weitere Kostenlose Bücher