Himmelssöhne - Das Erbe der Asaru (German Edition)
und gingen zur Haustür. Grace läutete. Einen Moment später öffnete eine ältere Dame. „Sie wünschen?“
„Guten Tag, mein Name ist Grace McClary. Ich bin Journalistin. Tut mir leid, Sie stören zu müssen, aber wir sind wegen einer sehr dringenden Angelegenheit hier. Ich würde gerne mit Mr. Havering sprechen. Adam Havering, Sergeant im Ruhestand. Der wohnt doch hier?“
„Ja, aber mein Vater ist sehr krank“, antwortete Mrs. Carrington. „Ich möchte nicht, dass er gestört wird.“ Ihr Blick wurde ernster, sie schüttelte ungläubig den Kopf.
„Was wollen Sie nur plötzlich alle von ihm? Jahrelang kümmert sich niemand um ihn und jetzt rennt man uns die Tür ein.“
Grace war wie vor den Kopf gestoßen. Konnte es sein, dass der Geheimdienst dieselbe Spur verfolgte? Bestürzt sah sie ihre Freunde an, wandte dann ihren Blick wieder zu der Dame. „Alle? Wieso alle? Wollte vor uns schon jemand mit ihm sprechen?“
„Ja, erst gestern waren Leute von der Regierung hier.“
Ihr abweisender Unterton ließ die Hoffnung auf ein Gespräch in weite Ferne rücken. „Es ist wohl besser, wenn Sie wieder gehen!“
„Bitte!“, flehte Grace eindringlich. „Ich würde Sie und Ihren Vater wirklich nicht stören, wenn die Angelegenheit nicht von enormer Wichtigkeit wäre.“
„Was kann so überaus bedeutend sein, dass man einem kranken Mann keine Ruhe mehr lässt?“
„Ich kann Ihnen nur so viel verraten: Es geht darum, uns alle vor großem Unheil zu bewahren. Ihr Vater war während seiner Dienstzeit Mitglied einer militärischen Operation. Das war während des Zweiten Weltkriegs. Er ist einer der letzten Überlebenden und könnte eventuell wissen, wo wir das finden, wonach wir suchen.“
Mrs. Carrington schwieg einen Augenblick, während ihr Blick an Schärfe verlor. Sie dachte nach, ihre Atemzüge entspannten sich langsam. „Na gut, aber Sie dürfen ihn nicht zu sehr aufregen. Sie haben zehn Minuten.“
„Vielen Dank“, sagte Grace. „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sie uns damit helfen.“ Sie schüttelte ihr die Hand. „Dürfen meine Freunde auch mitkommen?“
Mit gefurchter Stirn musterte Mrs. Carrington die beiden von oben bis unten. „Von mir aus“, antwortete sie lapidar, zuckte dabei kurz mit den Schultern. „Aber nur zehn Minuten, nicht vergessen! Kommen Sie herein!“
Die drei begaben sich ins Haus und wurden die Treppe hinaufgeführt. Leise öffnete Mrs. Carrington die Tür und sah dabei über ihre Schulter. „Wenn er schläft, müssen Sie warten! Ich werde ihn auf keinen Fall aufwecken.“
Grace nickte.
Als sie das Zimmer betraten, stieg ihnen sofort ein charakteristischer Geruch in die Nase. Medizin, Desinfektionsmittel, eine schauerliche Atmosphäre von Krankheit und schleichendem Tod, wie man es aus einem Krankenhaus kannte. Mrs. Carrington ging auf leisen Sohlen zum Fußteil des Bettes.
„Dad?“, flüsterte sie.
„Ja, Martha? Was ist?“, drang es kaum hörbar unter der Decke hervor.
„Wir haben schon wieder Besuch. Wie geht es dir? Wenn du willst, schicke ich sie weg.“
„Wenn es wieder diese Leute von der Regierung sind, dann ja.“
„Nein, eine junge Dame und zwei Männer von der Presse.“
„Presse? Das ist gut.“
Ein schwaches Husten unterbrach ihn. Man erkannte, dass ihn das Atmen sehr anstrengte.
„Die sollen einen Artikel über mich schreiben. Lass sie bitte zu mir.“
Martha nickte und winkte sie mit einer Geste ihrer Hand zu sich. „Sie können jetzt mit ihm sprechen.“ Sie begab sich zur Tür. Ein letzter, bedenklicher Blick traf die ungebetenen Gäste, dann verließ sie das Zimmer.
„Vielen Dank“, rief Grace ihr hinterher.
Als sie um das Bett gingen, erblickten sie den von seiner Krankheit schwer gezeichneten Mann. Abgemagert bis auf die Knochen. Ein dünner Plastikschlauch unter seiner Nase versorgte ihn mit Sauerstoff aus einer neben dem Bett stehenden Metallflasche. Sein blasses, faltiges Gesicht schenkte ihnen ein mühevolles Lächeln.
Bilder aus vergangenen Tagen holten Grace ein. Sie sah in Mr. Havering ihren Großvater vor sich liegen, kurz bevor er für immer von ihr ging. Tief betroffen reichte sie ihm die Hand. Kraftlos umschloss er ihre zarten Finger. Beklemmend kalt, von der Energie des Lebens verlassen.
„Hallo, schöne Frau“, hauchte er leise heraus. „Was verschafft mir die Ehre?“
„Guten Tag, Mr. Havering“, sagte sie leicht gebückt, „mein Name ist Grace McClary. Das sind meine Kollegen Jack
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