Himmelssöhne - Das Erbe der Asaru (German Edition)
auf Grace zu, wollte sie beruhigen. Erbost drehte sie sich zur Seite. Er machte noch einen Schritt und legte seine Hände auf ihre Schultern. Sie würdigte ihn keines Blickes. „So kann man sich täuschen, ich hatte Sie anders eingeschätzt!“, sprach sie ins Leere. „Wenn wir nicht unbedingt ein Boot bräuchten, würde ich sofort verschwinden.“
Ethan schüttelte sie kurz, als wolle er sie wachrütteln.
„Mädchen! Ich schwöre bei Gott, dass ich noch nie in meinem Leben einen Wal getötet habe, und ich würde es auch niemals tun. Wenn du jemals die Gelegenheit bekommen solltest, einem dieser göttlichen Geschöpfe aus nächster Nähe in die Augen zu blicken, dann erkennst du ihre Intelligenz. Du wirst merken, dass sie dich wahrnehmen. Sie haben eine Seele, davon bin ich überzeugt. Ich liebe diese Tiere wahrscheinlich mehr, als du es für möglich halten würdest. Und ich beschütze sie, so gut ich kann.“
Grace drehte ihren Kopf, sah ihn einen Moment schweigend an. Dann zeigte sie mit einem kurzen, bösen Blick zur Harpune. „Und was hat dann dieses Ding auf ihrem Boot zu suchen?“
„Die macht dir Angst. Du hast doch Angst, oder?“
„Ja, und wie!“
„Eben, das ist auch der Sinn der Sache.“ Um sie zu beruhigen, erklärte er ihr den wahren Grund seines ungewöhnlichen Blickfangs. „Die Amerikaner haben Atomwaffen, die Russen und Chinesen auch. Aber keiner von denen wäre so dämlich, die anderen anzugreifen und damit einen Gegenschlag zu riskieren. Genauso verhält es sich mit meiner Harpune. Abschreckung! Verstehst du? Der einzige Grund, weshalb ich dieses Baby vorne am Bug habe. Wenn ich auf See bin und bekomme die Gelegenheit, einen Walfänger zu erreichen, stelle ich mich ihm in den Weg. Die Jungs haben es dann immer fürchterlich eilig, mit ihren Kanonen auf mich zu zielen. Sie glauben wirklich, sie könnten mich damit einschüchtern. Aber seit ich dieses Schmuckstück habe, erwidere ich einfach die Drohung. Du solltest mal sehen, wie schnell die sich an Deck verkriechen, diese feigen Schweine. Bisher ist noch nie etwas Ernsthaftes passiert. Ausgleich der Kräfte, verstehst du? Dabei weiß ich nicht mal, ob das verfluchte Ding überhaupt noch funktioniert. Ich habs nie ausprobiert. Die stammt von einem verschrotteten Walfangschiff.“
Grace blickte ihm verschämt in die Augen. „Ich muss mich wohl bei Ihnen entschuldigen.“
Ethan winkte ab. „Ach was, das konntest du ja nicht ahnen. Aber ich weiß jetzt, mit welcher Hingabe du für die Rettung der Wale eintrittst. Davor habe ich großen Respekt. Wir haben etwas gemeinsam, mein Mädchen. Aber jetzt weiter zu eurem Vorhaben. Ihr wollt nach Marie-Byrd-Land?“
„Ja. Genauer gesagt nach Neuschwabenland.“
„Dann solltet ihr euch mit Edward unterhalten.“
„Edward?“
„Ja, Edward Cumberland. Der Große Edward, wie er genannt wird. Bei dem bekommt ihr alles, was ihr braucht.“
„Auch geeignete Kleidung?“
„Auch die! Edward besitzt ein großes Warenhaus, vollgestopft mit allem möglichen Zeug. Das ist wie eine Art Supermarkt mit allen wichtigen Dingen, die man auf unseren Inseln benötigt. Was nicht auf Lager ist, kann er schnell besorgen. Zweimal täglich landet ein Frachtflugzeug aus Chile auf unserem Flughafen, der liegt nur zwei Meilen von Stanley entfernt. Und da ihr es offensichtlich sehr eilig habt, sollten wir uns am besten heute noch auf den Weg zu ihm machen.“
„Man kann ihm vertrauen?“, fragte Jack. „Wir brauchen einwandfreie Waren.“
„Natürlich kann man ihm vertrauen. Wir gehen hin und wieder einen Whiskey trinken.“
Jack schmunzelte. „Na, dann bin ich ja beruhigt. Was nehmen Sie eigentlich für Ihre Dienste?“
„Wie lange braucht ihr mich?“
„Sie bringen uns zunächst zur Küste. Für unsere Suche brauchen wir etwa eine Woche, anschließend gehts wieder hierher zurück.“
„Mal sehen“, sagte Ethan, legte seinen Kopf in den Nacken und überschlug die Sache. „Marie-Byrd-Land, die Route geht an den Shetlands und Orkneys vorbei, dann ziemlich geradeaus. Hin und zurück kommen da gut und gerne sechstausend Seemeilen zusammen. Dazu brauchen wir etwa zehn Tage, das heißt zwanzig Fässer Diesel, knapp zweihundert Falkland-Pfund pro Fass, das sind knapp dreihundert Dollar.“ Er senkte den Kopf. „Und hundertfünfzig Pfund für mich … auch pro Tag, versteht sich.“ Dabei sah er Jack mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Zu viel? Ihr sagtet doch, dass Geld keine Rolle
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