Himmelsspitz
Gelegenheit gewesen, ihn anzusprechen auf das jähzornige Gemüt, aber irgendwie hatte Oswin sich nicht trauen wollen.
»Was schaust mich so an, alter Schlumpe?«, fragte Urban den Grübelnden.
»G’fallens dir etwa, die Touristen?«
Oswin schüttelte den Kopf. »Na also, dann sind wir da endlich amal einer Meinung!«, sagte Urban sichtlich zufrieden.
»Ich werd mit der Gemeinde sprechen, wann wir eine Straße nach Fuchsbichl kriegn«, sagte Robert.
»Nichts werst tun!«, schnauzte Urban ihn an. »Und jetzt halt’s Maul.«
»Eh eh, wie redst du denn mit mir?« Robert blieb stehen, Zornesröte im Gesicht. Doch das störte den ungehobelten Urban reichlich wenig.
»Holldrio«, jodelte der, »bald werd anzapft, noch zehn Minuten, Männer, schneller gehen, die depperten Gäste nehmen uns sonst die besten Plätze weg.« Er zog einen Flachmann aus der Tasche und genehmigte sich einen großen Schluck. »Wie du bei dem Schnaps Schützenkönig g’worden bist, ist mir ein Rätsel«, wunderte sich Oswin. »Mir aber net, wie du Schlumpenkönig g’worden bist, mein Alter, nimm auch einen Schluck, dann triffst vielleicht wieder«, feixte Urban und reichte Oswin den Schnaps.
Ein Haflingergespann ratterte an ihnen vorbei. In der Kutsche saßen fesche Trachtlerinnen. Sie winkten den Fuchsbichler Männern zu. »Sehen uns gleich im Zelt«, riefen sie fröhlich. »Heut werd’s zünftig, das merk ich schon«, sagte Urban zu Vinzenz. »Schau, die schönen Weiber. Schad, gell, dass du schon verheiratet bist. Ha?«
Vinzenz schüttelte den Kopf. »Hab die Schönste von allen«, antwortete er mit dünner Stimme. »Freilich hast die Schönste, hast ja auch die Tochter vom Kraxnerbauern. War nur Spaß, Schwiegersohn, meinst, ich duld, dass du anderen Weibern hinterherschaust?« Dann raunte Urban ihm verschwörerisch ins Ohr: »Tätst aber gern, stimmt’s? Mal wieder a Frau so richtig mit allem Drum und Dran, ha? Sag!« Vinzenz grinste verlegen und zog sich seinen Hut tief ins Gesicht.
Urban war nicht entgangen, dass zwischen seiner Tochter und Vinzenz nicht mehr körperliche Befriedigung stattfand als zwischen ihm selbst und der Magd Josefa, die Urban nur anrührte, wenn sonst gar keine andere mehr herging. Bei den jungen Eheleuten hatte das Bett schon lange nicht mehr geknarzt. Es herrschte bedenkliche Stille in deren Schlafkammer, und immer häufiger beobachtete er Vinzenz, wie er keuchend im hintersten Eck des Stalls, direkt neben dem Schweinetrog stand, die Hose zwischen den Knien, den Schwanz in Josefas Hand. Die Magd, zunächst mit gelangweilten Blicken und routinierten Bewegungen, so, als wäre sie mit nichts anderem beschäftigt als mit dem Melken einer Kuh, wartete auf Vinzenz’ Hände, dass diese sich unter ihren Kittel schoben. Erst dann, wenn seine Finger die obersten Knöpfe geöffnet hatten und seine Lippen an ihren Brüsten klebten, schloss die Magd die Augen und öffnete den Mund. Mal kniete sie nieder und vergrub ihr Gesicht in seinem Schoß, was Urban am meisten bewegte, mal beugte sie sich quer über den Sautrog, den Kopf neben den grunzenden Tieren, während Vinzenz sie von hinten nahm.
Urban duldete das schändliche Treiben nur, weil die wollüstigen Geräusche und der Anblick nackten Fleisches auch seinem Schwanz zum Leben verhalf, denn der schwoll mit jedem Stöhnen und Zucken an, als wäre es sein eigener Akt. Der Kraxner saß dann hinter dem Bretterschlag versteckt auf dem dicken Holzklotz, welcher Josefa dazu diente, den Hühnern den Kopf abzuhacken, Urban rieb, rubbelte und atmete im Rhythmus der sich Paarenden, und wenn Vinzenz seinen Oberkörper nach hinten drückte, wenn er den Mund öffnete und die Zunge hechelnd nach draußen streckte wie ein schwitzender Hund, dann war es so weit. In diesem Moment, kurz vor der Entladung aller Spannung und Lust, wurde es stets unruhig im Stall. Die liegenden Kühe erhoben sich. Andere hielten ihre Schwänze in die Höhe und ließen mit einem lauten Platsch warme, weiche Fladen auf den Boden fallen. Die Schweine grunzten und tauchten ihre Rüssel in die Tröge. Und aus den Verschlägen krochen verschlafene Katzen hervor. Sie krümmten zuerst ihre Wirbelsäule zu einem Buckel, streckten dann die Krallen ins Holz. Und schließlich begannen sie, um die Beine der sich Liebenden zu kreisen, dabei rieben sie ihre Köpfe an der nackten Haut, als suchten auch sie ein wenig Zärtlichkeit.
War es geschehen, verzog sich die Lust wie ein Gewitter, ein leichtes Zittern in
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