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Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Titel: Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Baumgartner
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Eröffnung der 900 Meter langen Brücke am 22. Oktober 1977. Während des Bridge Days wird die Brücke einen Tag lang für den gesamten Verkehr gesperrt, um den legalen Wettbewerb mit einer Absprunghöhe von 267 Metern zu ermöglichen. Für den Fall, dass etwas passiert, patrouillieren Rettungsboote auf dem Fluss unterhalb der Brücke. 1980 schauten 40 000 Menschen zu, in den letzten 30 Jahren ist die Zahl auf 200 000 Zuschauer angewachsen. Es springen Hunderte Leute runter an einem Tag, meinte Tracy: »Bei den Guten kannst du dir was abschauen. Das ist der beste und sicherste Platz, um das Base-Springen zu lernen.« Also übte ich weiterhin packen, packen, packen – und dann ging es los: Auf zum Bridge Day!
    Ich erinnere mich noch genau an den Abend vor dem Bridge Day. Das Hotel war ausschließlich für Base-Springer reserviert. Da sah es aus! In den Fluren saßen einige auf dem Boden, mit Pizza und Budweiser, und rauchten Joints. Ich bahnte mir meinen Weg zu meinem Zimmer und dachte: Das ist nicht deine Welt. Ich will Base springen. Das ist das Einzige, was ich mit diesen Jungs teile. Aber das Auftreten, die Joints, das Bier: Das ist nicht mein Stil. Ich will lieber ordentlich angezogen springen, im professionellen Gewand mit Branding. Und ich will Geschichten erzählen und verkaufen können, um damit hoffentlich irgendwann auch finanziell über die Runden zu kommen und mich weiterzuentwickeln.
    Als ich den Jungs dann am nächsten Tag auf der Brücke bei ihren Kunststücken zusah, dachte ich mir: Da geht doch was! Im Figurenspringen war ich schon als Kind im Freibad gut gewesen. Unter die ersten zehn, nahm ich mir vor, komme ich hier bestimmt. Bei meinem ersten Sprung wollte ich einen lässigen Backflip machen, einen Rückwärtssalto. Das erzählte ich auch meiner damaligen Freundin, die mitgekommen war. Abends saßen wir in einer Bar, als sie Tracy von meiner Backflip-Idee erzählte. Mein Coach explodierte: »Was ist denn mit dir los? Ich bin dein Lehrer! Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen. Du springst ganz normal, tust genau das, was ich dir sage, oder du bist nicht mehr mein Schüler, verstanden? Ich bestimme, wann wir was machen, und nicht du.«
    Eine klare Ansage. Als ich am nächsten Tag mit all den anderen auf der Brücke stand, in einer Reihe wie beim Bäcker, dachte ich mir: Nächstes Jahr komme ich nicht mehr als Touri-Springer, sondern als Wettkämpfer, und dann springe ich meinen Backflip. Das war mal wieder typisch Baumgartner: Noch keinen einzigen Base-Sprung gemacht, aber schon im Wettkampfmodus. Ich bin dann ganz brav und normal weggesprungen, ohne Backflip. Alles verlief nach Plan, bis auf die Tatsache, dass ich mitten im Fluss landete und nicht, wie üblich, am Ufer. Vor mir blockierten noch drei, vier andere die Einflugschneise, denen wollte ich als Neuling den Vortritt bei der Landung lassen, und dann kam ich selbst nicht mehr ans Ufer. Egal, ich war trotzdem glücklich: mein erster Base-Sprung! Der Anfang war gemacht, und ich habe sofort gewusst: Das ist mein Sport. Es fühlte sich auf Anhieb richtig an.
    Auch Tracy war mit meiner Leistung zufrieden und meinte, es gebe da noch eine schöne Brücke in der Nähe, am Pine Creek, die wir uns anschauen sollten. Im Gegensatz zur New River Gorge Bridge waren Sprünge von der Pine Creek Bridge das ganze Jahr über illegal. Ein 70-Meter-Sprung mit einem Kohlehaufen als Landefläche, bei dem Tracy oben stehen bleiben und meinen Pilot Chute halten musste. Ein bisschen skeptisch war ich anfangs schon. Ich wusste: Der Typ trank jeden Tag mehr als nur ein Gläschen, und oft habe ich mich gewundert: »Wie kann er drei, vier Tage lang unterwegs sein, ohne müde zu werden?« Dass er auch LSD nahm, hat er mir erst viel, viel später erzählt. Und dem vertraute ich mein Leben an? Der wollte mir was zum Thema Sicherheit erzählen? Aber das war halt einfach Tracys Lifestyle.
    Ich werde nie vergessen, wie er auf dieser Brücke hinter mir stand. Unten wartete meine Freundin mit der Videokamera. Tags zuvor war ich zum ersten Mal mit nur einem Schirm gesprungen. Als Fallschirmspringer war ich es gewohnt, auf zwei Schirme vertrauen zu können – und plötzlich war es einer weniger. Man gibt 50 Prozent Sicherheit ab, im Kopf zumindest. Als Fallschirmspringer waren wir zudem nie unter 1000 Metern Höhe abgesprungen. Gestern also 267 Meter – und jetzt nur 70! Und dann ging alles sehr schnell: Ich sprang, der Schirm ging auf, perfekte Landung, Video im Kasten. Und

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