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Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Titel: Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Baumgartner
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weil ich mich auskenne. Wäre das nicht so, stünde ich mit einem Fuß im Grab.
    Die Angst ist dabei ein ständiger Begleiter. Solange ich die Angst kontrolliere, ist sie mein Freund, macht mich hellwach und konzentriert. Verliere ich die Kontrolle, wird sie zur Panik und somit mein tödlicher Feind.

Täuschen und Tarnen – mein erster Weltrekordsprung
    Die Petronas Twin Towers in Kuala Lumpur waren 1999 mein erstes großes Base-Projekt. Der Sprung vom höchsten Gebäude der Welt ist die ultimative Trophäe für jeden Base-Springer, mehr wert als der Weltmeistertitel. Die Sprünge, die ich vor den Petronas Twin Towers gemacht hatte, waren ebenfalls gute Base-Sprünge gewesen, aber ohne überragenden Wert. Für meine Karriere als Base-Springer war es immer wichtiger geworden, Objekte zu suchen, die weithin bekannt waren.
    Als ein gutes Kriterium für die Auswahl stellten sich Postkarten heraus. Fast jedes Objekt meiner Base-Sprünge kann man als Postkartenmotiv kaufen. Und tatsächlich habe ich auch selbst von jedem dieser Objekte eine Karte mit nach Hause genommen. Die Petronas Twin Towers sollten ein Meilenstein meiner Karriere werden. Einer, für den ich allerdings ganz schön tricksen musste.
    Das Petronas-Projekt verlief in mehreren Etappen, von denen die Recherche vor Ort, die Planung daheim in Salzburg und natürlich der Sprung selbst die wichtigsten waren. Vier Wochen hatte ich insgesamt Zeit. Als wir das Gebäude in Kuala Lumpur betreten wollten, gingen die Schwierigkeiten schon los. Die Petronas Twin Towers sind kein öffentliches Gebäude, sondern ein reines Bürohaus. Anders als acht Jahre später bei meinem Projekt »Taipeh 101« gab es bei diesem Gebäude kein Sky-Restaurant oder eine riesige Besucherplattform, von der aus man die Lage am Absprungort, als Tourist getarnt, hätte auskundschaften können. Die Recherche vor Ort beschränkte sich auf Außenspionage. Für den Sprung würde ich dann irgendwie an den Securitys vorbeikommen und im Gebäude selbst alles aus dem Stegreif entscheiden müssen. Mir war klar: An diese Sache musste ich mit besonderer Sorgfalt herangehen.
    1999 konnte Red Bull seinen Athleten noch nicht ständig eigene Kameramänner oder Fotografen zur Verfügung stellen. Mein Glück war es, dass in dem für meinen Sprung geplanten Zeitraum im nahegelegenen Sepang ein Rennen des Motorrad-Grand-Prix stattfand. In der Trainingsphase des Rennens zogen wir von dort einen Kameramann und einen Fotografen ab mit folgendem Auftrag: »Ihr fahrt nach Kuala Lumpur, da springt der Felix Baumgartner von den Petronas Twin Towers. Das filmt ihr, und danach könnt ihr wieder zurück zum Rennen.« Ich musste also nicht nur illegal in das Gebäude eindringen, sondern zudem pünktlich bis 16 Uhr gesprungen sein, da es sonst keine professionellen Fotos und Videos geben würde. Und ohne diese Aufnahmen würde es keine Berichterstattung in den Medien geben. Dafür, dass das mein bis dahin größtes und wichtigstes Projekt war, war ordentlich Druck im Spiel.
    Eine offizielle Genehmigung für den Sprung zu bekommen war damals ausgeschlossen. Base-Springen war Ende der 90er-Jahre noch was für Exoten. Heute hat es als Extremsport fast den gleichen Stellenwert wie andere Sportarten. Entsprechend schwierig war es seinerzeit, die Sprünge bei Fernsehsendern unterzubringen. Andererseits zeigten die Sender immer Interesse, wenn ich etwas machte, das ebenso spektakulär wie illegal war. Bei meinen illegalen Projekten habe ich grundsätzlich versucht, einen smarten Weg zu finden, das Gesetz zu umgehen. Für mich war wichtig, dass jedes Projekt Stil hatte und bei aller Illegalität einen gewissen Respekt vor der Gesellschaft erkennen ließ. Türen einzutreten, das ist nicht smart. Mein Vorbild war eher eine Figur wie James Bond. Er ist clever, und trotzdem hat er Respekt vor der Sache, versucht sich mit List und Tücke Zutritt zu verschaffen, ohne dass es zu brutal wird, immer mit dem richtigen Augenmaß.
    Smart und stilvoll, so sollte auch mein Petronas-Sprung über die Bühne gehen. Eine ganze Woche verbrachte ich damit, vor dem Gebäude herumzuspionieren, und ich fand heraus, dass zu Stoßzeiten 20 bis 25 Securityangestellte unterwegs waren. In Uniform oder undercover, was unschwer daran zu erkennen war, dass sie betont unauffällig in ihre Hemdkragen sprachen. Das Gebäude war verdammt gut bewacht, so wie es sich für das höchste Gebäude der Welt gehörte. Für mich war es wichtig, herauszufinden, wann die

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