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Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Titel: Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Baumgartner
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obwohl alles vorbei war, bevor ich wirklich realisieren konnte, was geschah, war ich wie im Rausch. » I almost shit my pants «, notierte ich später in meinem Base-Sprungbuch. Aber ich wollte sofort noch mal springen, um auch ein Video von oben, vom Absprung, zu haben. Wir fuhren zurück ins Hotel, packten den Schirm noch einmal neu, fuhren wieder raus zur Brücke und machten den zweiten Sprung an diesem Tag. Danach wusste ich: Okay, das ist jetzt mein Sport. Ich habe die Sprünge von der hohen und von der niedrigen Brücke im Griff, drei Sprünge in zwei Tagen: perfekt!
    Jeder Sprung hatte mir einen unglaublichen Kick gegeben. Ich war völlig frei bei dem, was ich tat, und musste keine Rücksicht auf irgendeinen Piloten nehmen oder mir Gedanken ums Geld machen. Ich ging einfach rauf auf die Brücke, sprang herunter und kletterte gleich noch einmal nach oben, wenn ich wollte. Und es gab Tausende Möglichkeiten zu springen: von Antennen, Brücken, Felsvorsprüngen oder Gebäuden. Mein Kindheitstraum vom Fliegen war Realität geworden: Jetzt konnte ich von überall runterspringen, wie ich es mir als Kind immer gewünscht hatte, mit nichts als diesem Schirm auf dem Rücken. Der spannendste Moment ist diese eine Sekunde, bevor du den Schritt nach vorn machst. Das ist die Entscheidung: Jetzt kannst du noch umdrehen, danach ist es vorbei. Das Gewicht des Körpers fällt über die Standfläche hinaus. Du hast noch nicht mal einen Schritt gemacht, sondern dich nur nach vorn gelehnt. Und jetzt kippst du, kannst nicht mehr zurück. Eine Minute später stehst du am Boden, schaust rauf und denkst: Da oben war ich vor einer Minute noch. Für mich eröffnete sich eine neue Welt. Ich konnte zwar nicht fliegen, aber ich konnte frei fallen, ohne zu sterben.
    Als Kind habe ich nur Superhelden-Magazine gelesen – Superman war mein Lieblingsheld. Dicht gefolgt von Spiderman, an dem mich allerdings störte, dass er beim Fliegen durch die Großstadt immer auf seine Spinnenseide angewiesen war. Ich wollte ein Cape haben wie Superman, aber irgendwann sah ich ein, so etwas funktionierte nur in der Welt der Comics. Dann stieß ich auf die Geschichte mit Thor, der seinen Riesenhammer schwingt und damit losfliegt. Da dachte Baumgartner junior sich: Okay, einen Hammer kann ich schwingen, dann werde ich damit ja wohl auch fliegen können! Tja, die Versuche scheiterten kläglich, und so musste ich im zarten Alter von fünf Jahren einsehen: Der Mensch kann tatsächlich nicht fliegen. Mein Traum war vorerst ausgeträumt.
    Und gezaubert habe ich. Meinen Zauberkasten, meinen ersten Fischer-Technik-Satz, meine Teddybären, alles liegt noch heute sorgfältig archiviert bei meinen Eltern im Haus. Der Zauberkasten hatte es mir besonders angetan. Wenn ich einen Trick einstudierte, übte ich endlose Male und verkündete dann stolz: »Mama, Papa, schaut, was ich kann!« Meistens hat es nicht funktioniert. Dann gab es Stress: »Eben im Zimmer hab ich’s noch gekonnt! Ich komme gleich wieder!« Und dann übte ich so lange, bis es klappte.
    Zum Fallschirmspringen bin ich eigentlich über meine Mutter gekommen. Ihre beste Freundin war mit einem Fallschirmspringer namens Roland Rettenbacher zusammen. Die beiden kamen uns oft daheim besuchen, und Roland wurde mein erster Sprunglehrer. Als dann das Paragliding aufkam, war ich einer der Ersten in Österreich, der den neuen Sport ausprobierte. Weil man dafür kein Flugzeug brauchte, sondern von einem Hang aus startete, war diese Art des Fliegens wesentlich billiger als das Fallschirmspringen. Heute kann man sich das kaum mehr vorstellen, aber wir sind damals noch mit normalen Fallschirmen die Hänge runtergelaufen. Die modernen Paragliding-Schirme starten sich viel leichter. Mit ein paar Jungs fuhr ich damals regelmäßig nach Lanzarote zum Paragliden. Da bin ich oft sechs, sieben Stunden am Berg hin und her geflogen, bis es dunkel wurde. Und selbst dann wollte ich noch nicht aufhören, sondern bat die Jungs, ihre Autoscheinwerfer einzuschalten, damit ich auch nachts den Landeplatz fand. Ich konnte vom Fliegen einfach nie genug bekommen.
    Doch das Base-Springen stellte alles in den Schatten, was ich vorher erlebt hatte. Die 500 Mark, die ich Tracy für die Ausbildung gezahlt habe, waren das am besten investierte Geld meiner Karriere, auch wenn es damals sehr viel Geld für mich war. Allein zu wissen: Wenn du deine Hausaufgaben gemacht hast, gut vorbereitet an den Start gehst, dann fühlst du dich auch gut. Das

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