Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)
von einem Stahlrahmen, und dieser Stahlrahmen musste von einem luftfahrtzertifizierten Schweißer gebaut werden, da es sich schließlich um ein Luftfahrzeug handelte. Da konnte man nicht einfach irgendeinen Schlosser ranlassen. Ich saß also bei Art im Büro, war zum ersten Mal bei einem Einstellungsgespräch dabei, ich war ganz bewusst sitzen geblieben und hatte gedacht: Das höre ich mir jetzt mal an. Wie schaut so etwas aus bei Art? Art saß da und fragte den Schweißer: »Na, wie geht’s dir so? Was hast du gemacht vorher?« Der antwortete: »So dies und das. Ich brauche diesen Job. Ich habe ein Haus angezahlt und brauche die Kohle.« Innerhalb von einer halben Stunde hatte ihn Art eingestellt. Der Typ wohnte 80 Meilen weit weg, ich hatte in der halben Stunde kein einziges Zeugnis gesehen, und Art hatte natürlich auch nicht überprüft, ob der Typ bluffte oder ob er wirklich etwas gelernt hatte. Ich meine, man kann doch nicht jemanden einstellen, nur weil er einem sympathisch ist und weil er das Geld braucht.
Irgendwann hieß es dann wenig überraschend: Das Projekt verzögert sich erneut. Dieses und jenes sei nicht fertig geworden. Nun hatte ich aber einen »Insider« in Lancaster, der mir so manches erzählte. Und dieser Insider erzählte mir, dass das ganze Projekt sich verzögerte, weil der Schweißer Mist gebaut hatte. Er rief mich an und sagte: »Felix, der Schweißer arbeitet gar nicht hier. Der hat zu Hause geschweißt.« Mit folgendem Ergebnis: Einen Monat hatte er gebraucht, um drei Käfige zusammenzuschweißen – und keiner davon passte. Da habe ich gesagt: »Wie? Die passen nicht? Das muss man doch überprüfen!« Schwierig, wenn man 80 Meilen entfernt wohnt. Art hatte ihm diesen Job zugesagt, und nach einer Woche hatte der Schweißer bei ihm angerufen und gemeint: »Du, Art, kann ich dieses Ding nicht auch zu Hause in meiner Werkstatt schweißen? Sonst muss ich ja jeden Tag 80 Meilen hin- und zurückfahren. Und meine Frau, du weißt schon, Art …« Und Art hatte geantwortet: »Ja, kein Problem, ob du hier schweißt oder zu Hause. Solange das Gleiche dabei herauskommt …« Und so entzog sich die Arbeit des Schweißers unserer Kontrolle. Hätte er in Lancaster gearbeitet, hätten wir uns die Ergebnisse angesehen und gesagt: »Hey, da stimmt doch was nicht.« In einem Unternehmen zu arbeiten ist immer etwas anderes als Heimarbeit. Zu Hause ruft dann mal die Frau an, und das Kind ist krank, dann musst du auf das Kind aufpassen: Da ist nie diese Ernsthaftigkeit, wie wenn man in einem Büro arbeitet. So haben wir drei Käfige umsonst bauen lassen, einen Monat Zeit verloren, was irgendwie wieder aufgeholt werden musste, aber nicht mehr aufzuholen war.
Es waren dieser und andere kritische Momente, die mich nachdenklich machten. Ich wusste: So geht das nicht weiter mit Art. Und gleichzeitig dachte ich mir: Hey, er ist dein Freund! Er war einfach zu gutmütig, fast schon die Mutter Teresa unter den Projektleitern. Ich habe mit mir gekämpft, musste mich aber professionell verhalten und konnte den Freundschaftsbonus nicht in die Schlacht werfen. Irgendwann sind Red Bull und ich deshalb zum Entschluss gekommen: »Wir müssen ihm jemanden zur Unterstützung vor die Nase setzen.« Patrick Wright sollte das sein, einer von Arts Projektleitern, ein beinharter Junge, ein bedingungsloser Analyst. Nach vielem Hin und Her hatten wir uns darauf geeinigt, dass er der Kandidat war. Er war der Erste, der einen Masterplan gemacht hat: »Wenn wir diese Batterie in Kalenderwoche 13 nicht bekommen, heißt das, dass wir in Woche 26 den Test nicht machen können. Das heißt wiederum, dass wir in Woche 28 den Ballon nicht launchen können.« Wenn ein Teil nicht kam, beeinflusste das 16 Abläufe. Pat sah das große Ganze, wie ein Kriegsstratege, der genau wusste: Wenn nächste Woche kein Sprit kommt, stehen die Panzer, dann kommt das Essen nicht zu den Soldaten, dann verlieren wir die Schlacht.
Wir beraumten ein Meeting an und stellten Art vor vollendete Tatsachen: »Pat übernimmt deinen Job, die Verhandlungen, die Pläne. Er ist künftig die Ansprechperson für deine Mitarbeiter, weil er den Laden besser im Griff hat als du. Wir müssen diesen Schritt gehen, müssen vorankommen. Wir haben selten Deadlines eingehalten. So können wir nicht weitermachen, sonst sehen wir das Ende nie.« Zack, das saß! Art war zunächst völlig entrüstet: »Seid ihr wahnsinnig?« Aber es gab nichts mehr zu diskutieren. Art war nicht mehr
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