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Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Titel: Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Baumgartner
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höher, und wir würden mehr Zeit benötigen, aber das leisteten wir uns.
    Trotz all des Ärgers, der kostspieligen Anzüge und der ungewissen Zukunft bekamen wir aus Salzburg die Order: dranbleiben! Ein Jahr lang haben wir versucht, die Air Force an Bord zu bekommen. Aber das ist eine staatliche Organisation, finanziert aus Steuergeldern, finde da mal den Colonel, der sagt: »Kein Problem, da helfe ich euch doch gerne.« Denn wenn bei unserem ja durchaus gewagten Projekt etwas schiefging, würde es schnell heißen: »Ja, wo habt ihr eigentlich die Hardware her? Von der Air Force? Wieso kriegt ihr Zivilisten Hardware von einer Regierungsorganisation?« Dann hätte die Air Force als Mithafter dagestanden, wenn Felix Baumgartner stirbt. Hinzu kam: Die Colonels sehen sich in der Regel auf dem Weg zum General und brauchen deshalb eine blütenweiße Weste. Wenn da ein Fleck draufkommt, wirst du nicht mehr General. Deshalb war die Anzahl unserer potenziellen Unterstützer sehr begrenzt, vor allem zu diesem frühen Zeitpunkt, an dem der Überschallsprung noch in weiter Ferne lag.
    Geschafft haben wir es schließlich dank des konstanten Netzwerkens von Art und Joe. Die haben mal hierhin einen Brief geschrieben, mal dorthin, waren in Meetings, haben Gespräche geführt, Klinken geputzt. Wir haben uns ganz langsam an die Air Force herangerobbt, von allen Seiten. Irgendwann durften wir vorbeikommen, bekamen die Hardware in den Anzug eingebaut und durften testen. Eine Stunde lang in der Druckkammer. Danach haben sie die Hardware wieder ausgebaut, und wir sind mit dem leeren Anzug heimgefahren. Absurd, aber immerhin ein erster Test. Fast ein Jahr lang ging das so. Es sah so aus, als würden wir die Hardware nie bekommen. In einem Akt der Verzweiflung haben wir dann beschlossen, die Strategie zu ändern: »Lass uns zu den Russen gehen!«
    Ich nahm Kontakt auf zu Franz Viehböck, einem österreichischen Kosmonauten, der damals auf der MIR war – in einem russischen Anzug. Wir trafen uns im Hangar 7, und ich erklärte ihm unser Problem. Mir war die Problematik dieser Idee bewusst: ein Projekt, das in Amerika stattfinden sollte, mit einem russischen Raumanzug – zwei komplett konträre Systeme. Ein wilder Plan, geboren aus der blanken Not. Aber wir hatten schon so viel Vorarbeit geleistet und wollten um keinen Preis der Welt aufgeben. Viehböck ließ dann seine Kontakte zu den Russen für uns spielen, aber innerhalb eines Monats traf die Absage ein: » Njet! Interessiert uns nicht.« Also hieß es für uns: Wieder ran an die Air Force! Und irgendwann, wir haben schon nicht mehr dran geglaubt, haben wir die Hardware dann doch noch bekommen. Das war der lang erhoffte nächste Schritt: Endlich konnten wir so testen, wie es für dieses Projekt nötig war, mit einem druckfähigen Anzug.
    Ein wichtiger Faktor für diesen Erfolg war, wie gesagt, Joe Kittinger, unser Türöffner zur Air Force. Joe ist eine Größe, an die schon viele herangetreten sind mit ähnlichen Ideen wie unserer. Aber er hat alle abgewiesen. Ohne ihn hätten wir ein ernstes Problem gehabt. An Joe kommt man bei so einem Projekt nicht vorbei, weil er der Einzige ist, der die nötigen Erfahrungswerte und Kontakte hat. Es hätte auch sein können, dass er sich nicht auf uns eingelassen hätte. Aber Joe zeigte sich beeindruckt, weil wir Art schon an Bord hatten, einen Mann mit Air-Force-Hintergrund, einen aus seiner Community. Und er sah, dass uns eine Firma wie Red Bull sehr professionell und finanziell solide den Rücken frei hielt. Joe wusste so gut wie ich: Sicherheit kostet Geld. Wenn du drei Testsprünge machen und das entsprechend vorbereiten willst, dann brauchst du Geld.
    Zwischendrin ist in all den Jahren immer mal wieder Konkurrenz aufgetaucht, die ich aber nie ernst genommen habe. Weil ich wusste, was es braucht, weil ich mittlerweile erkannt hatte, wie groß das Projekt wirklich war. Am Anfang glaubt man: ein Anzug, ein Ballon, eine Kapsel, und dann geht’s los! Das ist aber nicht so. Zuerst dachten wir auch, es wäre einfacher, haben dann aber gemerkt: Das ist viel, viel komplexer. Mir wurde klar, warum 50 Jahre lang niemand diesen Rekord brechen konnte. Wenn man bedenkt, was sich in den letzten 50 Jahren technologisch alles getan hat, im Automobilsektor, in der Fliegerei oder in der Wissenschaft generell – und trotzdem hat es 50 Jahre lang niemand geschafft, den Rekord von Joe zu brechen. Das hat seinen Grund. Red Bull ist zuweilen nervös geworden:

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