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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Pagis’ Erfindungsreichtum auf eine harte Probe stellten.
    Svetlana unterließ es tunlichst, sie unter Druck zu setzen und ihr die ganze Zeit über die Schulter zu schauen. Stattdessen nahm sie einen Traktor und fuhr auf der neuen Straße zurück nach Crabtree. Sie genoss das geistlose Vergnügen, einfach nur zu fahren, hypnotisiert vom endlosen Kabel, das sie durch die Eislandschaft führte.
    An diesem Nachmittag war Emily gerade aus der Schule gekommen, sodass sie ihre Tochter zu Wang Zhanmin mitnahm, der ihr beim letzten Besuch ein Schaukelpferd versprochen hatte (woran Emily sich bestens erinnerte). Svetlana rechnete fast damit, dass er es vergessen hatte, aber es war tatsächlich fertig und in hellroter Farbe gestrichen, als sie eintrafen. Die Herstellung von Holz – beziehungsweise einem Material mit sehr ähnlichen Eigenschaften – war eine der jüngsten Errungenschaften von Wang gewesen, worauf er ausgesprochen stolz war. In den letzten Monaten hatten die Kessel Teile für hölzerne Möbel, Ornamente und Spielzeug schneller ausgespuckt, als Crabtree sie verbrauchen konnte. Das Labor quoll über mit seinen neusten Kreationen.
    »Das habe ich für dich gemacht«, sagte Emily und reichte Wang eine Pappröhre.
    Wang öffnete das Ende der Röhre und zog ein zusammengerolltes Blatt Papier heraus. Svetlana schaute ihm über die Schulter. Es war eine Zeichnung von Fischen, die zwischen Steinen und Tangwedeln herumschwammen. Das Bild war mit einer kindlichen Begeisterung für grelle, knallige Farben ausgeführt, aber es wies auch schon eine erwachsene Pingeligkeit auf, die Farben nicht ineinander verlaufen zu lassen. Das Meer war ein sattes, fröhliches Türkis, und die gestreiften und gesprenkelten Fische schienen dem Betrachter ein paar Zentimeter näher zu sein, als wären sie vor dem Hintergrund auf eine Glasscheibe gemalt.
    »Vielen Dank«, sagte Wang und hielt das Bild ins Licht, sodass das Papier wie Buntglas strahlte. »Alles ist gut, was diesen Raum freundlicher macht.« Er sah Svetlana an und sagte flüsternd: »Wir können Gott für die Kinder danken.«
    »Das höre ich in letzter Zeit häufiger«, erwiderte sie genauso leise.
    »Ich dachte, es würde dich glücklich machen«, sagte Emily.
    »Das tut es.« Er schaute sich noch einmal das Bild an, das er wie eine Schriftrolle zwischen den Händen hielt. »Es ist sehr hübsch. Hübsch und ein wenig traurig, aber auf schöne Weise. Gefällt dir dein Schaukelpferd?«
    »Ja, danke.«
    »Ich werde dir ein anderes machen, wenn du größer bist, aber dieser Bursche müsste deinen Ansprüchen vorläufig genügen.«
    »Das ist sehr freundlich von dir, Onkel Wang«, sagte Svetlana.
    »Ich bin froh, dass ich überhaupt etwas machen kann«, erwiderte er mit einem Achselzucken.
    Sie lächelte und wandte den Blick ab. Sie wollte nicht auf die unausgesprochene Tatsache eingehen, dass Stühle und Schaukelpferde schön und gut waren, aber dass auch das hochwertigste Wangholz niemals die ausfallenden Flextops ersetzen konnte.
    Svetlana aß etwas mit Emily, dann sprach sie über die Kommunikationsverbindung nach Underhole mit Parry. Er wollte von Emily wissen, was sie heute in der Schule durchgenommen hatten, und versprach ihr, dass sie sich bald sehen würden. Parry setzte eine tapfere Miene auf, aber Svetlana konnte in seinem Gesicht etwas erkennen, mit dem er seine Tochter nicht behelligen wollte.
    Als Emily schlief, putschte Svetlana sich mit Kaffee vom Schwarzmarkt auf, ließ sich einen Orlan geben und fuhr nach Underhole zurück. Sie jagte den Traktor auf fünfzig Stundenkilometer hoch. Alle waren noch wach, als sie durch die Luftschleuse kam. Sie hatten auf sie gewartet.
    »Ich glaube, wir wissen jetzt, wo wir sind«, sagte Parry mit unbehaglichem Unterton.
    Pagis hatte es geschafft, die Rasterdaten zusammenzusetzen. Und sie hatte nun auch die Daten des Radars im Griff.
    »Schießt los«, sagte Svetlana, während sie sich aus dem klobigen Anzug zwängte.
    »Wir befinden uns innerhalb einer röhrenförmigen Struktur«, sagte Pagis und lenkte Svetlanas Aufmerksamkeit auf das Mosaikbild, das sich über die zusammengeschlossenen Flextops erstreckte. »Die Wände sind dunkel, aber sie sind von Fäden durchzogen – wellenförmige, leuchtende Spuren, die an die Lavastraßen erinnern. Ihr Strahlungsmaximum liegt bei etwa fünftausendfünfhundert Ängström, was der Grund ist, warum hier draußen alles etwas gelblich oder orange aussieht. Wir haben nicht viele Transporter

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