Himmelssturz
allen anderen genauso ging und keiner es zeigen wollte, als könnten sie durch kollektive Leugnung etwas Positives daraus machen.
»Wartet mal«, sagte Svetlana und drückte die Finger auf die Augenlider. »Ich weiß, was ihr gesehen habt. Es muss unser eigener Müll gewesen sein, die Flugroboter, die noch im Kielwasser schwammen, als der Himmel geschlossen wurde. Sie müssen die ganze Zeit da draußen gewesen sein.«
»Vielleicht hast du recht«, sagte Pagis bedrückt. »Ich hatte gehofft, dass es etwas … Aufregenderes ist.«
»Vielleicht ist es noch das Beste, worauf wir hoffen können.«
»Wir stehen immer noch ganz am Anfang«, sagte Parry und zwang sich zu einem optimistischen Unterton. »Jemand hat ein Loch in den Himmel gebohrt, und dafür muss es einen Grund geben. Nur weil wir sie nicht sofort zu Gesicht bekommen, heißt das nicht, dass sie nicht zurückkehren werden.«
»Wir können nach draußen gehen und nach ihnen suchen«, sagte Pagis unvermittelt. »Wir machen die Crusader oder Avenger bereit und schauen nach, was wirklich da draußen ist. Auf diese Weise können wir wenigstens tiefer in die Röhre schauen.«
»Auf diese Weise würden wir wenigstens nicht untätig herumsitzen«, stimmte Parry zu, »und darauf warten, dass die anderen den nächsten Zug machen.«
»Und was ist, wenn es keinen nächsten Zug gibt?«, fragte Svetlana. »Wenn sie uns aus dem einen Käfig in einen anderen gelassen haben, und das war es. Ende der Geschichte.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Parry. »Wir wurden aus einem bestimmten Grund hergebracht, nicht, um für den Rest der Ewigkeit in eine Röhre eingesperrt zu werden.«
Sie sah ihn missmutig an. »Vielleicht war das der Grund.«
»Selbst gottähnliche Wesen sollten rational handeln.«
»Das kann ich nicht beurteilen«, sagte sie. »Ich kann mich nicht erinnern, jemals einem begegnet zu sein.«
Eine halbe Minute lang schwiegen sie nachdenklich. Svetlana sah sich erneut das Bild auf den Flextops an, auf dem sich weitere Geheimnisse andeuteten. Parry und Pagis hatten natürlich recht. Sie hatten dreizehn Jahre darauf gewartet, noch etwas anderes als Janus studieren zu können – einen Schlüssel zu finden, der das verräterische Verhalten des Mondes erklärte. Er hatte sie hierher gebracht und sie während des Fluges am Leben erhalten. Vielleicht war alles nur Zufall gewesen, und sie waren einfach von etwas mitgerissen worden, das gar nichts von ihrer Existenz wusste oder ihnen gleichgültig gegenüberstand.
Aber vielleicht auch nicht.
»Also gut«, sagte sie und versuchte ihre fatalistische Hoffnungslosigkeit abzuschütteln. »Wir werfen einen Blick in die Röhre. Zuerst schicken wir einen Flugroboter los und schauen mal, was daraus wird.«
Es waren keine guten Neuigkeiten.
Die Sonde traf in zwei Lichtminuten Entfernung von Janus auf das Ende der Röhre. Zuerst registrierte der Radar Echos von einer soliden Struktur, die die Röhre verschloss. Aus der Nähe zeichneten der Lidar und die optische Kamera eine kreisrunde Platte auf, die einhundertsechzigtausend Kilometer durchmaß und die ganze Breite der Röhre ausfüllte.
Zu diesem Zeitpunkt hatte der Flugroboter den größten Teil seines Treibstoffs aufgebraucht und raste mit der erreichten Geschwindigkeit auf die Wand zu. Die letzten Bilder, die kurz vor dem Aufschlag nach Crabtree übermittelt wurden, offenbarten radiale Speichen, die vom Rand zu einer kleineren radförmigen Struktur im Zentrum der Platte verliefen, die nur tausend Kilometer Durchmesser hatte. Die körnigen Bilder deuteten darauf hin, dass das radförmige Gebilde von gekrümmten Linien überzogen war, wie die Irisblende einer alten Fotokamera.
»Ein Tor«, sagte Svetlana.
Niemand sah einen Grund, ihr zu widersprechen.
Aber das Tor war verschlossen. Es sah unermesslich alt und schwer aus, wie etwas, das sich seit einer Million Jahre nicht mehr bewegt hatte. Der Flugroboter prallte gegen das Gebilde wie eine Mücke gegen einen Staudamm. Falls er einen Fleck hinterließ, war davon nichts mehr zu erkennen, als ein zweiter Flugroboter weitere Bilder lieferte.
Eine dritte Sonde war in die entgegengesetzte Richtung losgeschickt worden. Eine Lichtminute später traf sie auf eine schwarze Endplatte, die keine Anzeichen eines Schließmechanismus aufwies.
Auch sie überlebte den Aufprall nicht.
Svetlana hatte bestimmt, dass drei Flugroboter geopfert werden konnten, um möglichst schnell Daten zu sammeln, aber mehr Maschinen
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