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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Haaren sah er wie ein alter Patriarch oder ein mächtiger Zauberer aus. Er war inzwischen Mitte fünfzig und hatte jedes Angebot abgelehnt, sich verjüngen zu lassen. Er wollte damit noch zwanzig Jahre warten, falls es zu überraschenden Komplikationen kam.
    »Wir haben uns lange nicht gesehen, Bella«, sagte er. »Du hättest uns viel häufiger besuchen müssen.«
    »Du ahnst nicht, wie schwierig es ist, sie auch nur aus ihrem Büro zu zerren – geschweige denn, sie zu bewegen, Crabtree zu verlassen«, sagte Shen.
    Bella warf der Frau einen strengen Seitenblick zu. Sollte das der Versuch eines Scherzes sein oder eine nüchterne Tatsachenfeststellung? Vielleicht sollte sie ihre Ansichten über Shen einer gründlichen Revision unterziehen.
    »Ich habe auch so genug zu tun, Nick. Ich vermute, du hast auf dieser Seite des Himmels alles gut im Griff.«
    »Wir tun unser Bestes. Wie läuft es denn so in Crabtree?«
    »Du solltest bei Gelegenheit mal vorbeischauen und durch die Biokuppeln spazieren. Wir haben dort jetzt richtige Bäume – echte Bäume! Wacholder … Eichen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich in meinem Leben noch einmal einen Baum sehen würde.«
    »Durch Genveränderung aus dem aeroponischen Pflanzenmaterial gewonnen?«
    »Nein«, sagte Bella. »Das hat nie funktioniert. Wie sich herausstellte, waren die Pflanzen, die wir dabei haben, von DeepShaft manipuliert, um die Firmenpatente zu sichern. Ganze Chromosomenabschnitte sind gelöscht und genetische Schwächen eingebaut worden. Das war kein geeignetes Material, um etwas daraus zu machen.«
    »Und woher stammen die Bäume nun?«
    »Wir haben sie direkt aus den Daten der Perückenköpfe kultiviert. Sie waren in der letzten Lieferung versteckt, die sie uns geschickt haben. Als hätten sie es beiläufig dazugepackt, obwohl sie sich dachten, dass wir es wohl nicht besonders interessant finden würden.«
    »Ich würde gerne wieder einen Baum sehen«, sagte Thale wehmütig.
    »Dann komm nach Crabtree. Ich werde dir alles zeigen. Dort pulsiert das Leben. Es fühlt sich jetzt wie eine richtige Stadt an.«
    Thale verzog das Gesicht. »Vielleicht wie eine Stadt an einem Sonntag, wenn alle ausgeflogen sind – selbst die Eisverkäufer.«
    »Jedes Jahr kommt mehr dazu. Die Kinder machen sich bemerkbar. Und die Enkelkinder. Irgendwann drehen wir uns um und sehen unsere Urenkel. Kinder, für die selbst das Jahr des Eisernen Himmels graue Vorgeschichte ist. Die Erde wird für sie sein wie … ich weiß nicht, Sparta oder Mesopotamien, etwas, das sie sich lächelnd in einem Bilderbuch ansehen, bevor sie zur nächsten Seite weiterblättern, wo es aufregendere Dinge zu bewundern gibt.«
    »Manchmal machst du mir Angst, Bella.«
    »Ich habe es genauso empfunden, als ich erstmals die Rockhopper bestiegen habe. Es war, als würde mir die Welt entgleiten. Jetzt ist es nur extremer geworden, das ist alles.«
    Thale führte sie durch den gläsernen Verbindungsgang zur Botschaft der Perückenköpfe, während Liz Shen in der Empfangskuppel zurückblieb. Bella hoffte, dass ihre Nervosität nicht zu offensichtlich war, aber mit jedem Schritt, den sie den Aliens näher kam, spürte sie, wie ihre Entschlossenheit schwand. Sie hatte diesen Besuch lange genug hinausgezögert und hätte es auch weiterhin getan, wenn Jim Chisholm nicht darauf gepocht hätte, dass ihr sofortiges Erscheinen unabdingbar war. Chisholm war zwar faktisch immer noch ihr Untergebener, aber sie hatte schon vor langer Zeit erkannt, dass es sich manchmal lohnte, ihm zu gehorchen.
    Die Botschaft nahm den Landeplatz des ursprünglichen Schiffs der Perückenköpfe ein. In mancher Hinsicht handelte es sich immer noch um das ursprüngliche Schiff, aber durch die irreale Verwandlungsfähigkeit der Alien-Technik war es schwierig (und vermutlich auch sinnlos), ein definitives Urteil zu fällen. Auf jeden Fall war die Botschaft wesentlich größer. Sie hatte sich bis zur Hälfte der Strecke zum Loch ausgedehnt und war zusätzlich in die Höhe gewachsen. Aber sie hatte immer noch den Architekturstil mit gläsernen Schichten und vielen kerzenleuchterartigen Armen, die sich zu Spitzen emporreckten, sodass sich ein Dickicht aus lichtbrechenden Strukturen rund um einen gurkenförmigen Zentralturm ergab. Gelegentlich trafen Untereinheiten ein und flogen wieder ab, manche davon so groß wie das ursprüngliche Schiff. Ihre Antriebsmethode deutete genauso wie alles andere, das mit den Perückenköpfen zu tun, auf Techniken hin, die

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