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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zu werden. »Ich räume ein, dass es noch vieles zu verbessern gibt, aber das bedeutet nicht, dass wir über alles im Unklaren gelassen werden sollten. Es ist doch denkbar, dass mehr Wissen uns helfen könnte, klügere Entscheidungen zu treffen.«
    »Aber es könnte euch auch auseinanderreißen.«
    »Bitte gebt uns mehr Informationen«, sagte Bella. »Ihr seid viel tiefer in die Struktur vorgedrungen als wir. Ihr seid anderen Zivilisationen begegnet. So viel habt ihr uns bereits verraten.«
    »Das haben wir«, sagte McKinley.
    »Dann sagt uns, warum wir hier sind. Sagt uns, warum Janus uns zweihundertsechzig Lichtjahre weit bis hierher transportiert hat. Sagt uns, was das für euch bedeutet. Ihr müsst doch irgendeine Vorstellung haben.«
    »Wir haben Daten … eine Theorie. Aber dazu seid ihr noch nicht bereit.«
    »Wann werden wir bereit sein?«
    »Wenn die Zeit gekommen ist. Im Augenblick seid ihr vollauf damit beschäftigt, eure verlorene Geschichte nachzuholen. Neues Wissen – vor allem solches, wie du es verlangst – könnte sich auf katastrophale Weise als destabilisierend erweisen.«
    »Von welchen Zeiträumen sprechen wir hier, McKinley?«, erkundigte sich Thale.
    »Mehreren Jahrzehnten. Vielleicht fünfzig Jahre. Vielleicht länger.«
    »Und wenn die Moschushunde früher kommen – was würde sich dadurch für uns verändern?«, fragte Bella.
    McKinley erschauderte. Eine intensive Wellenbewegung lief durch seinen Strähnenvorhang und legte das rötlich gestreifte Muster der inneren sensorischen Strähnen frei. Es war die einzige wahrhaft exotische Geste, die Bella an ihnen beobachtet hatte. Was alle anderen betraf, war sie überzeugt, dass sie bewusste Nachahmungen menschlicher Gestik darstellten und nichts über den wirklichen emotionalen Zustand der Aliens verrieten. Doch diese Art des Erschauderns deutete auf eine tiefe Gefühlsregung hin.
    »Sie werden euch die ganze Welt anbieten«, sagte McKinley. »Und wenn ihr sie annehmt, werdet ihr alles verlieren.«
     
    Sie machten sie wieder jung. Oder zumindest jünger. Sie hatte darum gebeten, die Behandlung nicht in vollem Ausmaß durchzuführen, sondern lediglich die Uhr auf das ungefähre biologische Alter zurückzudrehen, das sie bei der ersten Begegnung zwischen der Rockhopper und Janus gehabt hatte. Einige mochten ihre Entscheidung für recht exzentrisch halten, da auch die vollständige Verjüngung im Angebot war. Aber Bella hatte sich während ihrer »besten Jahre« viel wohler gefühlt als zu ihrer Jugendzeit. Sie hatte es genossen, fünfundfünfzig zu sein, und sie genoss es, wieder wie fünfundfünfzig zu sein, auch wenn sie nun die Erinnerungslast von dreißig zusätzlichen Jahren mit sich herumschleppte – etwas, das wie eine Migräne gegen die zu engen Wände ihres Schädels drückte.
    An die Prozedur selbst konnte sie sich kaum erinnern. Niemand erinnerte sich daran. Sie hatte sich von Nick Thale und Jim Chisholm verabschiedet, und die Perückenköpfe hatten sie in eine der Spitzen geführt, die sich von der Decke herabsenkten. Das Gebilde zog sich zurück und beförderte sie tiefer ins Innere der Botschaft. Schließlich brachten die Aliens sie in eine Art Garten, der von Glas umschlossen war. Hier gab es Felsen und fließendes Wasser, Windglöckchen und einfache Pflanzen in zartem blaugrünem Farbton. Die Perückenköpfe blieben hinter dem Glas und drückten vorsichtig ihre ständig bewegten Strähnen dagegen. Unwillkürlich wurde sie an etwas erinnert, das sie seit vierzig oder fünfzig Jahren nicht mehr gesehen hatte – die rotierenden Bürsten einer Autowaschanlage, die über die Windschutzscheibe wischten.
    Der Kokon öffnete sich und ließ sie heraustreten. Die Luft war atembar und roch angenehm. Irgendwie verlockte sie sie dazu, tief durchzuatmen. Das Murmeln des Wassers und das Klingeln der Glöckchen löste in ihr das überwältigende Gefühl der Entspannung und des Wohlergehens aus. Sie vermutete, die Aliens hatten die menschliche Psyche erforscht und die optimalen Parameter einer Umwelt ermittelt, die als angenehm empfunden wurde. Doch selbst das Wissen, dass es das Produkt einer bewussten und möglicherweise rücksichtslos pragmatischen Einstellung war, verringerte die entspannende Wirkung nicht.
    Irgendein chemischer Einfluss in der Umgebung versetzte sie in einen Zustand zufriedener Akzeptanz, in dem sich die letzten Reste von Bangigkeit verflüchtigten. Die Aliens forderten sie auf, sich zu entkleiden und in einen der

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