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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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obwohl sie wusste, dass es sinnlos und kindisch war, gegen die gottgleiche Weisheit dieser Frau zu argumentieren. »Wir haben die Struktur erreicht, und jetzt befinden wir uns in ihr.«
    »Ihr seid irgendwo«, sagte Chromis, »aber definitiv nicht in der Spica-Struktur.«
    »Wie kannst du dir dessen so sicher sein?«
    »Weil wir sie zerstört haben.« Ihr Gesicht nahm einen reuevollen Ausdruck an – das erste Anzeichen menschlicher Fehlbarkeit, das Bella an dieser ernsten, gebieterischen Frau wahrnahm. »Es geschah nicht absichtlich. Wir haben die Struktur untersucht, wir wollten die Prinzipien verstehen, die ihrer Funktion zugrunde liegen.«
    »Wann?«, fragte Bella. »Wann habt ihr sie zerstört?«
    »Nach meinem Kalender vor siebzehntausend Jahren – nach eurem ungefähr im frühen dreiunddreißigsten Jahrhundert. Und wenn ich sage, dass ›wir‹ sie zerstört haben, meine ich keine politischen Organe des Kongresses des Lindblad-Rings. Ich beziehe mich lediglich auf Vertreter der Menschheit – Menschen, die deiner Zeit viel näher als unserer sind.«
    Bella schwirrte der Kopf, aber sie hatte nicht den leisesten Zweifel, dass Chromis die Wahrheit sagte. »Das sind eine Menge Informationen.«
    »Ich weiß, und es tut mir leid.«
    »Als du von der Passage gesprochen hast …«
    »Ihr wart zweihundertsechzig Jahre mit neunundneunzig Komma neun Prozent der Lichtgeschwindigkeit zum Spica-Doppelsternsystem unterwegs. Ihr wart einem Zeitdilatationsfaktor von zweiundzwanzig unterworfen, wodurch diese zweihundertsechzig Jahre zu zwölf Jahren subjektiver Zeit verkürzt wurden, wie sie von euren Uhren gemessen wurde.«
    »Es waren dreizehn Jahre«, sagte Bella.
    »Nein. Wenn in der Tat dreizehn Jahre seit eurem Aufbruch vergangen sind, liegt es daran, dass ihr zwölf Jahre benötigt habt, um zu Spica zu gelangen, und ein weiteres Jahr, um euren gegenwärtigen Aufenthaltsort zu erreichen.«
    »Trotzdem bin ich …«
    Chromis fiel ihr behutsam ins Wort. »Die Spica-Struktur war ein Booster, Bella. Er hat euch auf eine Geschwindigkeit beschleunigt, die noch näher an der des Lichts liegt. Ein Zeitdilatationsfaktor von zweiundzwanzig ist zwar recht hoch, aber er war immer noch ungenügend für die lange Reise, die ihr schließlich angetreten habt.« Chromis’ Miene zeigte Anstrengung, als würde es ihr Unbehagen bereiten, diese Informationen weiterzugeben. »Ich möchte eine Analogie aus eurer Epoche benutzen, Bella. Die ersten zweihundertsechzig Lichtjahre eures Flugs – die ersten zwölf Jahre subjektiver Zeit – waren lediglich die Fahrt vom Terminal bis zur Startbahn. Die Spica-Struktur war die Startbahn. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte eure Reise noch gar nicht richtig begonnen.«
    Bella wollte es leugnen, aber die Frau sprach mit solcher Überzeugungskraft, dass kein Platz für Zweifel blieb. Chromis sagte die Wahrheit. »Und wohin geht diese Reise?«, fragte sie.
    Chromis sah sie beschämt an. »Wir sind uns immer noch nicht sicher. Während eurer Passage durch die Struktur befanden sich die nächsten Sonden, die euch folgten, hundert Lichtjahre hinter euch. Ihre Beobachtungen konnten nur aus großer Entfernung angestellt werden. Sie empfingen schwache Signale von euren Flugrobotern, die genügten, um die Veränderung eurer Geschwindigkeit zu messen, während ihr durch die Struktur geschleust wurdet. Doch als ihr herauskamt, gingen diese Signale verloren.«
    »Ihr konntet uns nicht mehr sehen.«
    »Nein. Die Hülle war zu dunkel, sie absorbierte zu viel.«
    Bella vermutete, dass sie den Eisernen Himmel meinte. »Aber ihr müsst doch eine ungefähre Vorstellung gehabt haben, wohin unser Flug ging.«
    »Wir hatten eine Vermutung. Wir haben den Kurs extrapoliert und ein Gegenstück zur Spica-Struktur lokalisiert, das weitere zweitausend Lichtjahre entfernt ist. Ein weiterer Booster oder vielleicht ein Kurskorrekturelement. Wir wussten, dass ihr diese Struktur wahrscheinlich nach zweitausend Jahren erreichen würdet, aber darüber hinaus gab es für uns keine Möglichkeit, euch zu verfolgen oder den neuen Zeitdilatationsfaktor zu schätzen. Ihr wart zu dunkel und zu schnell. Wir haben euch verloren.«
    »Aber ihr habt uns wiedergefunden«, sagte Bella.
    »Wir haben euch nie vergessen«, sagte Chromis. »Die Janus-Anomalie hat den Lauf der Geschichte verändert. Das Existenztheorem besagt, dass es immer einfacher ist, eine Lösung zu finden, wenn man sich gewiss sein kann, dass eine existiert. In den ersten hundert Jahren

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