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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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die in Bella tiefes Vertrauen erweckten.
    »Hallo, Bella«, sagte die Frau. »Du kannst mich jetzt sehen, nicht wahr?«
    Bella sammelte ihre Kraft und rief: »Ryan, komm bitte!«
    Sie war sich nicht einmal sicher gewesen, ob Ryan noch da war, aber er eilte sofort herbei, mit einer Besorgnis, die jegliche Erschöpfung überwunden haben musste, die er möglicherweise empfand.
    »Was ist los?«
    »Ich halluziniere«, sagte Bella ruhig. »Ich bilde mir ein, dass ich eine Frau in Weiß sehe, die rechts neben dir steht.«
    Axford blickte vorsichtig zur Seite. »Ich sehe nichts, Bella.«
    »Aber sie ist da. So deutlich wie das Tageslicht. Und sie sieht mich an.«
    »Bella«, sagte die Frau voller Mitgefühl, »es besteht kein Grund zur Beunruhigung.«
    Axford justierte den Scannerkranz nach. Er zog die Brille aus der Tasche und setzte sie auf. Sie war viel zu groß für ein Kind. »Dein okzipitoparietales Areal ist sehr aktiv, genauso wie der auditorische Kortex«, sagte er und tippte mit einem Finger in die Luft, um ein Detail des Scans zu vergrößern.
    »Dort müssen sich die Maschinen aufhalten. Ich glaube, sie lassen mich diese Halluzination sehen.«
    »Beschreibe die Frau«, sagte Axford.
    »Sie ist groß. Schwarze Haut. Ganz in Weiß gekleidet. Wie eine Nonne …« Bella runzelte die Stirn, als sie sich ihrer unpräzisen Ausdrucksweise bewusst wurde. »Aber sie ist keine Nonne. Es ist kein abgespeichertes religiöses Bild, das mein Geist in einem kritischen Moment abruft.«
    Die Frau sah sie freundlich an, den Kopf zur Seite geneigt, und wartete, bis Bella zu Ende gesprochen hatte.
    »Kommt sie dir bekannt vor?«
    »Ich kann nicht allzu viel von ihrem Gesicht sehen. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich ihr schon einmal begegnet bin.«
    »Bella, hör mir zu«, sagte sie Frau mit unendlicher Geduld und Gelassenheit. »Du kennst mich nicht. Du bist mir nie begegnet. Es wäre auch kaum möglich gewesen. Ich lebte und starb lange Zeit, nachdem du uns verlassen hast.«
    »Sie spricht mit mir, Ryan.«
    Axford nahm die unpassende Brille von der Stupsnase. »In diesem Fall solltest du dir vielleicht anhören, was sie zu sagen hat.«
    »Bella, die Kurzform meines Namens lautet Chromis Anemone Laubenvogel, aber du darfst mich Chromis nennen. Die vollständige Fassung wäre wohl eher eine Zumutung.«
    »Hallo, Chromis«, sagte Bella und kam sich seltsam vor, während Axford sie beobachtete, aber keine Anstalten machte, die Anwesenheit der Frau zur Kenntnis zu nehmen. »Du kannst mich verstehen?«
    »Ohne Schwierigkeiten«, antwortete Chromis mit einem Lächeln.
    »Darf ich dich fragen, wer du bist und was du in meinem Kopf zu suchen hast?«
    »Selbstverständlich. Es wäre sogar unhöflich von mir, mich nicht etwas genauer vorzustellen. Womit fange ich an? Sagen wir einfach, ich bin eine Politikerin von gewissem Rang. Du würdest mich vielleicht als Senatorin oder Parlamentsabgeordnete bezeichnen. Das Staatsgebilde, dem ich diene, besteht – oder bestand bei der letzten Zählung – aus einem Zusammenschluss von Welten in fünfzehntausend besiedelten Sonnensystemen, die sich über ein Raumvolumen von über viertausend Lichtjahren Durchmesser verteilen.« Chromis streckte die Hand aus und präsentierte Bella einen Ring, den sie am rechten Zeigefinger trug. Darin war ein geometrisches Muster eingraviert, das sich ständig vor Bellas Augen zu bewegen und zu verschieben schien und sichtlich von schwindelerregender Komplexität war. »Das ist das Siegel des Kongresses des Lindblad-Rings. So lautet der Name des politischen Systems, dem ich diene.«
    »Du bist eine Botschaft aus der Zeit nach der Zäsur«, sagte Bella.
    »Ich bin mir nicht sicher, was du mit ›der Zäsur‹ meinst. Ich kann dir nur so viel sagen, dass ihr das Sonnensystem der Erde nach eurem Kalender im Jahr 2057 verlassen habt. Das genaue Datum, zu dem ich diese Aufzeichnung anfertige, ist ohne Bedeutung, aber es dürfte genügen, wenn ich sage, dass seit eurem Abflug über achtzehntausend Jahre vergangen sind.«
    Bella schüttelte den Kopf. »Nein. Wir haben erst zweihundertsechzig Lichtjahre zurückgelegt. Es ist viel Zeit vergangen … aber es waren nur Jahrhunderte und keine Jahrtausende.«
    Chromis sah sie mit beinahe schmerzhafter Milde an. »Ein Irrtum ist ausgeschlossen, Bella. Wir wissen, was mit euch im Spica-System geschehen ist. Wir wissen genau, was während eurer Passage durch die Spica-Struktur geschehen ist.«
    »Es war keine Passage«, sagte Bella,

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