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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Atemluft entwichen war, musste der Restsauerstoff in ihrem Körper einen schädlichen Zellzerfall ausgelöst haben. Selbst jetzt setzte sich dieser Prozess fort.
    Es war wichtig, dass der noch übrige Sauerstoff herausgespült wurde, um die Zellrezeptoren zu blockieren. Es war eher eine Reflexhandlung als eine bewusste Entscheidung, als sich Svetlana durch die Menschen zum nächsten Erste-Hilfe-Koffer drängte und ihn von der Wand riss. Sie öffnete ihn hastig und zerrte das Frostengel-Set heraus, zusammen mit dem kindlich bunten Blatt, auf dem die Gebrauchsanweisung stand. Schon seit Jahrzehnten besaßen sie bessere Methoden, aber die Ausrüstung des Beiboots war augenscheinlich seit der Erstbesiedlung nicht ausgewechselt worden.
    Parry griff nach ihrem Arm und hielt ihn behutsam fest. »Es ist zu spät, Baby. Es ist schon zu lange her.«
    »Wir können es vielleicht noch schaffen.«
    Er redete mit ruhiger Beharrlichkeit auf sie ein. »Für solche Fälle ist die Prozedur nicht gedacht. Mit Frostengel soll Gewebe konserviert werden, bevor es zerfallen kann. Doch hier hat der Zerfall schon begonnen.«
    »Dann müssen wir dafür sorgen, dass es nicht weiter fortschreitet.«
    »Ich weiß, dass du gerne tun möchtest, was du kannst. Aber diesmal kommen wir zu spät. Das hätte auch Bella eingesehen.«
    »Parry!« Ihr platzte der Kragen. »Lass mich los, oder tu irgendwas anderes Sinnvolles!«
    »Baby …«
    Jetzt brüllte sie ihn an, trotz des Triebwerkslärms laut genug, um alle anderen Gespräche im Schiff zum Verstummen zu bringen. »Parry, hör mir zu, verdammt noch mal! Ich werde Bella Lind nicht sterben lassen! Entweder du hilfst mir, oder du lässt mich in Ruhe weitermachen!«
    Er öffnete den Mund, als wollte er etwas erwidern. Doch es dauerte einen Moment, bis er so leise sprach, dass nur sie ihn verstehen konnte. »Was soll ich tun?«
    Sie senkte ebenfalls die Stimme. »Hol sie aus dem Anzug, und zwar schnell. Pack sie in einen Hartanzug, damit wir ihn mit H 2 S fluten können. Aber beeil dich!«
    »Gut«, sagte er und tat, was sie von ihm verlangte.
     
    Bella lag in Schwefelsulfid, als die Star Crusader in Crabtree landete und die paar übrigen Leute aufnahm, die sich noch nicht mit der Magnetbahn nach Underhole abgesetzt hatten. Alle Menschen – genauso wie die SI-Roboter, die sie zum Beiboot begleitet hatten – trugen irgendetwas bei sich, was sie aus den Arboreten und Aquarien von Crabtree gerettet hatten. Es war armselig wenig – ein paar Zweige aus den Wäldern, ein paar Fische –, aber jeder, der die Stadt verlassen hatte, hatte etwas mitgenommen, häufig auf Kosten persönlicher Besitztümer. Vielleicht war es eine sinnlose Geste, vielleicht ließ sich die Siedlung nie wieder so aufbauen, wie sie gewesen war, aber manchmal war eine Geste immer noch besser als gar nichts, ganz gleich, wie sinnlos sie letztlich sein mochte. Es war nur menschlich, wie Bella gesagt hätte. Die Blätter und Fische waren ein Versprechen, dass es trotz allem, was in den nächsten Tagen oder Wochen geschah, immer noch eine Zukunft geben würde. Sie würden an irgendeinem anderen Ort in der Struktur eine Möglichkeit finden, Crabtree neu zu gründen – oder beim Versuch, es zu tun, sterben.
    Doch im Augenblick galt es, wenigstens bis zum nächsten Tag zu überleben.
    Als sie landeten, hatte Wang Zhanmin den Schlüssel fertig. Er war immer noch heiß vom subnuklearen Feuer, in dem er geschmiedet worden war. Sie erblickten ihn zum ersten Mal, als die Roboter ihn mit ehrfürchtiger Vorsicht an Bord des wartenden Beiboots brachten. Er sah aus wie eine komplizierte abstrakte Skulptur aus geblasenem Glas, die von einem Wahnsinnigen erschaffen worden war. Das Ding war ungefähr zylindrisch und von der Größe einer Strahlturbine. Es bestand aus verschlungenen Röhren und Flächen, an denen sich das Licht in chromatischen Spektren brach. Trotzdem vermittelte es den Eindruck, dass nicht alles vorhanden war. Spalten und Lücken in der flüchtigen Gestalt schienen auf fehlende Elemente hinzudeuten, wie ein dreidimensionales Puzzle, in dem einige Teile fehlten. Erst später wurde Svetlana klar, dass das Artefakt der Flüsterer aus zwei Arten von Materie zusammengesetzt war. Die scheinbar fehlenden Teile waren tatsächlich vorhanden und mit gravomagnetischen Kopplungsfeldern und energetischen Überbrückungen ins Ganze integriert. Sie überschnitten sich teilweise, aber nicht vollständig mit dem Raumvolumen, das die sichtbaren Teile

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