Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
Familienangehörigen, also gingen die Briefe an entfernte Verwandte und Freunde.
    Wenn sie solche Briefe schrieb, fragte sich Bella manchmal, wer diese Aufgabe übernehmen würde, wenn sie starb. Sie wusste, wie es war, auf der Empfängerseite einer solchen Nachricht zu stehen. Damals hatte sie einen Anruf erwartet, dass Garrison im Zuge der Rotation von Big Red zurückkehrte. Stattdessen erfuhr sie, dass sein Shuttle als Ascheregen über Sinai Planum niedergegangen war, nachdem die Luftbremsung schiefgegangen war. Er hatte sich auf dem Rückflug von Deimos befunden.
    Das Unglücksdatum: der 13.3.36. Die Zahlen hatten sich unauslöschlich ihrem Gedächtnis eingebrannt.
    Die Leute gingen davon aus, dass sie gut ohne Partner leben konnte, als würde die notwendige Kühle ihrer Entscheidungen implizieren, dass sie selbst frigide war. Nur ein paar hatten sie verstanden: Svetlana, Chisholm, Axford, Parry. Sie wussten nicht alles, und sie wollte auch gar nicht, dass sie alles wussten. Nicht einmal Svetlana wusste vom Streit, den Bella und Garrison gehabt hatten – in die Länge gezogen durch die Zeitverzögerung eines Gesprächs zwischen Erde und Mars –, kurz bevor Garrison zu seiner letzten Mission aufgebrochen war. Wenn sie die Sache wenigstens beigelegt hätten, bevor sie die Verbindung unterbrochen hatten, bevor Garrison abgeflogen war. Er wäre trotzdem gestorben, aber sie wäre nicht mit dem üblen Gefühl zurückgeblieben, dass etwas unerledigt geblieben war, als wartete das unangenehme Gespräch immer noch auf einen Abschluss, irgendwo im Weltraum zwischen Erde und Mars.
    Bella riss sich zusammen, bevor sie noch tiefer in diese gefährliche Spirale stürzen konnte. Nichts konnte die Ereignisse ungeschehen machen, aber jedes Mal, wenn sie dachte, sie könnte dieses Buch endlich schließen, kehrte alles zurück und Garrisons Tod verfolgte sie weiter. Sie musste akzeptieren, dass es vermutlich immer so sein würde. Es gab Zeiten, in denen sie die Vergangenheit mit Arbeit und Pflichten verdrängen konnte, wo sie daran dachte, was geschehen würde, statt an das, was hätte sein können.
    Aber heute war keiner dieser Tage.
    Bella war gerade mit den Briefen an Takahashis entfernte Verwandte fertig geworden, als sie bemerkte, dass eine an sie adressierte Nachricht von DeepShaft eingetroffen war. Es ging um Svetlanas Anfrage wegen des Drucks in den Treibstofftanks. Durch den tragischen Zwischenfall hatte sie dieses Problem fast völlig vergessen. Sie überflog das Dokument, dann rief sie Svetlana an, um ihr zu sagen, dass der Bericht einen sehr gründlichen Eindruck machte und die Sorgen, die sie geäußert hatte, zu zerstreuen schien.
    »Meine Sorgen?«, fragte Svetlana.
    »Ich schicke den technischen Bericht auf deinen Flextop. Die Zusammenfassung am Ende gibt den Grundtenor mit adäquater Klarheit wieder.«
    »Mit adäquater Klarheit«, sagte Svetlana und verzog das Gesicht. »Nun, das erleichtert mich.«
    »Es gibt kein Geheimnis«, sagte Bella. »Die Konfiguration der Sensoren und der Software musste eine kurzfristige Druckveränderung durch den Zusammenstoß mit den Massentreibern ausgleichen. Die gute Nachricht ist, dass kein Grund zur Sorge besteht.«
    »Wirklich?« Svetlana klang verblüfft. »Nicht der geringste?«
    »Die Simulationen zeigen, dass der Zusammenstoß keine strukturelle Beeinträchtigung der Tanks zur Folge gehabt haben kann.«
    »Es gibt keinen Zusammenstoß, der nicht zumindest eine gewisse Beeinträchtigung zur Folge hätte.«
    »Aber keine Beeinträchtigung, mit der wir nicht leben können.«
    »Trotzdem bin ich darüber nicht glücklich, Bella.«
    »Ich habe dich nicht darum gebeten, glücklich zu sein. Ich bitte dich nur, dir wegen dieses Vorfalls keine Sorgen mehr zu machen. Wir haben lediglich die möglichen Auswirkungen überschätzt. Warum bist du felsenfest davon überzeugt, dass uns irgendjemand Fakten vorenthalten will?«
    »Du darfst mich als Zynikerin bezeichnen, aber glaubst du wirklich, DeepShaft wäre begeistert, wenn wir jetzt umkehren würden?«
    »Sie sind genauso daran interessiert, dass dieses Schiff heil bleibt.«
    »Bis wir Janus erreicht haben.«
    »Svieta …«, begann Bella, bis sie es mit einem verzweifelten Blick zur Decke aufgab. »Eigentlich müsste ich es inzwischen besser wissen, meinst du nicht auch?«
    »Wie ich bin? Eigentlich schon!«, sagte Svetlana.
     
    Svetlana folgte Parry durch die Schleuse und auf den schwindelerregend hohen Turm der Rückgratstreben

Weitere Kostenlose Bücher