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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Außerdem hätte der Rat meine Freundin, die sich mit mir am Wasserdurchgang verabredet hatte, dann wohl gekannt. Vielleicht gab es auch Uneinigkeit im Rat und Ranja würde auf meiner Seite stehen, weil sie gegen die Löschungen war? Aber warum arbeitete sie dann nicht mit Jerome zusammen? Es half nichts. Ich spürte, dass das alles noch nicht passte. Ich tappte irgendwie im Dunkeln.
    Ich wollte weiterlesen, aber draußen ging der Himmel von Blau ins Schwarze über. Die Kerzen flackerten. Ein Windzug strich mir die Wange entlang.
    „Hallo?“, rief ich unwillkürlich. War da jemand? Ich klappte das Buch zu und sah mich um. Niemand. Ich musste los. Ich konnte zu Hause im Bett weiterlesen. Ich blies die Kerzen aus und machte mich auf den Weg, voll mit vielen neuen Gedanken und Fragen. Trotzdem war zum ersten Mal was anders.
    Die magische Welt und ihre Geheimnisse hatten mich gepackt. Vielleicht wollte ich nicht mehr nach Hause. Vielleicht wollte ich genau hier sein und alles ergründen.
    ***
    Ich trat aus dem Wald und ging auf Neves Turmhaus zu. Ich freute mich auf einen Pflaumenpunsch und ein paar belegte Brote, die ich mir ins Bett holen würde, um weiter zu lesen. Vor der Eingangstür bewegte sich ein Schatten. Ich erschrak. Ich hatte eine regelrechte Schatten-Phobie entwickelt. Ob sie mich auch hier aufsuchen würden?!
    „Sorry, wollte dich nicht erschrecken.“
    Vor mir stand Leonard. Er trug eine schwarze Lederhose, ein dunkelrotes Muskelshirt und offene Haare. Ich staunte immer wieder, wie intensiv grün seine Augen leuchteten, sogar im Dunkeln. Ich wollte an ihm vorbei und die Tür aufschließen, aber er versperrte mir den Weg.
    „Was willst du?“, fuhr ich ihn an.
    „Mit dir reden. Warum du weggelaufen bist.“
    „Ach, das bist du wohl nicht gewohnt …“
    „Nicht gewohnt?“ Er sah mich ehrlich erstaunt an. Zum ersten Mal entdeckte ich etwas Verletzliches in seinen Zügen, was mich augenblicklich entwaffnete. Ich seufzte, verschränkte die Arme, sah ihn an und sagte:
    „Das, was da bei dir passiert ist … war ein Versehen. Ich weiß nicht, wir haben uns wohl missverstanden. Aber …“ Ich schwieg für einen Moment. Was sollte ich sagen? Ich sagte es einfach:
    „… ich bin schon mit Jemandem zusammen.“
    Leonard zog eine Augenbraue hoch, verschränkte ebenfalls die Arme und lehnte sich gegen die Hauswand.
    „Mit wem denn?“
    „Kennst du nicht. Und geht dich auch nichts an.“
    „Jemand von draußen?“ Er pfiff verächtlich durch die Zähne. Ich sagte nichts, sah ihn nur an.
    „Das hat doch keine Zukunft“, gab er hinterher. Erleichterung lag in seiner Stimme. Ich bereute, dass ich für einen kurzen Moment sowas wie Nachsicht für ihn empfunden hatte, drängte mich wütend an ihm vorbei und zog den Schlüssel aus der Hosentasche. Dabei nahm ich Leonards Geruch wahr. Er nebelte mich ein wie ein Fluidum, was mich dazu bringen wollte, gegen meinen Willen zu handeln. Leonard hielt mich am Oberarm fest. Durch meinen Körper raste ein schaurig schönes Zittern.
    „Wir gehören zusammen. Ich spüre es. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das nicht auch spürst“, sagte er, so entschlossen und bestimmt, dass mir der Atem stockte. Für den Bruchteil einer Sekunde war ich unentschieden, in Leonards Arme zu sinken oder ihn von mir zu stoßen. Ich riss mich los. Dabei entstand eine unglaubliche Wucht. Leonard landete hart gegen den Stamm der Tanne, die neben dem Haus stand. Der Baum war zwei Meter weg. Es war, als hätte ihn eine Orkanböe dagegen geschleudert. Mir war kein bisschen klar, wie ich das gemacht hatte. Ich hatte nur meinen Arm losgerissen. Ich musste unwillkürlich an die Sache mit Herrn Falke, unserem Sportlehrer denken. Leonard stöhnte. Hatte er sich ernsthaft verletzt? Als ich jedoch sah, dass er sich wieder aufrappelte, stieß ich die Tür auf, knallte sie hinter mir zu und lehnte mich dagegen. Jetzt musste ich an Tim denken, der sich noch vor nicht allzu langer Zeit hinter einer Tür befand, die ich ebenfalls zugeworfen hatte, als wäre er ein Ungeheuer. Ich schüttelte den Gedanken ab. Tim und Leo, das konnte man doch nicht vergleichen!
    „Du kannst nicht vor mir weglaufen!“, rief Leo von draußen. Seine Schritte entfernten sich. Ich ärgerte mich über Leos Arroganz, dass er sich augenscheinlich für unwiderstehlich hielt. Das war einfach widerlich!
    „Was machst du denn für ein Gesicht? Als wenn du gerade eine Nacktschnecke geschluckt hast.“
    Neve stand vor mir und ich

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