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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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dem see bringst, können wir öfter miteinander reden
    Kira: nochmal, ich hasse wasser. und ich gehe nicht noch mal in den see
    Atropa: ich bin sicher, du wirst deine wasserscheu überwinden
     
    Warum nervten mich heute alle mit dem blöden Wasser? Ich hatte keine Lust mehr, weiter auf dem Wasserthema herum zu reiten. Ich wollte endlich genaueres über Atropa wissen:
     
    Kira: was bist du für ein geist? neve hat mir von geistern erzählt
    Atropa: du hast ihr von mir
     
    Diesmal schrieb ich einfach dazwischen und es funktionierte.
     
    Kira: nein, nein … ich habe nur so allgemein gefragt. sie sagte, es gäbe waldgeister und geister von toten, die keine ruhe finden. aber sie hätte noch nie einen kontakt gehabt. obwohl sie ein engel ist
    Atropa: neve ist kein engel. neve ist ein mensch, der die kräfte der engelwesen im äther führen und nutzen kann
    Kira: sie besteht aber irgendwie darauf, ein engel zu sein
    Atropa: ja, ich weiß, sie ist ein bisschen verrückt … ich gehöre zu den geistern des waldes und beschütze menschen mit doppelbegabungen. deshalb weiß neve nichts von mir. pio wird dich gleich hinausschicken. sei wachsam, kira. vergiss nicht, alles zu löschen. und komm bald wieder!
    „Schauen Sie, die Uhr. Um 13 Uhr gehen meine Gäste immer.“
    „Ja, ich weiß Pio.“ Ich stand auf und verabschiedete mich. Pio schloss hinter mir die Tür und schon war ich Draußen. Abgeschnitten von der Welt und mit meinen neusten Fragen allein. Für einen Moment stand ich verloren im Flur. Atropa beschützte Menschen mit Doppelbegabungen und schickte mich gleichzeitig zum Rat, der Menschen mit Doppelbegabungen zum Halbkrüppel machte? War es das, was sie unter Schutz verstand? Oder war es Jerome, der mir nur halbe Wahrheiten erzählte? Es half nichts. Ich musste meine eigenen Antworten auf all diese Fragen finden. Aber zuerst hatte ich Hunger. Jerome hatte mir für den Nachmittag freigegeben. Ich überlegte, in das Akademie-Café zu gehen. Doch die Angst, Leo zu treffen, war zu groß. Wie sollte ich ihm unter die Augen treten? Früher oder später mussten wir uns über den Weg laufen. Es ließ sich nicht vermeiden. Aber es musste ja nicht heute sein. Ich beschloss, nach Hause zu gehen, mir dort eine Pizza aufzubacken – Neve kaufte den Kühlschrank in der realen Welt immer bis oben hin voll – und mich danach mit meinem Lesebuch in den Wald aufzumachen. Ich wollte sehen, ob ich meinen kleinen Dom wiederfand, ob er wirklich noch da war. Und in meinem elektronischen Buch hoffte ich ein paar verlässliche Antworten auf meine Fragen zu finden.
    ***
    Im Wald herrschte eine friedliche Stimmung. Auf dem inneren Waldweg, der um die Akademie und ihre Häuser herumführte, traf ich niemanden. Einige bunte Vögel flatterten durch die weit in den Himmel ragenden Wipfel. Ich stellte mir die golden glitzernde Fassade des Doms von Orvieto vor, so wie Neve es gesagt hatte. Es war nicht schwer, die Abzweigung in den Wald zu finden, an der wir beim ersten Mal zum Durchgang Äther abgebogen waren. Genau hier schlängelte sich ein kaum sichtbarer Pfad in das grüne Dickicht. Allein meine Gedankenkraft ließ die Farne und Blätter sich nach links und rechts biegen. Ich blickte zurück, um herauszufinden, ob mir jemand folgte. Niemand. Also betrat ich den Pfad. Ich lief circa fünf Minuten. Hinter mir legten sich die Farne und Blätter wieder über den kleinen geheimen Weg.
    Vor mir sah ich meinen Miniatur-Dom durch die dicken glatten Stämme der Bäume glitzern. Der Ort, der mir in der magischen Welt ganz allein gehörte. Ein Gefühl von Glück durchströmte mich. Als wäre ich hier unangreifbar. Ich setzte mich auf die steinerne Bank neben dem Eingangsportal, schloss die Augen und sog die süße Luft ein. Der Himmel war tiefblau und bildete einen kontrastreichen Hintergrund zu meinem glitzernden Zufluchtsort. Was wollten sie nur alle von mir? Alle zogen an mir, so kam es mir vor. Jeder überschüttete mich mit Regeln, was ich wo tun, lassen, sagen oder nicht sagen sollte. Jeder hatte einen Sack voll Ideen, die sich angeblich anboten, ein Geheimnis daraus zu machen. Ich war ein Spielball. Hier, in der friedlichen Atmosphäre des Doms kam es mir absurd vor. Warum ließ ich mich überhaupt so verwirren? Ich fasste einen Entschluss. Ich würde mir weiter alles von jedem anhören. Aber ich würde nur noch mir selbst trauen, meine eigenen Schlüsse ziehen und für alle anderen das größte Geheimnis sein. Ich stand auf, reckte mich. Die

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