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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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einen kleinen Waldweg durch hohe Büsche mit kleinen roten Beeren entlang, die in der Abendsonne glitzerten. Mit meiner Hand in seiner hatte ich auf einmal keine Lust mehr, mich zu wehren. Wir duckten uns unter überhängendem Gestrüpp hindurch und redeten nichts. Ich beobachtete sein seitliches Profil. Sein Gesichtsausdruck war ernst und entschlossen, aber um seinen Mundwinkel war Vorfreude zu erkennen.
    „Warum rennen wir so?“
    „Ich will, dass du es noch siehst, bevor es dunkel ist. Jetzt im Abendlicht ist es am schönsten.“
    Auf einmal wichen die Büsche mit den roten Beeren, die immer dichter geworden waren, als wollten sie uns verschlingen, und eine kleine Lichtung tat sich auf. Leo blieb stehen und hielt mich weiter fest an der Hand.
    „Schau“, sagte er.
    Vor mir stand eine Finnenhütte aus schwarz gebeiztem Holz mit dunkelroten Dachziegeln. Die dreieckige Vorderfront des Hauses war ganz aus Glas mit kleinen dunkelroten Streben aus Holz. Links und rechts neben der Treppe aus Schiefer, die zur Eingangstür führte, die auch aus Glas war, standen zwei der Büsche mit den glitzerroten Beeren. Hinter den Scheiben im Erdgeschoss brannten zwei bodentiefe, dicke weiße Kerzen. Das Haus war beeindruckend, dunkel, mysteriös, geheimnisvoll, absolut magisch, fast ein bisschen unheimlich.
    „Das hast du gemacht?“
    Leo grinste stolz über das ganze Gesicht.
    „Gefällt es dir?“
    „Ja …“
    „Nur… ja …?!“ Leo sah mich ein wenig enttäuscht an.
    „Naja, ich mein … mir muss es doch nicht gefallen. Jedenfalls, du hast es super hingekriegt. Sulannia macht immer die Abnahme der Häuser. Sie wird garantiert zufrieden sein.“
    „Natürlich muss es DIR gefallen! Eins der Häuser wird deins sein. Das hat Sulannia beschlossen. Ich habe auch die Büsche gepflanzt … und sogar die Dachschindeln gestrichen, sie waren vorher hellgrau. Ich dachte, es passt einfach zu dir.“
    Ich entzog Leo meine Hand. Ich fühlte mich überrumpelt. Ich dachte, ich würde Geheimnisse haben, aber nun schien es, das alle um mich herum ständig vor mir Geheimnisse verbargen. Ich hatte nichts davon mitbekommen, dass eins der Häuser, die wir neu streichen sollten, meins werden würde. Etwas in mir jubelte sofort, weil mir klar wurde, dass das hellblaue Haus mir gehören könnte. Aber nun stand ich vor der schwarzroten Finnhütte, die Leo extra für mich so gestaltet hatte und konnte den Blick in seine erwartungsvollen Augen kaum aushalten. Er machte den Eindruck, als wolle er an dem Punkt weitermachen, wo wir nach unserer ersten gemeinsamen Nacht aufgehört hatten. War das möglich? Hatte ich nur alles falsch gedeutet, weil es nicht in meinen Kopf wollte, dass so einer wie Leo …
    Oder ging es nur darum, dass er mich schließlich noch nicht komplett erobert hatte? Das passte wohl am besten. Okay, dann sollte er sich mit seinen Bemühungen ruhig auf die Ewigkeit einrichten.
    „Es ähnelt ein wenig deinem Haus. So, von den Farben …“, sagte ich und versuchte, ihn anzulächeln.
    „Komm, wir gehen hinein.“
    Leo zog mich zur Eingangstür und schloss sie auf. Wir betraten einen Raum mit schwarzem Steinboden, in dem kleine Steinchen glitzerten. Darauf lag ein roter Teppich, genau wie bei Leo. Eine schwarz verchromte Küchenzeile blinkte in der Ecke. Eine gusseiserne Treppe führte in die Spitze des Hauses, auf eine offene Galerie mit gusseisernem Geländer.
    „Geh hinauf. Da oben wartet ein gemütliches Bett.“
    Ich kam ins Schwitzen. Hoffentlich bekam ich es überhaupt hin, ihn eine „Ewigkeit“ zappeln zu lassen. Und warum auch? Er war doch MEINE Eroberung. Warum vergaß ich das immer wieder? Emotional war ich derzeit echt nicht zu gebrauchen. Ein Blatt im Wind, rundum angreifbar, schrecklich.
    „Ist irgendwas?“, fragte mich Leo.
    In meinem Gesicht arbeiteten die Gedanken wahrscheinlich wie Wolkenformationen auf einer animierten Wetterkarte.
    „Äh, nein. Ich bin nur … wirklich überrascht.“
    Leo freute sich wie ein Schneekönig und konnte es gar nicht erwarten, dass ich alles entdeckte. Ich ging hinauf. Die gleichen Dachschrägen wie bei Leo, schwarz gestrichen, geschmückt mit Lichterketten aus roten Kugeln. In der Mitte stand ein runder Podest mit einem kuschelweichen, dunkelroten Überwurf und einigen roten Kissen. Das Ganze war durchgestylt.
    „Sag nicht, du hast dieses Wochenende nicht nur alles gestrichen, sondern auch einen kompletten Möbelwagen herangeholt und passende Küchenzeilen

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