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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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plötzlich nicht mehr sehen. Niemand bräuchte mehr lügen. Die Welten würden miteinander kommunizieren, die Bewohner und Studenten der magischen Akademien sich frei bewegen zwischen den Welten. Menschen mit besonderen Fähigkeiten würden bereits in dem Bewusstsein aufwachsen, etwas Besonderes zu sein. Niemand würde mehr in einer geschlossenen Anstalt landen, nur weil er nicht wusste, was mit ihm geschah.
    All das klang so klar und logisch. Warum war es so schwer, das durchzusetzen? Warum waren Clarissa und Alexander gescheitert?
    „Sie haben ein paar Fehler gemacht“, entschied Leo.
    „Natürlich ist die Welt nicht vorbereitet auf eine Welt hinter der Welt.
    Es ist, wie Jerome es sagt: Zuerst muss man Menschen, einflussreiche Menschen, in die magische Welt holen, sie ihnen zeigen, sie beweisen, ihnen klarmachen, was für ein Potential sie hat und dann die magische Welt von innen heraus nach außen öffnen, dann, wenn die magische Welt die Mächtigen der realen Welt bereits auf ihrer Seite hat.“
    Ich nickte andächtig. Ich spürte eine ganz neue Art von Achtung vor Leo. Nein, er war nicht nur ein zu gut aussehender Aufreißer. Leo war intelligent, klug und er besaß die Fähigkeit, sich leidenschaftlich in eine Sache zu vertiefen. Der Vergleich zu Tim drängte sich auf. Doch Tim war auf einmal blass, als ich in Leos funkelnde Augen schaute. Tim war nur ein gewöhnlicher Mensch.
    „Aber wie soll man einflussreiche Menschen aus der realen Welt hinüber holen, wenn sie keine magischen Fähigkeiten besitzen?“
    Ich dachte an die Gesetze der Durchgänge, die unumstößlich waren, solange der jetzige Rat regierte.
    „Jerome hat mir gegenüber eine Andeutung gemacht. Es gibt eine Möglichkeit, aber sie ist geheim. Äußerst geheim“, behauptete Leo.
    „Aber dir hat er davon erzählt?“, fragte ich etwas ungläubig.
    Ich saß Leo immer noch im Schneidersitz gegenüber. Ich spürte meine Beine kaum noch.
    „Mir hat er auch sein Tagebuch gegeben“, gab er zurück.
    Das stimme. Ich dachte an den Nachmittag im Wald, als Leo mich zurück ließ und ein Gespräch mit Jerome begann, als wären sie Vater und Sohn.
    „Und warum solltest du es anschauen?“, fragte er weiter. Ich antwortete nicht. Die Frage war nur noch rhetorisch. Leo nahm meine Hände in seine und machte ein feierliches Gesicht.
    „Ich glaube, dass er sie sieht … in uns ...“
    Ich sah Leo verständnislos an, während in mir etwas hochkroch, was mit den Atem nahm, weil ich langsam verstand.
    „Alexander und Clarissa“, schob Leo nach. Im gleichen Moment war die Erkenntnis in meinem Bewusstsein angekommen. Ich riss mich los:
    „In uns, aber warum denn in uns?“
    Leo seufzte, stützte die Hände hinter seinem Rücken auf und lächelte gelassen:
    „Weil wir stark sind, stärker als die anderen, leidenschaftlicher, klüger, schöner, aber vor allem stärker. Du weißt das längst.“
    „Ich bin nicht schön …“, korrigierte ich, ohne nachzudenken. Im selben Moment war mir das extrem peinlich. Jetzt wusste Leo, was ich von mir selbst dachte, dass ich mich seiner nicht als würdig empfand. Er lachte laut heraus:
    „Dein Bewusstsein für dich selbst hinkt dir ganz schön hinterher! Aber das macht nichts. Du wirst schnell hineinwachsen in die viel zu großen Schuhe.“
    Das klang ziemlich von oben herab. Blitzschnell zog ich einen meiner Schuhe aus, sprang auf und warf ihn an seinen Kopf.
    „Da hast du einen!“
    Leo rieb sich die Stirn und sah für einen Moment verdattert aus. Ich lachte und fühlte mich ein wenig besser.
    „Pass auf, was du machst. Du hast schließlich keine normalen Schulmädchen-Kräfte mehr“, lästerte er.
    „Ja, ja … schon gut.“
    Ich hatte gleich noch mal bewiesen, dass ich noch nicht angekommen war in meinen „viel zu großen Schuhen“.
    Leo klappte das Tagebuch zu.
    „Wir müssen los.“
    Ich sammelte meinen Schuh vom Boden auf. Garantiert war es inzwischen weit nach Mitternacht.
    „Oh je, das müssen wir. Hoffentlich hat Neve nicht schon den Rat alarmiert.“
    Leo packte das Tagebuch in seine Tasche, stand auf und ging. Ich folgte ihm die Treppe hinunter. Ich schwankte. Mir war etwas schwindelig. Ich wusste nicht genau, warum. Alles stürmte auf mich ein. Alexander und Clarissa … Leo und ich … Das war doch verrückt. Gleichzeitig schien mein ganzer Körper vor Aufregung zu vibrieren. Vielleicht würde ich tatsächlich viel mehr vermögen, als ein paar Kindern in einem Dorf in Afrika helfen, die Welt in

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