Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
Vom Netzwerk:
Welt duzen sich alle. Und jetzt lass uns rausgehen zum Steinbruch. Das sind circa zwanzig Minuten Fußweg durch den Wald.“
    Jerome ließ meinen Lavastein mit einem strengen Blick zurück in die Kiste wandern, schloss den Raum wieder ab und wir gingen hinunter.
    „Die Bibliothek oben zeige ich dir heute Nachmittag, wenn wir Pio besuchen, damit du ein paar Nachrichten verschicken kannst.“
    Mein Herz machte einen Sprung. Heute Nachmittag würde ich an Tim schreiben können. Ich würde ihm erklären, dass ich nach Indien abgehauen war. Dass ich es nicht mehr ausgehalten hatte, dass das mit der Anstalt einfach Letzte gewesen war von meinen Eltern und dass ich das Abitur ja nachholen könne. Vielleicht würde er mir ja doch glauben, denn so unplausibel war es eigentlich nicht, nach allem, was geschehen war. Sicher wurde ich längst gesucht. Die Polizei war informiert und meine Eltern schlaflos. Zuerst hatte ich einfach nur Rachegefühle. Sollten sie sehen, was sie damit angerichtet hatten, mich in eine Anstalt zu sperren. Aber inzwischen taten sie mir irgendwie auch leid.
    Und wie ging es Luisa? Ich würde ihr schreiben, dass ich zwei Tage gebraucht hatte, bis ich bereit war, mein Verschwinden zuzugeben. Psychologisch würde das für sie Sinn machen. Noch mehr beschäftigte mich aber, was mit Atropa war! Bis jetzt hatte es keine Neuankömmlinge gegeben in der magischen Welt. Ich musste ihr mitteilen, dass es mir gut ging, und dass sie keine Angst zu haben brauchte vor dem, was ihr bevor stand. Sie sollte einfach nur ihrer inneren Stimme trauen.
    „Wir sind da“, unterbrach Jerome meine Gedanken. Er hatte während unseres Spaziergangs die ganze Zeit vor sich hin gepfiffen und die Melodien der herabschwebenden Blüten imitiert.
    Wir standen vor einem gigantischen Steinbruch, in dem einige Studenten arbeiteten. Von hier kam also das Material, aus dem die Häuser gebaut wurden. Jerome erklärte mir, dass man natürlich nicht einfach nur Fähigkeiten hatte, sondern sie auch nutzte und neben der Ausbildung Aufgaben für die Akademie erledigte. Hier trugen keine Bauarbeiter Erdreich ab. Stattdessen probierten Studenten ihre Kräfte aus und machten sich gleichzeitig nützlich.
    Ich lernte Cynthia kennen, die gerade ein paar kontrollierte Erdrutsche übte. Sie war bereits achtzehn, wurde ebenfalls von Jerome betreut und würde bald ihren Abschluss machen. Mit dem Abitur war sie gerade fertig geworden, als der ganze Irrsinn losging. Darum beneidete ich sie.
     
    Jerome setzte sich mit mir vor einen mannshohen Berg frisch aufgewühlte Erde und wir übten, Gnome zu identifizieren. Ich sollte lernen, mit ihnen zu harmonieren, um größere Bewegungen auszulösen. Dazu musste ich ihre Sprache verstehen. Erst hörte ich gar nichts, sah nur hin und wieder die gelben Augen aufblitzen, dann nahm ich ein krümeliges Wispern wahr. Ich verstand kein Wort. Aber das war nicht schlimm. Sie überhaupt zu hören, war ein guter Anfang.
    Jerome zeigte mir, wie er die Gnome dazu brachte, sich auf eine kleine Fläche zusammenzuballen und dabei so viel Erde zu verdrängen, dass in Sekunden ein Krater entstand, in dem man einen Elefanten versenken konnte.
    „Stimmt es, dass ich mich irgendwann in einen Sandsturm verwandeln muss?“, fragte ich Jerome. Er bemerkte die Besorgnis in meiner Stimme und lachte.
    „Hat dir das Neve erzählt?“
    „Stimmt es also nicht?“ Ich war erleichtert.
    „Element Erde mit einer Affinität zu Wind vielleicht. Ich habe mal jemanden ausgebildet, der das konnte. Ist aber schon zehn Jahre her. Erde steht für Materie. Manche entwickeln das Talent, mit ihrer Umgebung eins zu werden. Sie können sich dadurch sehr gut verstecken. Sie können aber nicht unsichtbar durch die Gegend fliegen, so wie ein Engel. Sie sind und bleiben Materie. Sie können jedoch für kurze Zeit auch andere Materie sein, ihre Form annehmen.“
    Ich schluckte. Das war genauso unheimlich.
    „Kannst du das?“, fragte ich Jerome.
    „Nein, leider nicht.“
    „Aber wozu ist das alles überhaupt gut? Um nach der Ausbildung zurückzugehen und ein paar Erdbeben anzuzetteln?“ Meine Fragen nahmen kein Ende. Jede Antwort warf tausend neue Fragen auf.
    Jerome lachte.
    „Theoretisch schon. Doch wer seine Kräfte missbraucht, gerät in Gefahr, dass seine Fähigkeiten gelöscht werden.“
    „Ich weiß … Neve hat mir das alles schon erklärt.“
    „Dann bist du über das Wichtigste informiert.“ Jerome entließ nebenher die Gnome aus ihrer

Weitere Kostenlose Bücher